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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Weile nach Augsburg gehen.«
    Haselegner hob die Augenbrauen. »Du heiratest? Wen?«
    »Der Vater hat die Ehe gestiftet, um mich loszuwerden. Zuerst war ich schockiert, aber mittlerweile sehe ich selber ein, dass es das Beste ist. Wenigstens bin ich dann mein eigener Herr und habe mit meinem Vater und seiner neuen Familie nicht mehr viel zu tun.«
    »Sag endlich, wer es ist!« Haselegner packte Ernst und zog ihn zu sich heran. Da er die Verhältnisse in München kannte, wusste er, dass es nur wenige Väter gab, die ihre Töchter einem Mann mit Ernsts Ruf überlassen würden, umso mehr, wenn dessen Erbe durch Kinder seines Vaters aus zweiter Ehe geschmälert werden konnte.
    »Die Veva! Sie ist nach Bartls Tod die einzige Erbin vom Leibert und damit in den Augen meines Vaters genau die richtige Schwiegertochter, um mich versorgt zu sehen.« Ernst war zu sehr mit sich und seinen Gefühlen beschäftigt, um auf das Mienenspiel seines Gegenübers zu achten.
    Haselegner erschrak bis ins Mark und ballte die Fäuste, als wolle er Ernst auf der Stelle niederschlagen. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich zu beherrschen. »Deinem Vater muss ja sehr daran gelegen sein, dich loszuwerden, wenn er Veva als deine Frau in Betracht zieht.«
    »Warum? Was ist mit ihr?«
    Haselegner zog ihn näher zu sich heran. Gleichzeitig dämpfte er seine Stimme, so dass Ernst Mühe hatte, ihn zu verstehen. »Du weißt, dass ich die Veva aufgefunden habe, nachdem das mit Bartl und den Räubern passiert ist. Ich habe es bislang noch niemandem erzählt, am wenigsten ihrem Vater, der durch den Verlust des Sohnes wahrlich genug gestraft ist. Aber stell dir vor, sie hatte keinen einzigen Kratzer am Leib, und das, obwohl sie mehr als einem Dutzend rauher Kerle als Matratze hat dienen müssen, und sie trug ein Gewand, das einer Herzogin würdig gewesen wäre, und sogar Schmuck. Du weißt, was das heißt!«
    Ernst hatte sich in den letzten Tagen oft gewünscht, er wäre damals an Haselegners Stelle gewesen. Er hätte sich nicht damit begnügt, Veva zu befreien, sondern wäre ihren Entführern gefolgt, um sie für den Mord an seinem Freund und für das, was sie dessen Zwillingsschwester angetan hatten, bezahlen zu lassen. Doch selbst wenn Veva sich den Räubern nicht gezwungenermaßen, sondern aus Angst freiwillig hingegeben hatte, war dies kein Grund, sie zu verdammen. Dies sagte er Benedikt auch.
    Diesen drängte es, noch deutlicher zu werden, um Ernst von einer Heirat mit Veva abzubringen. Gleichzeitig aber begriff er, dass er die junge Frau nicht zu sehr in Verruf bringen durfte, wenn er seine eigenen Pläne verfolgen wollte. Daher schob er seinen noch halb gefüllten Bierkrug zurück und stand auf. »Ich muss jetzt weiter. Lass es dir derweil schmecken!« Er klopfte kurz auf den Tisch und ging, ohne seine Zeche zu begleichen. Die Schankmaid sah ihm kurz nach, sagte sich, dass der junge Rickinger gewiss für seinen Begleiter zahlen würde, und brachte Ernst den nächsten Krug.

12.
    H aselegner eilte so rasch durch die Gassen, dass er einige Leute anrempelte. Einmal schob er sogar ein paar Frauen, die langsam vor ihm hergingen, einfach beiseite und kümmerte sich nicht um ihr Schimpfen.
    Als er Leiberts Haus erreicht hatte, hieb er mit der Faust gegen die Tür und benutzte dann erst den Türklopfer. Er verging bald vor Ungeduld und hätte am liebsten die Tür eingetreten. Zum Glück kam der Schwab noch rechtzeitig, bevor Haselegner seinem Zorn freien Lauf lassen konnte.
    »Ich muss sofort zu deinem Herrn!«, rief Haselegner und drängte sich an dem Knecht vorbei. Dieser folgte ihm, um den Gast so, wie es sich gehörte, bei Leibert anzumelden. Doch Haselegner ließ sich nicht aufhalten und platzte, ohne anzuklopfen, ins Kontor.
    »Leibert, ich muss mit Euch reden!«, rief er und erschreckte den Hausherrn so sehr, dass dieser zusammenzuckte und mit der Feder einen hässlichen Strich über einen fast fertigen Brief zog. Da ihm diese Arbeit mit seinen gichtkrummen Fingern schwer genug fiel, knurrte er den Eindringling an wie ein gereizter Kettenhund. »Könnt Ihr Euch nicht von meinem Knecht anmelden lassen, wie es bei zivilisierten Menschen Sitte ist? Jetzt muss ich den ganzen Brief neu schreiben.«
    »Wenn Ihr wollt, mache ich das für Euch«, bot Haselegner ihm an, um ihn milde zu stimmen.
    Vevas Vater schüttelte den Kopf. »So eng sind wir zwei nicht verwandt, als dass ich Euch Einblick in meine Geschäfte geben wollte!«
    »Das könnte sich bald ändern!«

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