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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Haselegner kannte, würde es dem Mann gelingen, sich herauszureden und die Sache mit einer Handvoll Gulden abzugelten. Wichtiger schien es ihm, dafür zu sorgen, dass Veva rasch genug unter die Haube kam. Sollte sie noch nicht verheiratet sein, bevor er starb, war sie einem Mann wie Haselegner hilflos ausgeliefert. Dieser würde sie bedrängen und notfalls sogar mit Gewalt dazu zwingen, ihn zu heiraten.
    »Niemals!« Er musste seine Tochter so rasch wie möglich mit Ernst Rickinger verheiraten. Der Pfarrer würde zwar protestieren, weil sie die Trauerzeit um den Bruder nicht einhielt, aber für eine gewisse Spende dennoch den Dispens erteilen.
    Entschlossen, das Seine zu tun, um seine Tochter vor Haselegners Nachstellungen zu schützen, wollte Leibert schon nach dem Schwab rufen, um diesen zu Rickinger zu schicken. Er erinnerte sich jedoch rechtzeitig an dessen Verletzung und sandte Haselegner einen Fluch nach, für den er von seinem Beichtvater einige Gebete aufgetragen bekommen würde. Da Sepp noch unterwegs war und ihm die Sache unter den Fingernägeln brannte, machte er sich selbst auf den Weg in die Schmalzgasse.

14.
    L eiberts Ankunft störte eine ausgelassene Feier. Rickinger saß auf seinem aufwendig geschnitzten Stuhl und hatte den Arm um Susanne Striegler gelegt, die sich an ihn schmiegte und mit leuchtenden Augen zu ihm aufsah. So viel Reichtum, wie sie hier präsentiert bekam, hatte sie nicht erwartet. Obwohl sie ihre ganze Familie mitgebracht hatte, waren noch ein paar Stühle frei, denn die Tafel in der guten Stube bot mehr als zwanzig Gästen bequem Platz. An Rickingers Seite, auf der gewöhnlich sein Sohn saß, hockte an diesem Tag Susannes Bruder, der seine Anspannung nicht verbergen konnte. Zwar war er hocherfreut über die Wendung, die das Schicksal seiner Schwester genommen hatte, aber noch war der Knoten nicht geschürzt. Bislang hatte er über Susannes Rückkehr ins Vaterhaus gemurrt, weil er befürchtete, sie läge ihm in den nächsten Jahren auf der Tasche. Ihre Verbindung mit Rickinger eröffnete ihm nun die Möglichkeit, im Ranggefüge der Stadt höher aufzusteigen.
    Auch der Rest der Sippe einschließlich der Schnurlbeckin, die sich am Morgen mit Rosi und der alten Kreszenz am Brunnen gestritten hatte, sah die Zukunft in strahlendem Licht. Daher gingen sie Rickinger um den Bart, damit er seinen Einfluss auch ja zu ihren Gunsten einsetzte, lobten ihn als ebenso reichen wie stattlichen Mann und wünschten ihm und Susanne viele Kinder.
    Ernsts Vater sah so aus, als würde er am liebsten sogleich damit beginnen, für Nachwuchs zu sorgen. Seine Rechte umfing die dralle Frau und stahl sich mehrfach unter ihr Mieder. Diese ließ es lachend geschehen und drängte auf eine rasche Hochzeit. »Unser hochwürdiger Herr Pfarrer wird gegen eine kleine Spende gewiss ein Auge zudrücken und nicht auf einer längeren Verlobungszeit bestehen«, sagte sie gerade, als der Hausknecht Leiberts Ankunft meldete.
    Susanne und Eustachius Rickinger wünschten den Gast zum Teufel, denn im Augenblick waren sie einander genug. »Lass ihm ausrichten, dass er morgen wiederkommen soll. Wir haben es jetzt gerade so lustig!«, drängte die Frau.
    Rickinger überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf. »Ich habe Gründe, ihn nicht zu kränken. Also werde ich kurz mit ihm reden. Ihr trinkt und esst inzwischen weiter!«
    »Welche Gründe?«, fragte Susanne neugierig, aber da war er schon aufgestanden und verließ die Stube.
    Wenig später musterte er Leibert gespannt. »Grüß dich Gott, mein Freund. Was führt dich zu mir?«
    »Ich muss dringend mit dir reden. Es geht um meine Veva und deinen Ernst. Die zwei müssen so schnell wie möglich heiraten.«
    Rickinger maß seinen Gast mit einem kalten Blick. »Du willst wohl, dass ein Bankert der Veva als Kind meines Sohnes gelten soll. Aber da führt kein Weg hin! Sie soll auswärts gebären und das Kind Pflegeeltern überlassen. Danach kann sie meinen Sohn heiraten!« Obwohl auch er Ernst so schnell wie möglich unter der Haube wissen wollte, ließ sein Stolz keinen untergeschobenen Enkel zu.
    Vevas Vater machte eine beschwichtigende Geste. »Ich verlange nicht, dass die beiden sofort zusammenleben. Sie sollen nur möglichst rasch heiraten. Meinetwegen kann die Veva danach noch ein paar Wochen in Pewing bleiben, bis ganz sicher ist, ob sie von den Räubern ein Kind bekommt oder nicht. In spätestens drei Monaten wird dir jede Hebamme Zeugnis von Vevas Zustand ablegen können.

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