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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Susanne ist ein strammes Weib und weiß zuzulangen. Mit ihr hat der Rickinger einen guten Griff getan. Außerdem ist sie jung genug, um ihm Kinder zu schenken. Wahrscheinlich heiratet er sie auch deswegen. Mit seinem Ernst ist ja kein Staat zu machen. Der ist ein Lump, wie er im Buche steht! Hat er doch den hochwürdigen Herrn Remigius aus purer Eifersucht zum Gespött gemacht, weil er selber nicht bei meiner Base zum Zug gekommen ist!«
    Rosi, die ebenfalls zum Wasserholen an den Brunnen gekommen war, sah die Sprecherin spöttisch an. »Eifersüchtig soll der junge Rickinger gewesen sein? Auf den Pater Remigius? Das glaubst du ja wohl selber nicht! Deine Base hätte sich doch sofort für ihn auf den Rücken gelegt und die Beine breit gemacht, wenn er nur mit den Fingern geschnippt hätte.«
    »Das musst ausgerechnet du sagen! Dabei bist du eine Metze, die es mit jedem treibt. Für einen Beichtzettel würdest du für den hochwürdigen Herrn Remigius noch mehr tun, als bloß die Beine zu spreizen. Es weiß doch jeder, dass du nur noch beim Pater Hilarius beichten kannst, weil dir kein anderer deine Sünden vergeben will«, biss Susanne Strieglers Verwandte zurück.
    Da ihr Rosi und ein paar andere Frauen nichts schuldig blieben, entbrannte innerhalb kürzester Zeit ein heftiger Streit. Schließlich schleuderten sich die beiden Parteien lautstarke Verwünschungen ins Gesicht, und als Rosi von ihrer Kontrahentin geohrfeigt wurde, war am Brunnen der Teufel los.
    Pater Hilarius, der gerade Spenden einsammelte, wurde auf das Geschrei aufmerksam. Rasch eilte er zum Brunnen und bedachte die wütenden Frauen mit einem missbilligenden Kopfschütteln. »Was soll der Streit? Ihr stört die Ordnung in der Stadt! Wenn ihr nicht sofort aufhört, holen euch die Stadtknechte und sperren euch ein. Dann könnt ihr euch in der Halsgeige oder am Schandpfahl weiterzanken!«
    »Die da gehört an den Pranger!«, rief die Verwandte der Strieglerin und zeigte auf Rosi.
    »Aber du schon auch!«, keifte diese zurück. Sie war wütend, denn ihre Gegnerin hatte ihr mit den Fingernägeln die Wange zerkratzt, und das hätte sie dem Weib am liebsten heimgezahlt.
    Hilarius trat zwischen die beiden und schob sie auseinander. »Haltet Frieden!«
    »Das muss gerade der Richtige sagen«, rief Rosis Gegnerin mit schief gezogenem Mund.
    »Was habe ich da gehört?« Nun kehrte der Pater die Strenge des Seelsorgers heraus. Auch wenn er gelegentlich Frauen gegen gewisse Dienste von ihren Sünden freisprach, so hasste er Unordnung und Streit.
    »Die Schnurlbeckin hat angefangen!« Die Hebamme Kreszenz deutete auf Susanne Strieglers Verwandte. »Der ist zu Kopf gestiegen, dass die Schwester ihres Schwagers den Rickinger heiraten wird.«
    Anders als Rickinger wusste der Pater sofort, wer das war, und sah die Frau verwundert an. »Aber die Susanne ist doch einige Jahre älter als der Ernst!«
    »Es geht nicht um den Ernst«, Kreszenz lachte spöttisch auf, »sondern um den alten Rickinger. Wie’s aussieht, will der wieder was Warmes und Weiches im Bett haben. Aber da hätte er sich auch was Gescheiteres suchen können als eine Bäckerswittib.«
    »Du! Noch ein Wort gegen die Susanne, und wir sehen uns vor Gericht wieder«, drohte die Schnurlbeckin.
    Pater Hilarius befahl den Frauen, still zu sein. »Füllt jetzt eure Eimer und geht nach Hause. Für heute habt ihr genug Gift verspritzt!« Da Rosis Gegnerin nicht aufhören wollte, wies er auf zwei Stadtknechte. »Wenn du nicht anders willst, werden dich die beiden gleich mitnehmen und einsperren.«
    »Jesus, Maria und Josef! Ich habe doch gar nichts getan«, schrie die Frau empört auf. Sie kannte Hilarius’ Ruf, wusste aber auch um seinen Einfluss. Wütend schob sie die anderen Weiber beiseite, füllte ihren Eimer und verschwand schimpfend in Richtung ihres Heims.
    Rosi atmete auf, denn als einfache Magd hätte sie vor Gericht gegen eine Bürgerfrau auf verlorenem Posten gestanden. Bei einer Anklage wären ihr der Schandpfahl und die Verweisung aus der Stadt sicher gewesen.
    »Danke, hochwürdiger Vater!«, sagte sie zu Hilarius und wunderte sich über den warmen Glanz in seinen Augen.

10.
    W ährend sich die Münchner die Mäuler über Eustachius Rickingers zweite Ehe zerrissen und so mancher Patrizier, der eine unverheiratete Schwester oder eine überzählige Tochter hatte, sich insgeheim ärgerte, haderte Ernst mit seiner Situation. Mehr als die Flugblätter, die nun in Hassos Hütte lagen, beschäftigte ihn

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