Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
drohend an, dann aber begriff er, welche Folgen diese Tat für ihn haben konnte. Auch wenn der Verletzte nur ein Knecht war, würde das städtische Gericht den Stich ahnden. Er würde von Glück sagen können, wenn er nur zu einer Geldstrafe und einer Verbannung für zwei oder drei Jahre verurteilt wurde. Starb der Knecht, konnte ihm dies die Folter oder gar ein Todesurteil einbringen. Mit einem Satz war er bei der Tür, riss sie auf und stürmte hinaus. Während er die Gasse entlangrannte, wurde ihm bewusst, dass sämtliche Pläne, die sich um Veva rankten, ins Wasser gefallen waren. Er konnte nun nur noch schauen, dass er mit heiler Haut davonkam.
    Um sicherzugehen, dass man ihn nicht verhaftete, musste er noch vor dem Schließen der Tore München verlassen und am besten auch gleich den Staub des Herzogtums Bayern von den Füßen schütteln. Für einen Augenblick dachte er daran, nach Augsburg zu gehen und seinen Handel von dort aus weiterzuführen. Doch zum einen war das nicht weit genug von München entfernt, und zum anderen würde er dort auf Ernst und Veva treffen. Wenn die Münchner Behörden seine Auslieferung verlangten und die beiden die Anklage bestätigten, würde die Freie Reichsstadt ihm jeglichen Schutz verweigern. Daher musste er nach Innsbruck fliehen. Um zu retten, was noch zu retten war, würde er eine von Antschellers Töchtern heiraten und seinen Schwiegervater beauftragen, seine Geschäfte mit Münchner Kunden und Geschäftsfreunden weiterzuführen.
    Von diesem Gedanken getrieben, eilte Haselegner nach Hause und befahl einem Knecht, sein Pferd zu satteln. Er nahm sein Geld
     und seine wichtigsten Unterlagen mit und atmete erst auf, als er das Isartor hinter sich gelassen hatte und seinem Reittier
     die Sporen geben konnte.

13.
    D er Schrei des Schwab rief Cilli auf den Plan. Während Leibert vor Schreck erstarrt in seinem Lehnstuhl hockte, lehnte der Knecht bleich wie ein frisches Leintuch an der Wand und murmelte Gebete zum Herrn Jesus und seinen bevorzugten Heiligen.
    Die resolute Köchin packte ihn und schob ihn auf die Treppe zu. »Glaubst du, dass du zu deiner Kammer hochkommst, oder soll ich den Sepp rufen?«
    Bei dem Gedanken an seinen Kollegen, der sich immer wieder vor der Arbeit drückte und ihm alles Unangenehme überließ, schüttelte der Schwab den Kopf. »Nicht den Sepp! Wenn du mir ein bisserl hilfst, geht’s schon.«
    »Bring ihn hoch, Cilli, und sag dann dem Sepp, er soll sofort den Wundarzt holen. Heiliger Josef, hilf, dass die Verletzung nicht schwer ist! Schwab, es tut mir leid. Ich habe mir nicht vorstellen können, dass der Kerl Gewalt anwenden würde!« Leibert schüttelte sich und fasste nach der blutverschmierten Hand des Knechts. »Das werde ich dir nie vergessen!«
    »Schon gut, Herr. Aber jetzt wär’s mir lieb, wenn ich mich hinlegen könnte. Mir wird nämlich ganz wirr im Kopf.«
    Leibert ließ ihn los und rief laut nach seinem zweiten Knecht. Doch bis dieser kam, hatte Cilli den Verletzten schon die halbe Treppe hochgeschafft.
    »Wo bleibst du denn?«, fuhr Leibert Sepp an. »Sieh zu, dass du der Cilli hilfst. Wenn der Schwab auf seinem Strohsack liegt, sputest du dich und holst den Chirurgen.«
    »Schickt lieber einen von den Gassenburschen, Herr. Bis der Schlafwandler da mit einem Arzt zurückkommt, bin ich dreimal verblutet«, sagte der Schwab mit einem schmerzerfüllten Stöhnen.
    »Du, beleidigen lass ich mich von dir aber nicht«, polterte Sepp los.
    Da packte sein Herr ihn am Kragen. »Tust du jetzt, was ich dir angeschafft habe? Sonst kannst du dein Bündel packen und gehen!«
    So zornig hatten weder Cilli noch die beiden Knechte ihren Herrn je gesehen. Sepp, der den bequemen Dienst bei Leibert nicht verlieren wollte, eilte jetzt die Treppe hoch und fasste den Schwab unter. Da erst sah er das Blut, das sich auf dessen Kittel ausbreitete. »Ja sag, was ist denn mit dir passiert?«
    »Bis wir dir das erzählt haben, ist der Schwab wirklich verblutet. Also halt’s Maul und pack mit an! Alles andere erfährst du früh genug«, wies Cilli ihn zurecht.
    Während die beiden den Verletzten in die Knechtstube schafften und Cilli begann, die Wunde zu versorgen, kehrte Leibert in sein Kontor zurück und setzte sich. Zuerst betete er so flehentlich, wie er es vermochte, dass sein Knecht nicht an der Wunde starb. Dann überlegte er, was er tun sollte. Natürlich erwog er als Erstes, die Gewalttat anzuzeigen. Doch das hätte nur unnötigen Wirbel verursacht. Wie er

Weitere Kostenlose Bücher