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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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seine vom Vater beschlossene Heirat mit Veva. Sie würde ihm eine stille Frau sein, so wie seine Mutter dem Vater eine stille Frau gewesen war. Doch gerade dieser Gedanke gefiel ihm nicht. Glücklich war seine Mutter in ihrer Ehe nicht gewesen, und er wusste, dass dies an seinem Vater gelegen hatte. Dieser hatte sie kaum besser behandelt als eine Magd und sie oft geschlagen. Ernst erinnerte sich daran, wie er als kleiner Junge den Vater von ihr hatte wegzerren wollen und sich daraufhin selbst einige derbe Hiebe eingefangen hatte.
    »Es ist wirklich besser, wenn ich nach Augsburg gehe«, sagte er zur alten Lina, die auf ihrem gewohnten Schemel in der Küche saß, Teig rührte und auf das gewaltige Stück Braten aufpasste, das in der großen Pfanne auf dem Ofen schmurgelte. Rickinger hatte seine Braut Susanne und deren Verwandte zum Essen eingeladen und wollte ihnen zeigen, dass er es sich leisten konnte, wie ein Edelmann auftischen zu lassen.
    Lina blickte Ernst an, ohne in ihrer Arbeit innezuhalten. »Ich meine auch, dass du besser nach Augsburg gehst. Bleibst du, hat die Bäckerin immer einen, dem sie die Schuld an dem Gerede über sie in die Schuhe schieben kann. Und es wird viel Gerede gaben, das gebe ich dir schriftlich.«
    »Du kannst doch gar nicht schreiben«, wandte Ernst lachend ein.
    »Für ein paar Kreuzer schreibt mir das jeder geistliche Herr auf«, antwortete die Köchin in einem Ton, als lasse sie es am liebsten gleich machen.
    »Geh lieber zum Stadtschreiber! Der ist ein ehrlicher Mensch und keiner der lustigen Brüder, die gut fressen und saufen und die Weiber am liebsten mit ihrem ganz speziellen Weihwasserschwengel ins Himmelreich stoßen wollen.«
    Lina hob mahnend den teigbeschmierten Holzlöffel. »Du solltest vorsichtiger sein. Es mag zwar ein paar Geistliche geben, die so sind, wie du es sagst. Aber es gibt unter ihnen auch viele fromme und wahrhaftige Männer.«
    »Ich habe noch keinen gesehen«, antwortete Ernst gegen besseres Wissen.
    »Weil du sie nicht sehen willst! Anstatt auf die ganze Geistlichkeit zu schimpfen, solltest du lieber die Pfarrer und die Klosterbrüder unterstützen, die es verdient haben. Anscheinend hast du vergessen, dass die Geistlichen auch bloß sündige Menschen mit all ihren Fehlern sind. Und wenn dir das noch nicht langt, dann denke daran, dass dein Lebenswandel ebenfalls nicht gerade als christliches Vorbild dient!«
    »So wild wie der Remigius oder der Hilarius treibe ich es gewiss nicht«, antwortete Ernst scharf.
    Auch dieser Einwand überzeugte Lina nicht. »Pater Remigius ist wirklich schlimm. Aber den hast du auch entsprechend bestraft. Was Pater Hilarius angeht, glaube ich nicht, dass du recht hast. Gut, er lässt einige Weiber unter seine Kutte greifen, aber dafür gibt er ihnen die Absolution, die sie von anderen Pfarrern nicht bekommen würden. Nicht jede kann es sich leisten, viel Geld für einen Ablassbrief auszugeben! Ich wäre sehr enttäuscht von ihm, wenn ich etwas anderes über Pater Hilarius hören würde.«
    Ernst starrte die Magd erstaunt an. »Billigst du etwa, was er treibt?«
    »Natürlich nicht! Aber trotz seiner Fehler ist er barmherziger als zum Beispiel der Doktor Portikus. Der ist so vernagelt, dass er den Balken im eigenen Auge nicht sieht, sondern anderen den kleinen Splitter vorhält, den man bei jedem finden kann. Der würde am liebsten alle in die Hölle verdammen.« Lina klang so empört, dass Ernst erneut lachen musste.
    »Eingebildet ist der Mann wirklich und so blind wie kein zweiter!« Ernst dachte an die Flugblätter, für die Portikus alle möglichen Leute verantwortlich machte, nur nicht ihn. Nun reizte es ihn gleich doppelt, den Inhalt des Augsburger Päckchens zu verteilen, aber sein Verstand mahnte ihn zur Geduld.
    Unterdessen hörte Lina auf zu rühren. »Ich mache jetzt die Soße. Willst du probieren?« Sie schüttete Bratensaft in die Mehlschwitze, die neben dem Feuer bräunte, rührte kräftig um und hielt Ernst den Kochlöffel hin.
    Dieser dachte daran, wie oft er als Kind hier in der Küche gesessen hatte und probieren durfte. Dafür fühlte er sich nun zu alt, und er schüttelte den Kopf. »Dank dir, aber ich will nicht. Im Grunde will ich überhaupt nichts von diesem Essen. Es ist für die Striegler-Sippschaft gedacht, und mit denen will ich nichts zu tun haben.«
    »Das wirst du aber müssen, wenn sie heute zum Essen kommen.« Ernst winkte energisch ab. »Warum sollte ich mit ihnen zusammen essen? Ich gehe

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