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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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auch schön! Wenn alle Menschen so wären wie Ihr, hätten die Leute es viel leichter im Leben!«
    »Jetzt mach aber halblang! Ich habe bloß den Besitz verteidigt, den der Herzogliche Rat meinem Vater verpfändet hat.« Veva war das Lob des Bauern peinlich, denn es stellte sie beinahe als einen Engel dar, und das war sie ihrer Ansicht nach wirklich nicht. Dennoch freute sie sich, dass sie Hein und seiner Familie aus der schlimmsten Not hatte heraushelfen können. Jetzt aber galten ihre Gedanken mehr dem verletzten Knecht, der ihr seit ihrer Kindheit vertraut war, und sie hoffte, dass dessen Wunde ihn nicht zum Krüppel machte oder er gar daran starb.

16.
    I n der Residenz des Herzogs wurde auch an diesem Abend getanzt. Diesmal beteiligte sich Wilhelm IV . mit gezierten Schritten an dem Reigen und hielt nach einem jungen Hoffräulein Ausschau, dessen Schönheit ihn reizte, seit er es das erste Mal gesehen hatte. Gleichzeitig tändelte er mit seiner derzeitigen Favoritin und überlegte, welchen seiner Höflinge oder Räte er mit deren Hand beglücken konnte, um selbst auf einer frischen Wiese grasen zu können.
    Bei einer Wendung sah er einen Mann in dem dunklen Talar eines Gelehrten eintreten und erkannte Doktor Portikus. Die Miene des Geistlichen wirkte verkrampft, und der Herzog sah ihm seine schlecht unterdrückte Wut an. Wilhelm IV . seufzte und erwog für einen Augenblick, Portikus zu ignorieren. Dann aber nahm er die Gelegenheit wahr, sich von seiner Tanzpartnerin zu verabschieden und sie der Obhut des Grafen von Haag zu überlassen.
    Während er sich auf den Sessel setzte, der einzig für ihn bereitstand, befahl er einem Diener, ihm Wein zu bringen. Erst als er einen Schluck getrunken hatte, wandte er sich Portikus zu. »Mein Guter, Ihr seht aus, als wäre Euch eine gewaltige Laus über die Leber gelaufen.«
    Der Geistliche nahm den spöttischen Unterton in Wilhelms Stimme wahr und musste an sich halten, um nicht mit ein paar tadelnden Worten zu antworten. Stattdessen gab er sich nur besorgt. »Euer Gnaden, es muss dringend etwas gegen die Pest der Ketzerei in dieser Stadt unternommen werden. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass etliche Bürger und auch einfaches Volk die Schriften dieses Teufels aus Wittenberg in ihren Häusern verstecken und mit ihnen das Gift der Häresie unter ihren Familien und in der Nachbarschaft verbreiten.«
    »Ich besitze selbst einige von Luthers Schriften. Er schreibt zwar recht drastisch, spricht aber in vielen Dingen die Wahrheit. Ein großer Teil des Klerus ist schlichtweg verderbt. Wie soll ein Pfarrer, der Unmoral vorlebt, seine Gemeinde davor bewahren?«
    »Das sind einige wenige Fälle, gegen die die Kirche mit aller Strenge vorgeht«, behauptete Portikus ungerührt.
    »Warum ist dann dieser Pater Remigius noch immer einer der Beichtväter von Sankt Peter? Soviel ich weiß, hat er bereits mehr als ein Weib verführt. Zwei sollen sogar von ihm schwanger geworden sein!«
    »Verzeiht, Euer Gnaden, doch Pater Remigius entstammt einem uralten Adelsgeschlecht. Man darf ihn nicht mit der gleichen Elle messen wie einen kleinen Landpfarrer!«, beeilte sich Portikus einzuwenden. Da Remigius von edler Geburt war und er sich Vorteile davon versprach, wenn er sich schützend vor den Mann stellte, war er nicht bereit, ihn den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen.
    »Der Mann hat sich für den geistlichen Stand entschieden und soll sich daher so benehmen, wie es sich für einen Diener Christi gehört!«
    Wilhelm hatte bereits jenen Bierbrauern das Handwerk gelegt, die ihr Bier mit Zutaten wie Stechapfel, Bilsenkraut und ähnlich schlechtem Zeug versetzten, welche die Gemüter der Leute erhitzt und sie zu üblen Taten getrieben hatten. Nur Hopfen, dem eine beruhigende Wirkung zugesprochen wurde, durfte neben Wasser und Getreidemalz noch zum Bierbrauen verwendet werden. Genau so, mit einem Federstrich, hätte er am liebsten auch die Unmoral der Geistlichen, Mönche und Nonnen unterbunden. Doch zu seinem Leidwesen waren ihm in dieser Sache die Hände gebunden, denn über die Seelenhirten seines Volkes durften nur die Fürstbischöfe von Salzburg, Freising, Passau, Regensburg und Eichstätt richten. Da diese fünf Herren über ihre eigenen Territorien im Bayrischen Reichskreis herrschten, betrachteten sie sich mehr als seine Konkurrenten im Kampf um Macht und Einfluss denn als die geistlichen Oberhäupter seiner Untertanen. Von ihnen konnte er ebenso viel Unterstützung erwarten wie Wärme vom Mond

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