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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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daran, dass sie von ihm das Geld für den Ablassbrief für Bartl bekommen hatte. Ihm hatte sie zu verdanken, dass ihrem Zwillingsbruder das Fegefeuer erspart geblieben war. Doch das hatte Ernst wohl nur aus Freundschaft zu Bartl getan und nicht, um ihr zu gefallen.
    Die Stimme ihres Vaters riss sie aus ihren Grübeleien. »So, jetzt stell dich ans Pult und schreibe ein paar Briefe, die dringend weggeschickt werden müssen. Meine Hände wollen wieder einmal nicht so, wie sie sollten.«
    Es kostete Leibert Mühe, dies zuzugeben, doch seine Krankheit zwang ihn, auf ihre Hilfe zurückzugreifen.
    Froh, dass er nicht weiter über die geplante Hochzeit sprach, nahm Veva einen Bogen Papier und eine Schreibfeder zur Hand. Doch schon die ersten Worte, die ihr Vater ihr diktierte, ließen ihr die Tränen in die Augen treten. Es war der Entwurf des Heiratsvertrags, den ihr Vater mit Eustachius Rickinger und dessen Sohn abschließen wollte. Zuerst widerstrebte es ihr, die Zeilen zu Papier zu bringen, doch dann schrieb sie mit boshaftem Vergnügen den Absatz, dass das Vermögen ihres Vaters ungeschmälert an die Kinder, die sie mit Ernst bekommen würde, weitergegeben werden musste und diesem nur das Nutzungsrecht blieb. Außerdem durfte er das Vermögen selbst nicht angreifen, sondern nur einen Teil des Gewinns aus dem Handelsunternehmen für sich verwenden. Sie schrieb diese Passagen besonders groß und deutlich und hoffte, dass diese Bedingungen Ernst davon abhalten würden, die Ehe mit ihr einzugehen.

18.
    A ls Ernst an diesem Morgen erwachte, hatte er das Gefühl, ihm habe jemand mit dem Hammer auf den Kopf geschlagen. Gleichzeitig war ihm so übel, dass er glaubte, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen. Er wollte wie gewohnt aufstehen, stieß aber gegen eine rauhe Wand. Irritiert schüttelte er den Kopf und stöhnte, weil eine neue Schmerzwelle ihm schier den Schädel zu sprengen drohte. Als er sich genauer umsah, begriff er zunächst nur eines: Das hier war nicht die Kammer, in der er üblicherweise zu schlafen pflegte. »Wo bin ich?«, fragte er mehr sich als jemand anderes.
    Allmählich kam die Erinnerung an den vorhergehenden Tag zurück. Er war mit Haselegner in die Schankstube gegangen, um ein Bier zu trinken. Aber der hatte sich nach kurzer Zeit verabschiedet. Dafür hatten sich andere zu ihm an den Tisch gesetzt und ihm zugeprostet. Wie viele Krüge Bier er mit ihnen geleert hatte, konnte Ernst nicht mehr sagen, doch es mussten etliche gewesen sein.
    Er hatte sich erst spät am Abend auf den Heimweg gemacht und war nicht gerade leise gewesen. Nun glaubte er sich erinnern zu können, dass er lauthals über seinen Vater und dessen Entschluss geschimpft hatte, die Bäckerwitwe Susanne Striegler zu heiraten. Einige Bewohner, die durch sein Lärmen wach geworden waren, hatten ihre Nachttöpfe aus den Fenstern geleert, aber es musste ihm trotz seines Rausches gelungen sein, den übel riechenden Güssen zu entkommen, denn in seiner Kleidung hing nur der Geruch nach schalem Bier.
    Gerade als er versuchte, herauszufinden, weshalb er in dieser dämmrigen Kammer mit den unverputzten Steinwänden lag, fragte jemand: »Na, endlich ausgeschlafen?«
    Ernst drehte sich mühsam um und blickte nun auf eine halb offene, sehr robust aussehende Tür, in der ein vierschrötiger Mann stand. Es handelte sich um Hias, einen der Stadtknechte, die die öffentliche Ordnung überwachen sollten. Nun begriff er, dass er sich in der Arrestzelle im Keller des Rathauses befand, in die Ruhestörer und andere Unruhestifter gesperrt wurden und oft auch jene, die am nächsten Tag an den Schandpfahl oder Pranger gestellt wurden.
    »Hab ich einen Kopf«, stöhnte er.
    »Kein Wunder! Du hast gestern mehr gesoffen als ein anderer in einer ganzen Woche. Dir liegt wohl die Hochzeit deines Vaters auf der Seele, was? Geschimpft hast du darüber wie ein Rohrspatz. Nun kannst du froh sein, dass du nur eine Strafe wegen ungebührlichen Lärmens bezahlen musst und nicht als Trunkenbold auf dem Schrannenplatz ausgestellt wirst.« Hias grinste, denn im Grunde mochte er Ernst und hätte, wenn es nach ihm gegangen war, beide Augen zugedrückt. Doch es hatten zu viele Leute die Schimpftiraden des jungen Mannes mitbekommen.
    »Wie bin ich hier hereingekommen?«, fragte Ernst, dessen Kopfschmerzen durch die Scham über sein Auftreten verstärkt wurden.
    »Der Nachtwächter vom Kreuzviertel hat dich gehört und seinen Knecht geschickt, dass er dich hierherbringt. Zu

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