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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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in einer kalten Dezembernacht.
    Verärgert, weil das Gespräch mit Portikus ihn von seinem Vergnügen fernhielt, wollte Wilhelm den Theologen wegschicken. Doch dieser bemerkte, dass der Herzog unruhig wurde, und kam auf den Punkt zu sprechen, der ihm am meisten am Herzen lag. »Euer Gnaden, ich fordere noch einmal, diesen Lumpen Ernst Rickinger hart zu bestrafen. Dieser Mensch verhöhnt die Repräsentanten der heiligen Kirche und betreibt Unzucht, wo er nur kann. Wenn Ihr ihn nicht vor Gericht stellen wollt, so verbannt ihn wenigstens aus Eurem Herzogtum.«
    »Soso! Pater Remigius darf nicht bestraft werden, obwohl er Bürgerfrauen und -töchter verführt, doch über Ernst Rickinger soll ich ein Urteil sprechen, obwohl dieser, soviel ich gehört habe, sowohl die Frauen anderer Männer als auch ehrsame Bürgertöchter in Ruhe lässt und nur gelegentlich mit einer Magd tändelt.«
    Zwar passte dem Herzog das Verhalten des jungen Mannes ebenfalls nicht, aber er wollte nicht den Sohn eines ehrbaren Bürgers bestrafen, während der in seinen Augen weitaus sündhaftere Pater ungeschoren davonkommen sollte. »Außerdem«, setzte er seine Rede fort, »will der Kaufherr Eustachius Rickinger seinen Sohn verheiraten. Besitzt Ernst Rickinger erst einmal ein Eheweib, so wird er sich gewiss eines besseren Lebenswandel befleißigen. Pater Remigius aber wird weiter huren, dass es eine Schande ist.«
    In diesem Augenblick begriff Portikus, dass er Ernst nicht zu Fall bringen konnte, wenn er nicht gleichzeitig Remigius und einige andere Geistliche und Mönche opferte, die dem Herzog ein Dorn im Auge waren. Noch mehr als das erschreckte ihn die Vorstellung, Wilhelm könnte vom Gift des lutherischen Aufruhrs erfasst worden sein und würde Papst Leo X. demnächst die nötige Achtung versagen.
    Dagegen musste er mit allen Mitteln ankämpfen. Obwohl er seinem Unmut am liebsten Luft gemacht hätte, senkte er das Haupt und auch die Stimme. »Wohl liegt auch bei den Dienern der heiligen Kirche einiges im Argen, Euer Gnaden. Es ist jedoch das alleinige Recht unserer Kirche, die schwarzen Schafe auszusondern. Kein Bürgerlümmel darf Mönche oder gar gesalbte Priester zu Spott und Schanden bringen. Natürlich beschönige ich Pater Remigius’ Taten nicht, doch Ernst Rickinger hat sich noch viel schändlicher verhalten, als er ihn nackt auf die Straße zerrte. Er hat die Hand gegen einen Diener der Kirche erhoben, der nur von einem kirchlichen Gericht hätte belangt werden dürfen.«
    »Es war ein Streich, wie ihn die jungen Burschen jedem verheirateten Mann gespielt hätten, der zu seiner Nachbarin unter die Decke geschlüpft ist«, antwortete der Herzog mit einem vergnügten Auflachen.
    »Ein Geistlicher ist nicht mit einem normalen Mann zu vergleichen, sondern steht weit über ihm«, fuhr Portikus auf.
    »Soll ich das so auffassen, dass auch Ihr Euch weit über Uns stehend wähnt?« Wilhelms amüsierte Miene war wie weggeblasen, und seine Stimme klirrte.
    Innerlich verfluchte Portikus den launenhaften Herzog, aber er wusste, dass er Wilhelm nicht weiter erzürnen durfte. »Euer Gnaden ist ein von Gott Gesalbter und steht daher weit über allen anderen Menschen mit Ausnahme des Kaisers und Seiner Heiligkeit des Papstes.«
    »Also auch über den Bischöfen von Freising, Salzburg, Regensburg, Eichstätt und Passau?«, stach der Herzog nach.
    »Diese Herren stehen in gleichem Rang wie Ihr«, presste Portikus mühsam heraus. Es war wirklich nicht leicht, mit einem Herrscher auszukommen, der für sich selbst jedes Recht der Welt forderte, von seinen Untertanen aber einen fast klösterlichen Lebenswandel verlangte.
    Trotzdem versuchte er, in seinem Sinn auf den Herzog einzuwirken. »Erlaubt mir, noch einmal auf diese unflätigen Flugschriften zurückzukommen, Euer Gnaden. Sie schaden der Macht der heiligen Kirche und damit auch der Euren, denn Ihr seid Herrscher von Gottes Gnaden und mit dem Segen des Heiligen Stuhls.«
    »Und was soll ich Eurer Ansicht nach tun, Doktor? Mich vielleicht selbst auf die Suche nach den Erzeugern dieser Schriften machen?«, fragte der Herzog ungeduldig, während sein Blick auf seiner neuesten Angebeteten ruhte.
    »Erlaubt mir, nach diesen elenden Schurken und Häretikern zu forschen«, bat Portikus.
    Wilhelm sah nun eine gute Gelegenheit, den unangenehmen Mahner loszuwerden. »Kümmert Euch darum, Doktor. Aber Ihr werdet niemanden verhaften oder verhören, ohne dass ich die Erlaubnis dazu gegeben habe.«
    »Ich muss

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