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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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nicht mehr erwünscht, die ehrwürdige Äbtissin sollte mit ihr verfahren, wie sie es für richtig hielt.
    Mit letzter Kraft hielt Adelind sich aufrecht, obwohl ihr war, als hätte sie einen heftigen Tritt in den Magen erhalten. All die Jahre hatte sie geglaubt, dass ihr stets abwesender Vater dennoch Gefühle für seine Töchter hegte, dass sie zu ihrem eigenen Wohl im Kloster untergebracht worden waren, da er nicht über die Mittel verfügte, ihnen eine angemessene Mitgift zu bezahlen. Die Aufnahme in einem Kloster war nicht ganz so teuer. Doch wie konnte er sein eigenes Kind derart verdammen, ohne ihm wenigstens eine Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben?
    Er hatte zwei lästige Töchter loswerden wollen, nichts weiter.
    » Wie du siehst, kann ich Hildegard nicht nach Hause schicken « , riss die Stimme der Äbtissin sie aus ihren Gedanken. » Aber hierbleiben kann sie auch nicht. Sie hat bereits genug Ärger gemacht. Vater Severinus ist ein gottesfürchtiger Mann, doch leider nicht ganz frei von den Schwächen seines Geschlechts. Es schmerzt mich, ihn fortzuschicken. Soll auch sein Nachfolger der Versuchung erliegen, die von der Schönheit einer sündigen Nonne ausgeht? «
    Adelind streckte die Hand aus, um sich am Tisch festzuhalten. Wie hatte die Äbtissin ihren Bericht derart missverstehen können?
    » Aber Hildegard trifft doch keine Schuld « , stammelte sie. » Sie hatte einfach Angst, sich zu wehren und gleich um Hilfe zu rufen, das ist alles. «
    Mutter Mechtildis lächelte auf eine Art, die sie plötzlich sehr unangenehm fand.
    » Ich verstehe, dass dir die Dinge so scheinen, meine Tochter. Du liebst deine Schwester. Aber vergiss nicht, dass nun auch die anderen Nonnen hier deine Schwestern sind. Unser Kloster ist noch sehr jung, das einzige allein von Frauen geführte Gotteshaus in der Nähe Kölns. Wir haben in den letzten Jahren viel neues Land von frommen Herren erhalten und müssen darauf achten, dass unser Haus nicht in Verruf gerät. Daher kann ich hier keine Nonne dulden, deren Lebenswandel nicht den Geboten des Ordens entspricht. «
    Adelind schnappte nach Luft. Sie wusste, dass ihre Stimme nun unpassend laut werden würde, vermochte sich aber nicht zu beherrschen.
    » Hildegards Lebenswandel entsprach den Geboten, bis ein Beichtvater erschien, dessen Lebenswandel ihnen nicht entsprach! «
    Mutter Mechtildis richtete sich nun auf. Sie konnte imposant wirken in ihrer satten Rundlichkeit. Die eng zusammengepressten Kiefer ließen ihre Wangen breiter werden.
    » Du hast eine scharfe Zunge, Adelind. Lerne sie zu mäßigen « , zischte sie. » Auch wenn du es selbst nicht wahrhaben willst, ist deine Schwester von sündhafter Schönheit und legte stets ein Verhalten an den Tag, das von der Sehnsucht nach Aufmerksamkeit zeugte. Ihre stete Weigerung, Fleisch zu essen… «
    » Sie mag es eben nicht! « , unterbrach Adelind. » Warum musste sie stets gezwungen werden, es zu essen, sodass jede Mahlzeit eine Qual für sie war? Es gibt so viele Bettler draußen vor dem Tor, die… «
    » Es reicht! «
    Nun war die Stimme der Äbtissin laut geworden.
    » Du hast kein Recht, meine Entscheidungen infrage zu stellen! Vor drei Jahren warst du noch Novizin. Bändige deinen Hochmut, er ist sündhaft. «
    Adelind verkrampfte die Hände in ihrem Schoß. Ihr war klar, dass sie einen schweren Fehler gemacht hatte. Auf diese Weise half sie Hildegard nicht.
    » Ich bitte Euch, meine Unverschämtheit zu entschuldigen, ehrwürdige Mutter « , murmelte sie. » Doch Hildegard handelte niemals aus Sehnsucht nach Aufmerksamkeit. Sie ist auffallend schön, das weiß ich, aber sie selbst weiß es nicht, weil sie noch nie in einen Spiegel geblickt hat. Selbst wenn es ihr erlaubt wäre, würde sie es nicht tun, denn ihr Äußeres ist ihr völlig gleichgültig. «
    Mutter Mechtildis wiegte den Kopf hin und her. Sie machte ein leises Schnalzgeräusch mit der Zunge. Ihr Gesicht hatte sich zum Glück ein wenig entspannt.
    » So siehst du die Dinge, doch die Ereignisse erzählen eine andere Geschichte. Aber wie dem auch sei, Hildegard muss gehen. Ich habe bereits mit ihr gesprochen. Sie hat meine Entscheidung hingenommen, also tue du es bitte auch. «
    Das Gemach begann sich um Adelind zu drehen. Ihr Atem stockte.
    » Aber… aber wo soll sie denn hin, wenn unser Vater sie nicht mehr will? « , stammelte sie.
    Mutter Mechtildis sank mit einem Seufzer wieder auf ihren Stuhl.
    » Wohin sie geht, das muss sie selbst entscheiden. Ich

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