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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Bürgersfrau gesund pflegte. Eigentlich sollte ich es der Klosterkasse übergeben, aber mir scheint, du brauchst es nötiger. «
    Es war der Infirmaria peinlich, dass Adelind ihr nun um den Hals fiel, denn sie wich zurück.
    » Die Töchter sind jetzt da, um ihre Mutter abzuholen. Zieh dich schnell um. Du kannst ihnen helfen, die Habseligkeiten der Frau zu tragen. Man wird dich für eine Bedienstete halten. So kommst du unbehelligt durchs Tor. «
    Adelind schloss kurz die Augen. Angst schnürte ihr die Kehle zu, doch sie begann entschlossen, die Kordel an ihrer Kukulle zu lösen. Seit zwölf Jahren hatte sie nichts anderes getragen als die dunklen Gewänder einer benediktinischen Nonne, sodass ihr war, als würde sie eine zweite Haut abstreifen.
    » Vertraue auf Gott den Herrn « , sagte Brigitta, die schon in der Tür stand. » Und wenn es scheint, dass er dich verlassen hat, dann vertraue auf dich selbst. «
    Die Bürgersfrau war rundlich und rotwangig. Sie hatte das Fieber sichtlich gut überstanden, denn sie redete ununterbrochen auf ihre zwei Töchter ein, bemängelte den unordentlichen Zustand ihrer Frisuren und drängte zur Eile, da der Haushalt auf sie wartete. Adelind wurde kaum wahrgenommen, als sie schweigend die neben dem Bett stehende Kiste ergriff. Man hielt sie tatsächlich für eine Bedienstete des Klosters und betrachtete es als Selbstverständlichkeit, dass sie mit den Habseligkeiten der Bürgersfrau hinterhereilte. Vor dem Tor wartete ein Karren, den Mutter und Töchter hastig bestiegen. Es war bereits dunkel und eisig kalt. Das Schneetreiben hatte aufgehört, doch der Wind schnitt weiter erbarmungslos in alle Gesichter. Adelind zog die Decke enger um ihre Schultern. Sie vermisste die weiten Ärmel der Kukulle, in denen sie ihre Hände hatte verstecken können. Handschuhe hatte sie in der Eile vergessen, und bald schon würde sie ihre Finger nicht mehr bewegen können.
    Der Karren rollte los. Adelind stieß einen Ruf aus, der überhört wurde. Kurz erwog sie, hinterherzulaufen und um eine Mitnahme nach Köln zu bitten, denn hinter den Stadtmauern war es vielleicht ein klein wenig wärmer. Zudem brauchte sie dringend eine Herberge für die Nacht. Aber war Hildegard bereits in der Stadt? Adelind schlang die Arme um ihre Schultern und dachte angestrengt nach. Was hatte ihre Schwester getan? Es sähe ihr ähnlich, in der Nähe eines vertrauten Ortes bleiben zu wollen, solange es nur ging. Sie war vermutlich nicht in Köln, sondern irgendwo im Umland des Klosters, dessen Mauern noch als dunkler Schatten in Adelinds Rücken emporragten. Sie erinnerte sich an den erst kürzlich vollendeten Umbau einer uralten Kapelle zur großen, prächtigen Kirche, die gemeinsam mit ihr im Laufe der Jahre gewachsen war. Es tat erstaunlich weh, diesen Ort zu verlassen, obwohl sie ihn zu hassen geglaubt hatte.
    Adelind begann zu gehen, denn dadurch hielt sie sich warm. Es gab eine breite Straße, die in Richtung Köln führte. Aufgrund des ungnädigen Wetters war sie kaum befahren. Adelind hörte nur das Pfeifen des Windes und das knirschende Geräusch ihrer Schritte im Schnee. Die vereisten Zweige der Bäume am Straßenrand schimmerten silbern im Mondlicht. Wie berauschend schön diese Nacht doch war, auch wenn der Wind wie ein Todeskuss über Adelinds Wangen fuhr. Sie ging immer weiter, denn sie wusste, dass sie sterben konnte, wenn sie aufhörte, sich zu bewegen.
    » Erbarmen, edle Frau, Erbarmen « , hörte sie plötzlich eine heisere Stimme. Der Schreck ließ sie erstarren, als sei sie bereits zu einem Klumpen Eis gefroren.
    » Was willst du? «
    Zu ihren Füßen lag ein schmutziges Bündel Mensch, von dem ein unangenehmer Geruch ausging. Ein Bettler. Sie hatte manchmal Almosen an solche Gestalten verteilt. Aus diesem Grund hielten sie sich wohl gern in der Nähe des Klosters auf.
    » Seid gnädig und gebt mir einen Pfennig! Gott der Herr wird es Euch danken, Ihr seid vornehm und edelmütig. «
    » Jetzt bin ich ebenso arm wie du « , entgegnete Adelind. Es stimmte nicht ganz. Sie hatte den Beutel mit Brigittas Münzen, aber den brauchte sie und umklammerte ihn daher energisch.
    » Welch hartherziges Weib Ihr seid! Eure Seele ist schwarz wie die Nacht, auf Ewigkeit werdet Ihr in der Hölle schmoren, wo glühende Zangen Eure Eingeweide zerfressen und Satans Fratze in Euer böses Gesicht lacht, während ein heißes Feuer Eure Haut verbrennt und… «
    Die heisere, schrille Stimme in der Finsternis jagte Adelind Schauer

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