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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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neuer Nahrung. Mabile kam herein. Sie sah sauber und völlig unversehrt aus, hatte sogar eine hellgraue Sukenie erhalten, sodass sie nicht mehr nur ihr Unterkleid trug. Um ihren Kopf war ein sittsamer Schleier geschlungen.
    » Du lebst. Gott hat unsere Gebete erhört! « , rief Olivette und stürzte auf ihre socia zu, die sich zögernd in eine Umarmung schließen ließ. Früher war sie herzlicher im Umgang mit Olivette gewesen, erinnerte sich Adelind, doch nun schien eine unsichtbare Mauer zwischen ihr und der vertrauten Freundin zu stehen.
    » Was ist mit Samuel? « , fragte Hildegard. Mabile schob die vor Freude schluchzende Olivette sanft von sich.
    » Sie haben ihn freigelassen. « Sie straffte die Schultern und hob das Kinn in die Höhe. » Ich habe ihnen alles erklärt, dass er nur zu uns stieß, weil er eine schwer verletzte Frau zu retten versuchte, und dann angesichts der unsicheren Lage eben blieb. Sie haben es nicht auf Juden abgesehen, im Augenblick jedenfalls nicht. Er hat Familie in Monpeslier, und dorthin wird er jetzt gehen. «
    Sie warf einen knappen Blick auf die trockenen Brotfladen, griff aber nicht danach. Langsam musterte sie alle drei Frauen in dem Verlies, als versuche sie, sich ihre Gesichter genau einzuprägen. Dann räusperte sie sich mehrfach, senkte den Kopf und begann leise zu reden.
    » Ich bin gekommen, um mich von euch zu verabschieden. Ich habe abgeschworen und werde Nonne in Prouille. «
    Olivette stieß einen Schrei des Entsetzens aus. Hildegard starrte fassungslos. Adelind vermochte nichts als Erleichterung zu empfinden, dass weder Samuel noch Mabile sterben würden.
    » Warum hast du das getan? « , stammelte Olivette, nun wieder mit Tränen in den Augen. » Haben sie dir gedroht oder dich gequält? «
    Mabile suchte einen noch sauberen Platz, auf dem sie sich niederlassen konnte. Da sie seit vier Tagen alle in diesem Raum ihre Notdurft hatten verrichten müssen, war er nicht leicht zu finden, doch schließlich entdeckte sie jenen Strohballen, der ihr bisher als Kopfkissen gedient hatte, und setzte sich darauf.
    » Sie haben mich gut behandelt, vor allem dieser junge Pfaff… also ich meine Priester, der war sehr höflich. Er bot mir ein neues Leben an, das ich nicht ausschlagen konnte « , erklärte sie.
    » Du hast deine Seele dem Teufel geschenkt « , flüsterte Hildegard, doch klang sie eher überrascht als empört. Mabile saß nun sehr aufrecht da und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, als wolle sie Angriffe abwehren.
    » Ich bin jung, fühle mich gesund und will nicht so sterben wie Rosa. Als Nonne werde ich kein schlechtes Leben führen. Ich bekomme genug zu essen, muss nicht schuften, bis ich vor Erschöpfung umfalle, und… und es werden nicht regelmäßig wildfremde Männer in mein Bett kriechen, so wie in einem Hurenhaus. Das ist mehr, als ich mir jemals wünschen konnte. «
    Es war still geworden, denn Rosa fehlte, um verächtliche Bemerkungen zu machen. Mabile stand wieder auf und wischte Strohhalme von ihrer Sukenie.
    » So, und jetzt muss ich gehen. Ich soll in einem anderen Gemach schlafen und werde morgen schon in das Kloster gebracht. «
    Da niemand weiter mit ihr sprach, begann sie sich langsam zur Tür zu bewegen.
    » Hast du auf diese Weise erreicht, dass Samuel freigelassen wurde? « , sprach Adelind eine Ahnung aus. Mabile nickte knapp. Sie blieb kurz stehen und wandte sich noch einmal um. Eine einzelne verlorene Träne rollte über ihre rechte Wange.
    » Er geht nun zu seinen Leuten zurück, und die werden eine Ehefrau für ihn finden. In seiner Welt ist kein Platz für mich. Meine Mutter wurde einst aus Leidenschaft die Hure eines reichen Mannes. Ich bekam mit, wie sie endete. Lieber will ich Nonne sein. «
    Adelind tat durch ein Nicken kund, dass sie verstand, und wollte Mabile so verabschieden. Doch das Mädchen blieb stehen, sah ihr hilflos und traurig ins Gesicht.
    » Ich muss Euch danken, Dòna « , sagte sie leise. » Ich wäre früher oder später geworden, was meine Mutter war, denn in meiner Welt war dies das Los fast aller jungen Frauen. Aber Ihr habt mich aufgenommen, mich gelehrt zu lesen und zu schreiben, habt eine eingekleidete Ketzerin aus mir gemacht. So wurden diese Pfaffen auf mich aufmerksam, denn früher wäre ich nur Schmutz zu ihren Füßen gewesen. Sie wendeten so viel Mühe auf, mich zu bekehren! Gerade der Jüngere redete sich die ganze Zeit den Mund fusselig, obwohl ich mich doch schon längst entschieden hatte. Ich kann

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