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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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die Tür verschwand, sah sie sich nochmals um, denn tief in ihrem Herzen hoffte sie immer noch, dass es sich um einen anderen hochgewachsenen, dunkelhäutigen Spielmann handelte. Aber nun, da auch er sie anblickte, gab es keinen Zweifel mehr. Peyres’ Bernsteinaugen funkelten auf, und seine Fiedel verstummte für einen Augenblick.
    » Mach weiter, du schwarzer Köter! Wozu füttern wir dich durch? « , rief ein schon stark angetrunkener Ritter und warf einen abgenagten Knochen, der Peyres an der Schulter traf. Adelind blickte erwartungsvoll in seine Richtung. Nun endlich würde er sich wieder in den Mann verwandeln, den sie bewundert und geliebt hatte, zornig aufbegehren, fluchen oder eine spöttische Bemerkung machen. Aber Peyres senkte nur kurz den Blick, als sei es ihm unangenehm, vor ihr derart gedemütigt zu werden, um dann sogleich mit seinem Lied fortzufahren. Noch einmal suchten seine Augen die Adelinds, also wolle auch er sich vergewissern, keiner Täuschung erlegen zu sein. Adelind legte zum Abschied all ihre Verachtung, allen Zorn und ihre ganze Enttäuschung in den Blick, den sie ihm zuwarf. Kurz verrutschte der Bogen, den er über seine Fiedel gleiten ließ, und erzeugte einen Misston, der von den bereits angetrunkenen Rittern aber nicht wahrgenommen wurde.

16. Kapitel
    D ominique de Guzmán brachte sie schweigend in den kleinen Raum zurück, aus dem sie sich vorher herausgeschlichen hatte. In der Zwischenzeit schien niemand dort gewesen zu sein, denn der Weinbecher, den Adelind geleert hatte, stand immer noch an derselben Stelle. Auch das von ihr überflogene Pergament lag weiter offen auf dem Tisch, wie sie zu ihrem Entsetzen feststellte, doch schien Dominique es nicht zu bemerken.
    » Wollt Ihr noch etwas essen oder trinken? « , fragte er mit dem üblichen Entgegenkommen. Sie schüttelte den Kopf.
    » Ich will zurück zu meinen Gefährten. Ich werde essen und trinken, was auch sie bekommen. «
    Er ließ sich nickend auf einer schmalen Bank nieder.
    » Ich bewundere Eure Treue. Ein Mensch wie Ihr ist ein Gewinn für jede Glaubensgemeinschaft. «
    Adelinds Rücken versteifte sich.
    » Das war Rosa ebenso. «
    Dominique de Guzmán stand auf und griff nach der noch halb vollen Weinkaraffe. Er schenkte sich selbst ein und auch ihr, obwohl sie das erste Angebot abgelehnt hatte. Adelind nippte aus Höflichkeit an dem Getränk, folgte auch seinem Wink, sich neben ihm auf die Bank zu setzen.
    » Ich bedauere alles, was geschehen ist « , sagte er mit gesenktem Kopf. » Was man den Menschen in Bezers antat, ist unverzeihlich. Als ich davon hörte, flehte ich den Heiligen Vater an, mich wieder hierher ziehen zu lassen. Ich kenne den Grafen von Leicester seit vielen Jahren. Er verfügt über außerordentliche Fähigkeiten, und mir war klar, dass er sich bald schon zum Anführer des Heeres aufschwingen würde, doch leider neigt er zu übertriebener Härte und Grausamkeit. Ich hoffte, ihn in Schranken weisen zu können. «
    » Und? Ist es Euch gelungen? Seid Ihr stolz auf das, was hier in Carcassona geschehen ist? « , rief Adelind, der es nun nicht mehr gelang, den Zorn aus ihrer Stimme zu bannen.
    Dominique de Guzmán wandte ihr sein faltig gewordenes Gesicht zu. Seine Augen schienen einfach nur müde.
    » Ohne mein Eingreifen wären alle Bewohner der Stadt niedergemetzelt worden, sobald sie freiwillig herausgekommen waren. Arnaud Amaury meinte, dies sei Gottes Wille. Man dürfe gegenüber Ketzern keine Milde walten lassen, und wenn Unschuldige stürben, dann würde Gott der Herr sie erkennen und ihre Seelen in sein Reich aufnehmen. «
    Adelind schluckte. Sie dachte an den Gewürzhändler und seine nörgelnde Frau. An die Brüder aus der domus der Männer. Hatten sie alle ihr Leben diesem so freundlichen Mann zu verdanken, der wieder nervös seine Hände aneinanderrieb?
    » Ihr stammt nicht aus dieser Gegend, Dòna. Das höre ich an Eurer Sprache. Wie hat es Euch hierher verschlagen? « , fragte er, ohne darauf zu warten, dass sie seine Leistung würdigte.
    » Ich komme aus dem Kurfürstentum Köln. Meine Schwester und ich wuchsen als katholische Nonnen auf « , erzählte Adelind. Sie sah die grauen Augen des Klerikers aufleuchten.
    » So wart Ihr einst eine Braut des Herrn? Was hat Euch von diesem Weg abgebracht? «
    Adelind staunte, dass er auch jetzt noch manchmal wie ein harmloser, netter junger Mann auszusehen vermochte. Vielleicht war es ihm dadurch gelungen, neunzehn Perfachas in Nonnen zu verwandeln.

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