Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)
Kerzenstummel in der Hand und redete mit Peyres, der sich bereits aufrecht hingesetzt hatte. Sie flüsterten so leise, dass Adelind kein Wort verstehen konnte, doch bald darauf wickelte Peyres sich in eine Decke und folgte der Unbekannten nach draußen.
Adelind sah sich ratlos in der Finsternis um. Niemand außer ihr hatte sein Fortgehen bemerkt, denn die Gaukler schliefen alle tief, bis auf Marcia, die mit einem der Ritter verschwunden sein musste.
Mit einem Mal begriff Adelind, wohin Peyres sich geschlichen hatte. Die Frau war zu klein und rund gewesen, um die Burgherrin selbst sein zu können, doch Damen ließen sich Spielmänner sicher von Bediensteten in ihr Gemach bringen. Kalte Starre erfasste ihren Körper, als sei sie zu einem Leichnam geworden, doch gleichzeitig trommelte ihr Herz so laut, dass sie fürchtete, die anderen könnten davon geweckt werden. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Adelind wickelte ihre Decke um sich, stand auf und ging leise hinaus. Sie sehnte sich nach Einsamkeit, um wieder Ruhe finden zu können. Warum war es ihr so wichtig, was Peyres heimlich anstellte? Die eisig kalte Luft des inneren Burghofs schlug ihr wie eine Ohrfeige ins Gesicht, doch tat es wohl, derart aufgerüttelt zu werden. Sie würde ein paar Runden drehen, dann wäre sie sicher müde genug, um bis zum Morgengrauen schlafen zu können.
Im blassen Mondlicht ging sie langsam vorwärts. Es war totenstill. Raimond de Bergers musste sich auf seiner Burg sehr sicher fühlen, denn sie konnte nirgends Wachen entdecken. Dennoch achtete sie darauf, ihre Füße sanft auf den Erdboden zu setzen, um keine unnötigen Geräusche zu erzeugen. Tatsächlich zuckten drei auf Strohballen schlafende Hunde nur kurz mit den Ohren, als sie an ihnen vorbeischritt, doch dann trug der sanfte Nachtwind plötzlich das Geräusch von Stimmen in ihre Richtung. Es waren Männer, die sich auf Okzitanisch unterhielten, und sie mussten irgendwo in der Nähe des Eingangs zum Hauptgebäude sein, obwohl sie nicht zu sehen waren. Adelind presste sich rasch in einen engen Spalt zwischen zwei hölzernen Gebäuden des Hofes, die vermutlich als Lagerräume dienten, denn es wäre vielleicht keine gute Idee, mitten in der Nacht allein ein paar Rittern in die Arme zu laufen. Sie konnte nur hoffen, dass diese Männer möglichst bald in ihre Schlafgemächer verschwinden würden, damit sie zu den anderen Gauklern zurückschleichen konnte. Doch das Gespräch ging angeregt weiter. Vermutlich saßen auch die Redner in einem jener Lagerräume unmittelbar neben dem Hauptgebäude. Dieser Eindruck wurde sogleich bestätigt, da sich auf einmal die Tür öffnete und ein Mann mit Fackel in der Hand rasch über den Hof spähte, als rechnete er gar mit nächtlichen Herumtreibern. Adelind vernahm das Klappern ihrer eigenen Zähne. Nun, da sie sich nicht mehr bewegen konnte, fraß sich die frische Nachtluft mit scharfen Zähnen in ihre Knochen. Zudem war ihr unwohl. Sie empfand keine wirkliche Angst, aber die Ahnung von etwas Unangenehmem, am Ende vielleicht gar Gefährlichem, denn diese Männer mussten sich hier zu einem Gespräch getroffen haben, das nicht für fremde Ohren bestimmt war. Mit dieser Erkenntnis erwachte aber auch unbändige Neugier. Adelind schlich ein paar Schritte vorwärts, um an der Wand eines der schützenden Gebäude vorbeizuspähen. Die Männer hatten die Tür zur Hälfte offen stehen lassen, was es leichter machte zu lauschen. Angestrengt versuchte sie, so viel wie möglich von dieser dem Lateinischen nicht unähnlichen Sprache zu verstehen.
» Wir brauchen klare Beweise. Er betet die Putana an « , kam es laut und deutlich aus dem Lagerraum.
» Dann lasst uns gleich aufbrechen, worauf warten wir? Dieser rußköpfige Landstreicher ist jetzt bei ihr. Uns hat er weismachen wollen, dass seine Weiber heilig sind, und dann schleicht er sich zu unserer Herrin. «
Der Sprecher war sichtlich aufgebracht, vielleicht, weil er Hildegard nicht an seine Seite hatte locken können.
» Es ist zu früh « , mahnte eine andere, jüngere Stimme. » Wahrscheinlich singt er jetzt noch für sie. Sie lässt Männer gern etwas warten. «
Adelind fragte sich, woher der Redner das wusste. Gebannt lauschte sie weiter, denn die Sorge, entdeckt zu werden, war von einer weitaus größeren Angst verdrängt worden.
» Wir warten bis zum ersten Sonnenstrahl. Dann wecken wir unseren Herrn und bringen ihn in das Gemach der Putana « , beschloss der junge Mann.
» Vielleicht ist
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