Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
Stich in die Herzgegend vor – und erstarrte.
    Skrofulus sah es mit Erstaunen, reagierte dann aber
blitzschnell und war genau wie seine Kumpane im Handumdrehen verschwunden.
    Berengar aber blieb stehen und starrte die Gestalt am
Ende der Gasse wie eine Erscheinung aus dem Jenseits an. »Das gibt’s doch
nicht!«, stieß er ungläubig hervor. Und weiter: »Dafür wirst du mir büßen! Und
wenn ich dich …«
    »Wer soll dir büßen? Berengar – was ist auf einmal mir
dir los?!«
    Wie von Dämonen gepeinigt, fuhr Berengar herum. Bruder
Hilpert erschrak fast zu Tode, als er das blutleere Gesicht des Freundes sah.
»Was ist mit dir?«, fuhr er ihn bestürzt an.
    »Da drüben!«, stammelte Berengar, machte eine halbe
Drehung und fuchtelte wie von Sinnen mit dem Zeigefinger herum. »Da drüben an
der Ecke, gleich neben …«
    Weiter kam Berengar von Gamburg nicht. Denn als er
Hilpert erklären wollte, wen er da gerade gesehen hatte, war der Mann im
dunklen Mantel und der tief liegenden Kapuze längst verschwunden, ein zynisches
Lächeln auf dem Gesicht.
     
    *
     
    Unser Frauen
Berg, Marienkirche,
    eine Stunde nach
Sonnenuntergang
     
    Er hätte ihnen Gift geben können. Jedem Einzelnen von
ihnen. Ohne Skrupel.
    Und sie ihm.
    Davon war er felsenfest überzeugt.
    Bevor er das Wort ergriff, sah sich Johann von Brunn,
Fürstbischof zu Würzburg, die Mitglieder des Domkapitels der Reihe nach an. Die
Miene der Kleriker sprach Bände. Kaum einer, auf den er zählen konnte.
    Aber noch hatte er das Sagen. Und obendrein genug
Kriegsknechte, um sie alle unter sein Joch zu beugen.
    Die Frage war nur: Wie lange noch?
    In der Marienkirche der Burg herrschte eisiges Schweigen.
Der Altarraum war in rätselhaftes Zwielicht getaucht, und der Kerzenduft kam
gegen die stickige Luft nicht an. Die Mitglieder des Domkapitels, allesamt in
prunkvolle Gewänder, Roben oder Talare gehüllt, warfen lange Schatten, so weit,
dass sie fast bis zum bischöflichen Prunksessel reichten. Johann von Brunn
selbst sah alles andere als heiter aus, und beim Gedanken an die bevorstehende
Sitzung wurde ihm regelrecht schlecht.
    Er musste diesen heuchlerischen Bastarden Rede und
Antwort stehen. Ob er nun wollte oder nicht. Sonst war alles verloren. Und zwar
endgültig.
    »Erhebt Euch, Ihr Herren! Seine Fürstbischöfliche
Gnaden, Johann von Brunn, Bischof von Würzburg und Herzog von Franken!« Die
Stimme seines Kammerherrn hörte sich noch seniler an als sonst, und hätte es
diese Vipernbrut nicht gegeben, wäre er glatt aus der Haut gefahren. So aber
ließ er die ganze Prozedur über sich ergehen und betrachtete das Medaillon, das
sich über ihm an der Decke befand.
    Die Jungfrau Maria. Wenn er sich in einem Punkt sicher
war, dann darin, dass er bei ihr verspielt hatte.
    Als die Litanei seines Kammerherrn endlich beendet
war, schlug der Bischof ein Kreuz, warf einen Blick in die Runde und ließ sich
in den gepolsterten Prunksessel vor dem Hochaltar sinken.
    Kaum hatte er Platz genommen, taten die Mitglieder des
Domkapitels das Gleiche. Manche waren gar nicht erst aufgestanden, aber so
leicht ließ sich ein Johann von Brunn denn doch nicht provozieren.
    »Wie mir berichtet wurde«, begann der Bischof gedehnt,
»habt Ihr, hochwürdige Mitglieder des Domkapitels, den dringenden Wunsch
geäußert, dass es aufgrund der jüngsten, höchst unglückseligen Vorkommnisse in
diesem Unserem Bistume zwischen Euch und mir zu einer baldigen Aussprache …«
    »Was heißt denn hier Aussprache?!« Puterrot vor Zorn,
hielt es Gero von Weinsberg, einen fettleibigen Choleriker von mäßiger
Intelligenz, nicht mehr auf der Bank. Er war so erregt, dass seine Froschaugen
förmlich aus den Höhlen sprangen: »Wir verlangen, dass Ihr Euch rechtfertigt,
und zwar auf der Stelle!«
    »Und wofür?«
    »Das dürfte Euch doch wohl bekannt sein, oder etwa
nicht?« Der Mann, der sich mit aufreizender Lässigkeit erhob und dafür sorgte,
dass sich sein Vorredner wie ein gehorsamer Domschüler wieder auf der Bank
niederließ, war über 60, hager und hatte silbergraues Haar. Sein Talar saß wie
angegossen, wie im Übrigen auch Zingulum und Rochett. Balduin von Sternberg war
sozusagen die Beherrschung in Person. Der Mann, vor dem sich von Brunn wie vor
kaum jemand sonst fürchtete.
    »Wenn Ihr auf den höchst bedauernswerten Vorfall
während der vergangenen Nacht …«
    »Bischöfliche Gnaden mögen mir meine Impertinenz
verzeihen«, fiel von Sternberg dem Bischof umgehend ins Wort, »aber wir

Weitere Kostenlose Bücher