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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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in rätselhaftes Zwielicht getaucht, und die
Konturen der Säulen, auf denen die massive Holzdecke ruhte, muteten seltsam
unscharf an. Fast schien es, als bräche bereits die Dämmerung herein, mitsamt
den Schatten, die sich wie überdimensionale Kriechtiere auf ihn zu bewegten.
»Jede Wette, dass wir beide hier nicht allein sind«, murmelte der Vogt, während
seine Schwertspitze einen Halbkreis beschrieb. Doch die Kirche war leer. Nichts
rührte sich. »Ist da jemand?«, hallte es zwischen den Säulen der Basilika
wider.
    Keine Antwort.
    Geraume Zeit verging, ohne dass sich etwas rührte.
Gerade wollte Berengar zu einem neuerlichen Versuch ansetzen, als er das
Geräusch von Schritten vernahm. Wer immer es war, er trat selbstbewusst auf. Gerade
so, als habe er alle Zeit der Welt. Auf alles gefasst, hielten Bruder Hilpert
und Berengar den Atem an und starrten in die Richtung, aus der die Schritte
kamen.
    »Wer ist da?«, rief Bruder Hilpert in die Dunkelheit
hinein.
    Keine Antwort, nicht einmal mehr ein Geräusch. Allem
Anschein nach war der mysteriöse Besucher stehen geblieben.
    Bruder Hilperts Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Berengar, der dicht neben ihm in Stellung ging, erging es ebenso. Geraume Zeit
verstrich, ohne dass sich etwas rührte. Als er es nicht mehr aushielt, formte
Bruder Hilpert die Hände zu einem Trichter und rief: »Wer immer Ihr seid – gebt
Antwort! Ihr habt nichts zu befürchten!«
    Das Lachen, welches Bruder Hilperts Ruf folgte, hörte
sich heiter, ja sogar gelassen an. Ein Mann in jungen Jahren, kein Zweifel.
»Wenn hier jemand etwas zu befürchten hat, dann doch wohl Ihr!«, hallte es aus
dem rückwärtigen Teil der Kirche an sein Ohr.
    Völlig überrumpelt, wirbelten Bruder Hilpert und
Berengar herum, den Altar im Blick, hinter dem sich die Umrisse der Apsis
erhoben.
    Ohne Erfolg. Von dem Mann, der an mehreren Stellen
gleichzeitig zu sein schien, keine Spur.
    »Hört zu!«, war Berengar kurz davor, die Geduld zu
verlieren, und machte einen Schritt nach vorn. »Wenn Ihr meint, Ihr könntet uns
hier zum Besten halten, täuscht Ihr Euch, und zwar ge…«
    »Keinen Schritt weiter!«, fiel der mysteriöse junge
Mann Berengar ins Wort. »Sonst habt Ihr einen Armbrustbolzen im Rücken, Vogt!«
    Berengar und Bruder Hilpert trauten ihren Ohren nicht.
Was hier geschah, grenzte an Hexerei. Eine Weile standen sie regungslos, keiner
wagte, den anderen anzusehen. Dann schließlich, mit einem Blick, der ihre ganze
Ratlosigkeit zeigte, drehten sie sich wieder um.
    »Wer seid Ihr?«, rief Bruder Hilpert, überzeugt, dass
sich der Mann längst wieder irgendwo anders befand.
    »Der Mann, den Ihr sucht!«, hallte es ihm von
irgendwoher aus dem Seitenschiff entgegen. Wer immer es war, der ihn hier zum
Narren hielt: Er genoss es in vollen Zügen.
    »Wenn dem so ist, warum zeigt Ihr Euch dann nicht?«
    »Viel zu gefährlich, Bruder. Zwei gegen einen ist
einer zu viel!« Wieder ein Lachen, wenn auch nicht mehr so frivol wie zuvor.
    Bruder Hilpert horchte auf und hielt Berengar am
Handgelenk fest, als dieser Anstalten machte, die Verfolgung aufzunehmen.
    »Seht Ihr, Bruder – was habe ich Euch gesagt!«,
spottete der Mann, dem offenbar nichts entging. »Wenn Euer Freund seinen
Jagdinstinkt spürt, setzt der Verstand glatt aus!«
    »Was wollt Ihr?«, erwiderte Hilpert ungewohnt barsch.
    »Euch treffen! Und zwar allein!«
    »Und wo?«, rief Bruder Hilpert zurück.
    Doch eine Antwort blieb aus.
    Vorläufig jedenfalls.
    Bruder Hilpert bekam sie eine Viertelstunde später, in
Form eines Pergamentfetzens, der an der Seitenpforte hing. Er zog das Messer
heraus, mit dem er an die Tür geheftet worden war, begutachtete ihn und
lächelte. Dann öffnete er die Tür, atmete tief durch und trat mit Berengar in
den Kreuzgang hinaus.
     
    *

 
    Siechenhaus vor
dem Sander Tor,
    kurz vor dem
Mittagsläuten
     
    Aus der Ferne sah das Siechenhaus vor dem Sander Tor
fast idyllisch aus. Es war von Weingärten, Ebereschen und Maulbeersträuchern
umgeben und nur einen Katzensprung vom Main entfernt. Die Luft hier draußen war
angenehm kühl, im Gegensatz zur Stadt, wo vom Dom aus gerade das Mittagsläuten
erklang.
    Und dennoch machten die Würzburger einen Bogen um
dieses Haus. Dies war kein Ort wie jeder andere, wie die Spitäler innerhalb der
Stadtmauern. Dies war ein Ort, der eigentlich gar nicht existierte. Ein Ort,
über den man sich nur hinter vorgehaltener Hand unterhielt.
    Dies war der Vorhof zur Hölle.
    Als er sich

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