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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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gefasst, gleichgültig oder sonst irgendwie
in Mitleidenschaft gezogen?«
    »Bestürzt, würde ich sagen.«
    »Und was noch?«
    »Nun ja – wie soll ich sagen? – er war … er war völlig
fertig mit der Welt. Eben bestürzt.«
    »Und weiter?«
    »Mehr kann ich dazu nicht sagen, Bruder.«
    Bruder Hilpert lächelte gequält und warf Berengar
einen Hilfe suchenden Seitenblick zu. »Sonderlich auskunftsfreudig scheinst du
ja nicht zu sein!«, sagte er. »Wieso eigentlich?«
    Der Domschüler presste die Lippen aufeinander und
schwieg.
    Drauf und dran, ihm eine Lektion in puncto
Wahrheitsfindung zu erteilen, ließ Bruder Hilpert davon ab, trat ans Katheder
und sah sich die Bibel genauer an. Der Hieb mit dem Dolch ging tief,
schätzungsweise zwei bis drei Zoll. Mit dem Ergebnis, dass das sündhaft teure
Stück wahrscheinlich nicht mehr zu gebrauchen war. »Wo genau befanden sich
eigentlich die Büsten, mein Sohn?«, ließ Bruder Hilperts nächste Frage nicht
auf sich warten.
    Der Domschüler rührte sich nicht vom Fleck. »Auf der
Altarmensa, wo denn sonst!«, begehrte er auf.
    »Und wo genau?«, ließ Bruder Hilpert nicht locker und
drehte sich suchend um.
    »Ganz vorne, damit jeder sie sehen konnte.«
    »Was hast du als Erstes bemerkt – den Diebstahl oder
den Dolch samt Erpresserbrief?«
    »Was für einen …?«
    »Genug der Worte!«, fuhr Bruder Hilpert vehement
dazwischen. »Wer hat den Brief entdeckt – von Stetten oder du?«
    »Ich.«
    »Und – hast du ihn gelesen?«
    »Gelesen? Wie denn?«, redete sich der Domschüler
heraus. »Ich … ich kam gar nicht erst dazu.«
    »Wieso?«
    »Weil ihn mir der Herr von Stetten buchstäblich aus
der Hand gerissen …«
    »… und dich zum Schweigen verdammt hat, war es nicht
so?!«
    Der Domschüler sah kurz auf, schlug dann aber wieder
den Blick nieder und nickte.
    »Wer außer euch beiden war sonst noch hier?«
    Die Reaktion des Domschülers auf Bruder Hilperts Frage
hätte auffälliger nicht sein können. Als habe er es mit dem Leibhaftigen selbst
zu tun, starrte er Bruder Hilpert mit weit aufgerissenen Augen an: »Wie … wie
meint Ihr das, Bruder?«, stammelte er, während er am ganzen Leibe zu zittern
begann.
    »So, wie ich es sage!«, beharrte Bruder Hilpert mit
unerbittlicher Strenge. »Und jetzt raus mit der Sprache: War zu dem Zeitpunkt,
als ihr den Diebstahl bemerktet, außer euch beiden sonst noch jemand hier – ja
oder nein?! Rede, mein Sohn, bevor ich endgültig die Geduld verliere!«
    Der Domscholar schniefte und schluckte, schüttelte
dann aber den Kopf und schwieg.
    Nicht sonderlich überrascht, näherte sich Bruder
Hilpert dem Jüngling bis auf wenige Zoll und sprach: »Damit wir beide uns
richtig verstehen: In meiner Eigenschaft als bischöflicher Ermittler stehen mir
Methoden der Wahrheitsfindung zur Verfügung, wie du sie dir nicht einmal in
deinen schwärzesten Träumen vorstellen kannst! Habe ich mich klar ausgedrückt?
Solltest du es dir also anders überlegen, lass es mich wissen – nach
Möglichkeit heute noch, ist das klar?«
    Ohne Bruder Hilpert anzusehen, rang sich der
Domschüler zur Andeutung eines Nickens durch und verschwand in Windeseile in
der Sakristei, um dem dort wartenden Mesner zur Hand zu gehen.
    »Und – was sagst du?«, schnaubte Bruder Hilpert, immer
noch rot vor Zorn.
    »Wenn dies zarte Knäblein nichts zu verbergen hat,
will ich Hilpert von Maulbronn heißen«, wagte Berengar den zaghaften Versuch,
seinen Freund aufzuheitern.
    »Ist das nicht ein bisschen zu viel verlangt?«, nahm
Hilpert den Ball dankbar auf.
    »Mag sein«, holte Berengar prompt zum Gegenschlag aus.
»Zumal es sich bei diesem Bücherwurm um einen äußerst seltsamen Zeitgenossen zu
handeln scheint!«
    Trotz der Anspannung, unter der sie standen, brachen
die beiden Freunde in schallendes Gelächter aus.
    »Und was nun?«, warf Berengar kurze Zeit später ein.
»So richtig vorangekommen sind wir ja noch nicht. Jedenfalls nicht so schnell
wie erhofft.«
    »Findest du?«, antwortete Hilpert, optimistischer denn
je. »Warten wir doch erst einmal ab, was Bruder Wilfried …«
    An Berengars Gesicht, dessen Blick urplötzlich wie
erstarrt wirkte, konnte Bruder Hilpert erkennen, dass irgendetwas nicht
stimmte. Doch der Vogt reagierte schneller. Kaum war ihm der Gedanke gekommen,
hatte Berengar sein Schwert gezückt, sich auf dem Absatz umgedreht und ließ den
Blick durch die leere Basilika schweifen. Obwohl die Sonne nicht einmal im Zenit
stand, war das Mittelschiff

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