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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Hilpert – und der freundliche Herr von Stand da drüben ist mein Freund
Berengar, Vogt des Grafen von Wertheim. Ihr könnt euch beide denken, worum es
geht?«
    Ohne Rücksicht auf seinen Begleiter riss sich der
Mesner die verdreckte Filzkappe vom Kopf, verneigte sich und tönte: »Aber
gewiss doch, Herr!«
    Das war nun wirklich des Guten zu viel, und Bruder
Hilpert fragte sich, was der Dickwanst mit seiner Servilität bezweckte. Einem
derartigen Ausbund an Unterwürfigkeit war er in der Tat noch nie begegnet. Das
Verhalten des Mesners war ihm regelrecht peinlich, aber er beschloss, sich
nichts anmerken zu lassen. Und kam deshalb umgehend zur Sache: »Dann möchte ich
Euch bitten, mir über alles zu berichten, was es aus Eurer Sicht über den Raub
der Reliquien zu sagen gibt.«
    Der Dickwanst machte eine weitere Verbeugung,
räusperte sich und wollte gerade zu einem weitschweifigen Vortrag ansetzen, als
Bruder Hilpert seinen Tatendrang jäh bremste. »Nichts für ungut, Meister … wie
war doch gleich Euer Name?«
    »Fürchtegott, Herr. Fürchtegott Kärrner. Ein Name –
den mir meine selige Mutter …«
    »Lasst es mich so ausdrücken, Meister Kärrner: Um Euer
segensreiches Wirken im Dienste dieser Kirche nicht über Gebühr zu verzögern,
halte ich es für das Beste, wenn Ihr Euch ganz auf die Beantwortung meiner
Fragen konzentriert«, erstickte Bruder Hilpert den Redeschwall des Mesners im
Keim. »Habe ich mich diesbezüglich klar ausgedrückt?«
     
    *
     
    Als die nördliche Seitenpforte hinter ihm ins Schloss
fiel, atmete Bruder Hilpert befreit auf. Es war wie im Garten Eden, weit weg
von Zank, Hader, Intrigen und Mord.
    Das Lusamgärtlein, eingebettet in das Geviert des
Kreuzganges aus Kaiser Rotbarts Zeiten, war ein Hort des Friedens und der Ruhe.
Der Gegensatz zu den Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden hätte
größer nicht sein können. Fernab des Jammertals, mit dem er konfrontiert worden
war, fühlte er sich gleich besser. Obwohl dies nicht der richtige Zeitpunkt
war, hielt Bruder Hilpert inne und sog den Duft der Rosensträucher,
Ginsterbüsche und Kräuterbeete begierig ein. Der Geruch von Salbei, Thymian und
Minze verlieh ihm neue Energie, genau wie die Schatten spendenden Arkaden des
Kreuzganges, unter denen er sich wie zu Hause fühlte. Der Drang, sich im Gras
auszustrecken und zu ruhen, drohte geradezu übermächtig zu werden, und in
Gedanken flüsterte Bruder Hilpert leise vor sich hin: »Under der linden an der
heide, dâ unser zweier bette was, dâ muget ir vinden, schône beide – gebrochen
bluome unde gras.«
    »Nanu – was ist denn auf einmal mit dir los?«, machte
Berengar in unnachahmlicher Manier seine Stimmung zunichte.
    »Walter von der Vogelweide!«, antwortete Hilpert schroff.
    »Wie bitte?«
    »Der größte Poet, den die deutschen Lande bislang
hervorgebracht haben – liegt dort drüben begraben.«
    Berengar machte ein verlegenes Gesicht und richtete
den Blick auf die Grabplatte, die sich im Garten des Kreuzganges befand. Dort
wimmelte es geradezu von Rotkehlchen, Mauerseglern und Buchfinken, die aus dem
Napf neben der verwitterten Inschrift tranken. »Ach so, der!«, versuchte er
seinen Lapsus wiedergutzumachen. »Ja, genau – an den erinnere ich mich!«
    Obwohl es sein Freund mit der Wahrheit nicht ganz
ernst nahm, konnte sich Bruder Hilpert ein Lächeln nicht verkneifen. »Wie
schön!«, lautete die augenzwinkernde Replik, bevor er sich auf die steinerne
Brüstung stützte und den Blick über die üppige Blütenpracht schweifen ließ. Aus
einem Holunderstrauch war das Gezwitscher eines Rotkehlchens zu hören, und eine
wehmütige Stimmung machte sich in Bruder Hilpert breit. Als sein Blick auf ein
Relief mit dem thronenden Jesus und dem Evangelienbuch fiel, ging jedoch ein
Ruck durch seinen Körper, und er wandte sich Berengar, dem Mesner und dem
völlig verschüchterten Domscholaren zu. »Zur Sache, ihr Herren!«, drängte er,
tatkräftig wie eh und je. »Wann genau, Meister Fürchtegott, habt Ihr diesen
mysteriösen Kapuzenmann eigentlich gesehen?«
    »Etwa um Mitternacht. Ach, übrigens, was ich noch
sagen wollte …«
    »Und wo?!«
    »Da drüben!«, ereiferte sich der Fettwanst und
watschelte den südlichen Flügel des Kreuzganges entlang. An seinem Ende
angekommen, winkte er Bruder Hilpert zu sich heran und zeigte auf die gegenüberliegende
Wand. »Genau hier ist er gestanden!«, fügte er mit stolzgeschwellter Brust
hinzu. »Ein Kerl so recht zum

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