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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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dem hofartigen Anwesen näherte,
verlangsamte Wigbert seinen Schritt. Von seiner Tätigkeit als Totengräber auf
dem Friedhof der Gehenkten war er natürlich allerhand gewohnt. Trotzdem hatte
er es dort immer nur mit Verbrechern zu tun gehabt, beziehungsweise mit dem,
was von ihnen übrig blieb. Hier war das nicht so, denn das Leben im Siechenhaus
war schlimmer als der Tod. Weit schlimmer sogar. Die armen Teufel da drinnen
wurden lebendig begraben.
    Genau wie er.
    Aber daran wollte er jetzt lieber nicht denken, setzte
seinen Weg auf dem von Wagenspuren durchpflügten Trampelpfad fort und war wenig
später am Ziel.
    Unter der Ulme vor dem Torbogen war es angenehm kühl,
aber Wigbert hatte nichts davon. Er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt,
mit dem, was vor ihm lag. Ein Wagnis, bei dem es nichts zu gewinnen und eine
Menge zu verlieren gab.
    Bei näherer Betrachtung sah das Siechenhaus samt
Torbogen und Mauer wie eine gut gesicherte Burganlage aus. Wigbert kratzte sich
verlegen am Kinn. Je länger er das Gebäude in Augenschein nahm, umso
abweisender und Furcht einflößend wirkte es auf ihn – er verspürte Angst. Eine
eigentümliche Stille lag über diesem Ort, und Wigbert fragte sich, ob es nicht
besser sei, von hier zu verschwinden.
    Für derlei Überlegungen war es jedoch zu spät, denn im
gleichen Moment wurde der Sehschlitz geöffnet, der sich im rechten Flügel des
mit Bandeisen beschlagenen Tores befand. Wigbert fuhr erschrocken zusammen.
Obwohl er viel durchgemacht hatte, konnte er sich an eine Gesichtspartie wie
die hinter dem vergitterten Schiebefenster nicht erinnern. Der Türwächter, ein
Aussätziger in mittleren Jahren, hatte nur noch ein intaktes Auge, das linke.
Die rechte Gesichtshälfte war mit Geschwüren, Eiterbeulen und Abszessen
übersät, sodass das rechte Auge, so es denn überhaupt existierte, überhaupt
nicht zu sehen war.
    »Was hast du hier zu suchen?«, fuhr der Aussätzige
Wigbert an. »Machs Maul auf, sonst hetzte ich dir die Bluthunde auf den Hals!«
    Wer wie Wigbert zu den Ausgestoßenen gehörte, ließ
sich nicht so leicht einschüchtern. Es sei denn, man hetzte die Hunde auf ihn.
Vor denen hatte er nämlich eine panische Angst. »Bin ich hier richtig im
Siechenhaus?«, war er dennoch bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Frag nicht so dumm!«, fuhr ihn die Reibeisenstimme
des Türwächters an. Obwohl ihm die Gitterstäbe die Sicht nahmen, konnte Wigbert
ganz deutlich das entstellte Gesicht seines Gesprächspartners sehen. Die Haut
sah krank aus, wie verbrannt, der Blick wie der Krater eines erloschenen
Vulkans. »Und vor allem: Machs kurz! Sonst kannst du halbe Portion nämlich
sehen, wo du bleibst!«
    In seiner Eigenschaft als Totengräber,
Gelegenheitsdieb und Bettler hatte Wigbert einiges dazugelernt, insbesondere,
in kritischen Situationen nicht die Beherrschung zu verlieren: »Ich bin hier,
um Asyl zu erbitten!«, winselte er devot, wiewohl es in seinem Innersten heftig
zu brodeln begann.
    »Und warum, du Zwerg? Als Hofnarr droben auf der Burg
wärst du doch viel besser aufgehoben! Und überhaupt – was fehlt dir
eigentlich?! Wenn ich dich so angucke, siehst du mir eigentlich ganz manierlich
aus – außer vielleicht, dass du zu kurz geraten bist!«
    Wäre nicht so viel auf dem Spiel gestanden, hätte
Wigbert seinem Ärger jetzt Luft gemacht. Wenn er eines nicht leiden konnte,
dann Anspielungen auf seine Statur. »Was mir fehlt, willst du wissen?«, kochte
er förmlich vor Wut. »Du kannst dir also wirklich nicht vorstellen, was mir
fehlt?«
    »Nee!«, entgegnete der Pförtner und verzog
geringschätzig den Mund. »Ehrlich gesagt ist es mir auch …«
    Als er Wigberts Rücken sah, blieb dem Pförtner die
Luft weg. Etwas Derartiges hatte er selbst im Siechenhaus noch nicht gesehen.
»Wer in drei Teufels Namen hat dich denn so zugerichtet?«, blitzte im Angesicht
des deformierten Körpers ein Funke Neugier in ihm auf. Neugier, in die sich
sogar so etwas wie Mitgefühl mischte.
    »Tut nichts zur Sache!«, gab Wigbert zurück, froh,
dass der Torwächter angebissen hatte. »Hauptsache, ich komme bei euch unter!«
    »Will sehen, was sich machen lässt.«
    »Was soll denn das nun schon wieder bedeuten?«
    »Dass ich erst um Erlaubnis fragen muss, du …«
    »Was zum Teufel ist denn hier los?!« Im Begriff,
Wigbert eine neuerliche Beleidigung an den Kopf zu werfen, biss sich der
Torwächter auf die Zunge, unterdrückte einen Fluch und verschwand. Kurz darauf
tauchte ein

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