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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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auf und ab ging und Langeweile hatte, studierte er die Namenschilder, die neben dem Eingang hingen. »Wie viele Leute doch in einem solchen Haus beieinander wohnen!« Er las halblaut alle Namen vor- und rückwärts, von oben nach unten, und wieder von unten nach oben. Gerade war er bei Richter angelangt, da traten Erwin und Paul in den Hof und schritten auf ihren Hauseingang zu. Paul erschrak, als er den Polizisten sah, und wollte umkehren, aber Krummhahn schlenderte auf Paulchen zu, legte die Hand auf seine Schulter — er dachte sich gar nichts dabei — tippte ihm an die Brust und fragte: »Bist du der Richter?« Weiter kam er nicht, Paul gab keine Antwort, er sah sich hilfesuchend um, knickte in den Knien zusammen, daß er umgefallen wäre, wenn Erwin ihm nicht einen so starken Stoß in den Rücken gegeben hätte, daß er wieder gerade stand, und während er blitzschnell an dem Wachtmeister Krummhahn vorbei in das Haus sauste — er weinte bereits ganz kläglich —, murmelte er nur: »Ich tu's bestimmt nie wieder, bitte, bitte, verhaften Sie mich nicht!«
     
    »Was hat er denn?« fragte Krummhahn.
     
    »Ich weiß nicht«, antwortete Erwin gedrückt. Er konnte Krummhahn gar nicht ansehen und dachte immerzu: ›Wenn er es bloß nicht merkt!‹ »Na ja, schon gut!« sagte Krummhahn, »ihr Rasselbande habt ja wahrscheinlich immer ein schlechtes Gewissen. Alsdann, Mahlzeit, mein Sohn!« Damit wandte sich Krummhahn und ging weiter. Hennig winkte jetzt aus dem Laden, näherzukommen, denn seine Kunden waren fort.
     
    »Auf Wiedersehen, Herr Krummhahn!« Erwin zog seine Mütze vom Kopf und grüßte sehr freundlich. Dann stürzte er Paul nach. Aber Paul war verschwunden. ›Vielleicht ist er schon in seiner Wohnung‹, dachte Erwin. ›Ich muß zu ihm gehen und ihn trösten. ‹ Er klingelte bei Richters.
     
    »Ist Paulchen da?«
     
    »Nein«, sagte Mutter Richter, »der ist noch nicht gekommen. Seid ihr denn nicht zusammen gegangen?«
     
    »Nein.« Erwin machte ein ganz erschrockenes Gesicht. Aber Mutter Richter merkte das gar nicht. Sie sagte nur: »Na, dann wird er wohl bald kommen.« Damit machte sie die Tür wieder zu.
     
    ›Was ist denn das?‹ dachte Erwin. Er war doch ins Haus gegangen. Wo konnte er sein? Er guckte unter jeden Mauervorsprung. Er stieg bis auf den Boden hinauf. Er öffnete die schwere Bodentür und rief überall: »Paulchen, Paule, komm doch! Wo steckst du denn?« Keiner antwortete. Paul war nirgends zu sehen. Er ging traurig nach Hause, ohne Paul gefunden zu haben.
     
    Paul hatte sich vor Angst auf dem Boden unter einer Kiste versteckt. Hier lag er zusammengekauert. Er zitterte, und der Schweiß lief ihm den Nacken herunter. ›Sobald die Polizei fort ist, dann flieh' ich, ich flieh' irgendwohin in die weite Welt. Ich geh' auf ein Schiff und fahre nach Amerika. Dort weiß niemand, daß ich gestohlen habe. Dort kennt mich keiner. Hier kann ich doch nicht mehr bleiben. Hier komm' ich ins Gefängnis. Ach, warum habe ich mich von den dummen Semmelbeuteln behexen lassen!‹ Er weinte leise vor sich hin. Freilich, sein Vater und seine Mutter würden ihn suchen lassen und um ihn bangen. ›Von Amerika schreibe ich ihnen eine Karte, das ist besser, als wenn ich zur Polizei muß. Warum hat auch Erwin die Polizei auf mich gehetzt? Warum? Um zehn Stück Sahnetorte zu bekommen, hat er mich verraten!‹
     
    Erwin saß indessen neben seinem Vater und redete auf ihn ein. Er hatte ihm alles erzählt. Denn allein konnte er diese schreckliche Sache nicht lösen.
     
    »Weißt du«, sagte er immer wieder, »Paulchen, det is kein schlechter Junge, det kommt nur vom Hunger. Nein, schlecht ist er sicher nicht!«
     
    »Nein, det ist er nicht. Det glaube ich auch«, sagte Vater Brackmann.
     
    »Und darum, Vater!« fuhr Erwin fort, »müssen wir ihm helfen, denn sonst wird er am Ende schlecht und ein wirklicher Dieb!«
     
    Vater Brackmann sah ernst und nachdenklich aus und sagte: »Ja, das müssen wir, und zwar sofort. Denn da wohnen wir nun jahraus, jahrein unter einem Dach und kümmern uns so wenig umeinander, daß der eine nicht merkt, wie schlecht es dem anderen geht.«
     
    Erwin nickte dankbar. Wie gut, daß sein Vater ihn nicht im Stich ließ und das alles einsah. »Vater, könnte denn nicht der Paule jeden Tag bei uns zu Mittag essen? Uns geht's doch noch soweit gut, und Mutter sagt immer, wo sechse satt werden, da wird auch ein siebentes satt!«
     
    »Schon. Aber ich glaube, das ist noch nicht

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