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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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man kann gar nicht mal bei lachen.«
     
    »Und Mädchen kommen auch keine darin vor«, klagte Lucie.
     
    Heiner schlug sich an die Stirn. »Ja«, schrie er, »wie doof von mir, det hab ich ganz vergessen.«
     
    Das Stück hieß ›Die Entführung oder der schwarze John‹. Den Titel hatte er in einem Buch gelesen.
     
    Heiner sah selbst ein, daß es so nicht ging, und gab die Schreiberei auf.
     
    Mirjam übte im verschlossenen Zimmer mit Piddel neue Kunststücke, und endlich fiel ihnen der Zauberkünstler ein. Sie beschlossen, ihn sofort aufzusuchen.
     
    Er wohnte im letzten Haus des zweiten Durchganges. Gleich links unten im Erdgeschoß. Noch keiner war bei ihm gewesen. Er war sehr selten hier, denn er reiste auf den Messen und Jahrmärkten umher. Sie mußten zweimal klingeln, und sie fürchteten schon, daß er wieder nicht daheim sei. Aber zu ihrer Freude näherten sich endlich Schritte, und sie hörten hinter dem Briefkastenschlitz eine Stimme.
     
    »Chi è?«
     
    Sie verstanden kein Wort und sahen einander fragend an.
     
    Aber Erwin nickte und flüsterte: »Det ist sicherlich italienisch oder spanisch.«
     
    »Wer ist da?« wurde jetzt gefragt.
     
    Aber die Tür öffnete sich noch immer nicht.
     
    »Wir«, sagte Erwin kurz. Er stellte sich breitbeinig vor die Tür und überblickte die vier, die ihm gefolgt waren. Es waren Emil, Paulchen, Mirjam und Lucie.
     
    »Sabristi, wir«, murmelte die Stimme von innen wieder. »Wer: wir? Lausbuben ihr, was wollt ihr?«
     
    Die Tür wurde vorsichtig geöffnet, und ein kleines, sehr mageres Männchen mit stechenden, schwarzen Augen, über denen ein dichter Wald schwarzer Augenbrauen wuchs, öffnete die Tür. Es trug einen schäbigen, grün und blau gesprenkelten Schlafrock. Mirjam und Lucie faßten sich unwillkürlich an der Hand und wichen einige Schritte zurück.
     
    Obwohl Signor Battista Barretta im gleichen Häuserblock wohnte, hatten sie ihn selten gesehen, und sie mußten sofort an richtige böse Zauberer denken, als er vor ihnen stand. Beinahe wären sie umgekehrt.
     
    Aber Erwin setzte mutig seinen Fuß über die Schwelle. Dabei verneigte er sich tief und ruckartig nach vorn und sagte: »Entschuldigen Sie, Herr Zauberer, wir möchten gern fragen wegen dem Maskenball?«
     
    »Cosa?« fragte der Zauberer und legte seinen Kopf so schief, daß er auf die eine Schulter zu liegen kam.
     
    Die andern waren Erwin zögernd gefolgt und konnten nun im Licht, das aus dem Zimmer fiel — denn im Flur war es dunkel — erkennen, daß Signor Barrettas Haar sehr dunkel war.
     
    Erwin stand vor ihm.
     
    »Heraus mit der Sprache! Was wollt ihr?« fragte der Zauberkünstler, und jetzt klang es fast so, als ob er aus Leipzig käme. Die Frau des Bäckers stammte aus Leipzig, und sie sprach ebenso.
     
    »Wir kommen wegen dem Maskenball«, wiederholte Erwin noch einmal, und: »Wir bitten um Ihre freundliche Mitarbeit.«
     
    Die andern verneigten sich nun ebenfalls, und Paul reichte dem Zauberkünstler sogar seine Hand. Der Zauberer sah gedankenlos auf die ausgestreckte Hand und ergriff sie nicht. Er nickte nur und murmelte: »Piacere.« Aber als er sah, daß sie ihn verständnislos anschauten, lachte er ein wenig und sagte sehr sächsisch: »Es freit mich.«
     
    »Det sind Paul, Emil, Mirjam und Lucie«, stellte Erwin vor.
     
    »Eich genne ich schon zur Geniege«, antwortete der Mann. Er sprach immer sächsischer und war plötzlich sehr gut zu verstehen.
     
    Er öffnete die Zimmertür und schob die Kinder hinein. »Nun aber zuerscht eire Hände über der Brust verschränkt und nich wieder ausenander genommen, bis ich das befehle.«
     
    Lucie und Mirjam verschränkten schon furchtsam ihre Hände aus Angst, der Zauberer würde sie sonst verzaubern.
     
    »Es steht sie nähmlich bei mir zu viel herum, was ihr nich anriehren dirft oder etwa mitnehmen.«
     
    Erwin war sehr gekränkt. »Erlauben Sie mal, wir stehlen doch nicht.« Aber der kleine Mann fuchtelte immer lebhafter mit seinen Armen in der Luft herum und blitzte die Kinder schrecklich drohend unter dem Haarwald seiner Augenbrauen hervor an. »Forse che si, forse che no«, murmelte er, was so viel hieß wie: »Vielleicht ja, vielleicht nein.«
     
    Nur Emil, der auch gern Zauberkünstler werden wollte, obwohl doch seine Zauberei mit dem Daumen gar nichts bedeutete, ließ sich nicht erschrecken und lachte.
     
    »Männiken, wenn wir Ihnen was wegnehmen, so brauchten Sie es doch nur wieder herbeizuzaubern. Das is

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