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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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rückte immer näher. Der Abreißkalender zeigte schon den 9. Mai. Es war warm wie im Sommer.
     
    »Habt ihr denn schon Masken?« fragte Frau Manasse. »Mein Laden ist fast leer. Wer da alles kommt! Die ganze Straße scheint mitzumachen. Es wird fast nicht möglich sein, sie alle im Hof unterzubringen.«
     
    Erwin: »Aber die Treppengänge und die Hausflure gehören ja auch dazu, und außerdem könnten doch einige in ihren Wohnungen bleiben und aus dem Fenster sehen. Herunter darf immer nur, wer tanzen will. Bei den Aufführungen müssen sie sowieso aus dem Fenster gucken, wir brauchen allen Platz.«
     
    Die Mädchen beklebten noch immer Streichholzschachteln, sie schrieben Lose und falteten sie zusammen, numerierten die Gewinne und stellten sie auf leeren Kisten in der Wohnung auf. Sie übten täglich mit Barretta, und nun mußten sie noch an ihre Masken denken, denn natürlich wollten auch sie sich verkleiden.
     
    »Hört mir einmal zu«, sagte eines Abends Fräulein Holm, die sie um Rat fragten. Fräulein Holm war für sie alle ein sehr guter Kamerad geworden. Sie nahm regen Anteil an ihrem Fest. »Ich finde, eure Masken dürfen kein Geld kosten. Wir müssen uns etwas besonderes für euch ausdenken. Etwas, das ihr selbst bastelt und erfindet. Sucht Mutters Flickkorb und den Kleiderschrank durch, und wenn ihr wollt, so helfe ich euch.«
     
    Erwin: »Ich bin sehr dafür. Wir werden bestimmt etwas erfinden. So einfach bei Frau Manasse Masken holen, das kann jeder, aber wir machen was anderes.«
     
    Sie dachten nun sehr viel darüber nach, und mitunter tuschelten sie lange mit Fräulein Holm. Zum Schlüsse erfanden sie wirklich sehr lustige Masken, wie wir noch sehen werden.
     
    Erwin sammelte alle alten Schreib- und Rechenhefte. Niemand begriff, wozu er sie brauchte. Er selbst tat sehr geheimnisvoll. Sie kauften sich nur Klebstoff und Kleister oder borgten sich daheim Schere, Nadel und Zwirn. In der leeren Wohnung gab es lauter geheimnisvolle Ecken und verhüllte Pakete.
     
    Paul mußte etwas ähnliches wie Erwin Vorhaben, denn er sammelte alte Zeitungen und stapelte diese.
     
    Indessen verhandelte Vater Brackmann lange mit dem Wirt wegen Freibier.
     
    Der Bäcker Hennig versprach nun bestimmt, Pfannkuchen und Gebäck zu stiften, denn die allgemeine Festfreude hatte ihn gepackt.
     
    Der Vertreter einer großen Zigarrenfirma, der auch im Haus wohnte, schickte von seiner Firma vier Schachteln Zigarren und Zigaretten.
     
    Das Überraschendste und Schönste aber geschah erst wenige Tage vor dem Maskenball!
     
    Der Hauswirt Speyer, der fast niemals das Haus Nummer 67 aufsuchte, denn er wohnte weit draußen im Westen der Stadt und besaß noch weitere Mietshäuser, fuhr eines Abends im Auto vor und verlangte das Festkomitee zu sprechen. Natürlich wußte niemand genau, wer eigentlich das Festkomitee sei.
     
    Die Frauen versammelten sich im Hof, sahen sich gegenseitig an und sagten: »Nee, nee, det sind wir nich.«
     
    Auch der Portier kratzte sich nachdenklich im Haar und meinte: »Ja, eigentlich weiß ick det selber nich. Die schicken immer nur Kinder herum und lassen die die Arbeit machen. Mit denen hab' ick verhandelt. Muß aber doch irgend 'n Erwachsener dahinter stecken.«
     
    Ein Glück, daß Herr Brackmann in dem Augenblick heimkam. Er blieb zwischen den Frauen stehen, hörte zu, und als er Herrn Speyer entdeckte, sagte er: »Wollen Se so gut sein«, winkte ihm mit der Hand und nahm ihn mit in seine Wohnung. Dort sprachen sie lange zusammen. Kein anderer war dabei. Frau Manasse war einkaufen gegangen.
     
    Die Kinder standen schüchtern in der Hofecke und warteten ängstlich. »Vielleicht verbietet er es wegen der Feuergefahr oder wegen Hausbeschädigungen oder so etwas.«
     
    Herr Speyer kam zurück. Er lief auf die Kinder zu. Dann bot er ihnen die Hand und lachte.
     
    »Also viel Vergnügen«, sagte er. Nicht mehr. Aber als er unter dem Torbogen zu seinem Auto schritt, lachte er immer noch, und dann winkte er ihnen sogar vom Steuer aus, bevor er Gas gab, sie standen alle unter der Tür und sahen ihm nach.
     
    »Mein Gott, der hat ja nur 'nen Hanomag und nich mal 'nen Mercedes«, stellte Heiner fest.
     
    Erwin aber dachte an etwas anderes. »Ich glaube, er hat's erlaubt. Er sah so aus.«
     
    Vom Fenster aus pfiff Vater Brackmann. Er benutzte sogar ihren Cliquenpfiff. »Ach, du lieber Augustin«, damit sie ja rasch kommen sollten.
     
    »Hallo, hallo«, rief er, »kommt schnell, 'ne große

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