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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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gebunden. Der Kopf war noch mit einer Mütze aus Schreibpapier bedeckt, und obenauf saß ein leeres Tintenfaß. Die Hände hatte sich Erwin mit roter und schwarzer Tinte bekleckst. Unter dem Arm trug er einen aus Pappe gebastelten riesengroßen Federhalter. Die Feder war mit Kohle geschwärzt, und er konnte mit ihr alle Leute schwarz anmalen.
     
    Paul hatte ein ähnliches Kostüm. Auch er wurde photographiert. Er trug fast das gleiche Kleid, nur war das seine aus Zeitungen angefertigt und zusammengeklebt. Er nannte sich »Presse«! Alle blieben vor ihm stehen und fragten: »Nun, was gibt's Neues?« Dann versuchten sie, von ihm abzulesen. Über die Arme und Beine hatte er lange schwarze Strümpfe gezogen. Das war die »Druckerschwärze«. Zwei Seidenstrümpfe von Fräulein Holm bildeten die Maske.
     
    Ein drittes Kostüm, das ebenfalls photographiert wurde, trug Emil Wehrli. Er hatte es sich ganz allein ausgedacht, und sogar Fräulein Holm war überrascht worden. Er hatte sich seiner Mutter Küchenbehang mit der roten Kreuzstichstickerei vorgebunden, und zwar so, daß die Worte:
     
    Eigener Herd ist Goldes Wert
     
    von seinem Hals abwärts bis zu den Beinen reichten. Auf dem Kopf trug er, wie einen Helm, die runde Gugelhupfkuchenform. Der Halskragen bestand aus Löffeln und Gabeln. An einen Strick gebunden klapperte diese abstehende Halskrause um seinen Hals. Rechts und links trug er wie Schilde Nudelbretter. Um sein Handgelenk klapperten Milchbecher. Sein Rücken war mit Topfdeckeln bedeckt, die auch bei jeder Bewegung viel Lärm machten. Den Handbesen hatte sich Emil wie einen Schwanz umgebunden, und außerdem ritt er noch auf einem langen Besen. An beiden Armen hingen Nudelrollen, Reibeisen und anderes Küchengerät. Es war ein sehr unbequemes Kostüm, und er konnte sich kaum bewegen. Er verlor auch dann und wann einen Teil davon. Als Maske hatte er einen zerschnittenen Topflappen, darauf stand in Kreuzstichstickerei: »Verbrenne dich nicht.« Er sah beinah gefährlich aus, und die Mütter im Haus schlugen die Hände zusammen, kreischten vor Lachen und riefen: »Die wandelnde Küche. He, du, ihr zieht wohl um?«
     
    Auch Brackmanns Lotte trug ein lustiges Kostüm. Ein leerer Kartoffelsack war ihr Kleid. In der Mitte um die Taille hielt sie es mit einem Strick zusammen. Über den Rücken und über die eine Schulter hing ein alter Bettvorleger aus Kaninchenfell. Die Arme waren nackt und mit Efeu bekränzt. Ihre langen blonden Haare reichten bis zur Hüfte. Der Stickreifen aus der Handarbeitsstunde saß wie eine Krone auf dem Kopf und hielt die Haare zusammen. Sie zeigte sich ihrem Bruder.
     
    »Gefällt dir das?«
     
    Erwin: »Wat soll denn det sein?«
     
    Lotte schüchtern: »Ich dachte Germanin.«
     
    Erwin: »Du, ich glaube, det mußt du dranschreiben.«
     
    Da malte Lotte zur Sicherheit ein kleines Schild: »Germanin.« Das steckte sie wie eine Brosche an ihre Brust. Die meisten sagten aber, sie hätten sich das schon gedacht, daß es so etwas Ähnliches sei.
     
    Die anderen Kinder vermummten sich mit alten Kleidern von Eltern und Verwandten, und ich kann unmöglich alles aufzählen, was es da zu sehen gab.
     
    Schlag sieben Uhr trommelte Heiner mit einem Blech gegen die Mülleimer. Das war der Anfang des Festes.
     
    Überall öffneten sich die Türen. Auf allen Treppen polterte es abwärts in den Hof. Schon in den Treppengängen hörte man kreischen, kichern und lachen.
     
    Die Kinder wußten nicht, wo sie zuerst hinsehen sollten.
     
    Seltsame Gestalten und unbekannte Masken strömten aus den verschiedenen Ausgängen. Der Hof glich bald einem aufgescheuchten Ameisenhaufen.
     
    Unter den zwei spärlichen Hoflaternen hielten sich die Masken immer wieder fest und versuchten, einander ins Gesicht zu sehen. Es gab Teufel, Chinesen, Harlekins, Türken, Japaner, Bettler, phantastische Märchenfiguren, Soldaten, Matrosen, Indianer und merkwürdige altmodische Frauen, sogar ein ganz vorschriftsmäßig gekleideter Feuerwehrmann war dabei.
     
    Einige hatten sich auch nur etwas vor das Gesicht gebunden oder ein Tuch umgehängt, um unkenntlich zu sein.
     
    Die Musik spielte. Die einzelnen Paare hüpften im Hof herum. Die Tanzenden jagten die Nichttanzenden in die Aufgänge und auf die Treppen, um mehr Platz zu bekommen.
     
    Viele Familien sahen nur lachend aus den Fenstern. Sie feierten den Maskenball in ihren Stuben. Das Gedränge unten war ihnen zu groß. Die Pfannkuchen und Würste waren schnell

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