Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
Vom Netzwerk:
Terroristen!«
    Dann schaut er Aschanti an. Und ihm geht auf, dass sie in unmittelbarer Nähe sein wird, wenn etwas in die Luft gesprengt werden soll.
    Kann sein, dass sie phantastische Trancetänzer in Haiti haben. Aber wir auf Finø können ihnen durchaus das Wasser reichen. Das beweist Hans in dieser Sekunde, denn er erhebt sich, seine Augen glänzen, er ist in Trance, es ist die von der berserkermäßigen Sorte. Seine Hände öffnen und schließen sich, als suchten sie nach irgendetwas, zum Beispiel nach ein paar Feldsteinen, um ein bisschen Saft herauszupressen.
    Er wird angehalten. Es ist nur ein zarter Arm, aber er gehört Aschanti, das unterbricht die Trance und führt Hans in die Wirklichkeit zurück mit dem Blick auf den Nikolaj Plads.
    »Das war es, was Mutter und Vater entdeckt haben«, sagt Tilte. »Sie wollten sicher sein, dass keiner ihre kleine Installation, wie auch immer sie genau aussieht, unter dem Boden gefunden hatte. Also guckten sie die Aufnahmen durch. Und haben das hier gesehen. Und ihre Pläne geändert.«
    Wir rühren uns nicht. Stumm und wie gelähmt sitzen wir vor dem schwarzen Bildschirm. Endlich sagt Hans:
    »Das hier nimmt es uns aus den Händen. Jetzt ist es keine Familienangelegenheit mehr. Jetzt nehmen wir den PC untern Arm und marschieren ganz gemütlich zur Polizeiwache in der Store Kongensgade, da kümmern sich dann andere um den Fall, und wir fünf fahren aufs Landund mieten ein Ferienhaus mit bombensicherem Keller und stecken den Kopf in den Sand, bis …«
    Hans hält inne, Tilte hat einen Arm gehoben.
    »Den letzten Teil, da, wo sie beten, können wir das noch mal sehen?«
    Leonora spielt auf der Tastatur, spult vor, Henriks feine Stimme sagt:
    »Lasst uns beten.«
    Wir lauschen den Stimmen. Den murmelnden.
    »Hört euch jede einzelne Stimme an«, sagt Tilte.
    Ich kann Henrik identifizieren, er ist der Kamera und dem Mikro am nächsten. Was er betet, ist das Vaterunser. Die anderen Stimmen gehen ineinander über.
    »Noch einmal«, sagt Tilte. »Lass es noch mal laufen. Konzentriert euch auf jeweils eine Stimme.«
    Jetzt höre ich den hellen Akzent, er singt. Die Worte sind nicht vernehmbar, aber als Pfarrerskind würde ich sagen, dass die Melodie zumindest nicht Teil der dänischen Liturgie ist, sie könnte östlich sein, vielleicht ein Raga.
    Ich höre die Stimme der Frau heraus, sie ist dunkel, nach innen gewandt, klagend. Und von einem Klirren begleitet, von einem Rosenkranz oder einer Mala.
    »Die sind nicht nur aus verschiedenen Ländern«, sagt Tilte langsam. »Die haben auch verschiedene Religionen.«
    Hans ist aufgestanden.
    »Unmöglich«, sagt er. »Das sind Terroristen. Und die sind immer von derselben Religion, wenn sie sich zusammentun. Außerdem sollten wir uns darüber nicht den Kopf zerbrechen. Das dürfen die Polizei und der PND und Interpol.«
    Tilte ist sitzen geblieben.
    »Es ist zwölf Uhr«, sagt sie. »Bis es losgeht, bleiben uns acht Stunden. Und sieben, bis die ersten Leute kommen.«
    Durch Hans’ Körper geht ein Ruck, er ahnt, wo Tilte hin will.
    »Wenn wir das hier der Polizei übergeben«, sagt Tilte, »werden sie fragen, wo wir’s herhaben. Damit liefern wir Vater und Mutter aus. Und sie entdecken, dass nach uns gefahndet wird. Dann fängt die Maschine an zu laufen, ich komme nach Læsø, Peter landet im Kinderheim.«
    Hans fällt nichts mehr ein. Ich stehe am Fenster, weil ich mir über meinen Standpunkt noch nicht im Klaren bin. Unten auf dem Platz, gegenüber dem Mercedes von Hans’ Arbeitgeber, hält ein schwarzer Lieferwagen. Vielleicht werde ich auf ihn aufmerksam, weil er so getönte Finø-Scheiben hat, automatisch setzt sich meine berühmte Memoriertechnik in Gang, die mir in meinen Autokennzeichenerinnerungswettkämpfen mit Hans und Tilte während unserer Familien-Campingferien viele Siege eingebracht hat. Die Nummer des schwarzen Wagens besteht aus T wie Tilte und H wie Hans. Die erste Zahl ist 50. Und dann kommt 17 wie der 17. Mai, das Datum, an dem der Finø Boldklub in die SDDK aufstieg, die Superliga der dänischen Kleininseln .
    »Zwei Stunden«, sagt Tilte. »Wir sind so nahe dran. Wir geben uns zwei Stunden, abgemacht?«
    »Wozu wollt ihr die gebrauchen?«
    Es ist Leonora, die die Frage stellt.
    »Der weißhaarige Mann«, sage ich. »Henrik. Er sagte, er habe auf dem Schloss gespielt, als er klein war. Wir könnten Rickardt die Aufnahmen zeigen.«

 
    Als Zeigestock benutzt Rickardt Graf Tre Løver eine Havannazigarre, die

Weitere Kostenlose Bücher