Die Kinder der Elefantenhüter
gespart, großzügig, broadminded . Mein Lieferant bezahlte auf der Stelle. Und war ziemlich blass hinterher.«
Rickardt legt den Finger auf das Standbild auf dem Schirm.
»Das ist er. Diese feine Stimme. Vielleicht hätte er Sänger werden können, ein ehrenhafter Beruf, vielleicht hätte er es sogar so weit gebracht, für mich die Begleitstimme zu singen, wer weiß. Aber was macht er in der Schlosskirche?Irgendwie überraschend, dass ausgerechnet er an der Konferenz teilnehmen soll.«
»Das, kleiner Rickardt, ist auch unser Standpunkt«, sagt Tilte.
Wir stehen auf, um zu gehen. Meine Augen bleiben an seiner Zigarre hängen. Er bemerkt meinen Blick.
»Peter«, sagt er, »du weißt, was ich dir versprochen habe, wenn du nicht anfängst zu rauchen. Einen Ketalar-Trip mit Führung und einen Blowjob erster Klasse zum achtzehnten Geburtstag.«
»Die Bauchbinde«, sage ich, »darf ich die haben?«
Alle gucken mich an. Behutsam streife ich die goldene und rote Bauchbinde von der Zigarre. Ich spüre leichte Verwunderung am Tisch. Sie fragen sich, ob der Druck für Peter vielleicht zu groß geworden ist, ist er zu dem zurückgedrängt worden, was die Mystiker astrale Regression nennen, wird er also wieder zum Kleinkind und fängt im Alter von vierzehn wieder an, alles zu sammeln, was glitzert?
Sie erhalten keine Antwort. Alles, was sie erhalten, ist ein rätselhafter Blick hinter meinen langen, geschwungenen Wimpern.
Wir sind auf dem Weg nach draußen, ich bleibe in der Halle stehen. An der Wand hängen gerahmte und signierte Porträts von Berühmtheiten, die im Hotel übernachtet haben, man erkennt Cruyff, Pelé, Maradona. Und Conny. Von einem großen Foto lächelt sie einen an, in die untere Ecke hat sie geschrieben: »Mit meinem Dank an Direktion und Personal für zwei wundervolle Wochen.«
Wenn Fotografien gut sind, tritt die Person gewissermaßen daraus hervor, sie tritt auf und wird lebendig. Und was Conny allmählich berühmt macht, ist eben ihre Art, wie sie auftritt. Das heißt, neben meinen ganzen andern Sorgen steh ich jetzt hier in der Rezeption des d’Angleterre mit meinem gebrochenen, herausgerissenen Herzen, wenn man das beides in einem Atemzug so sagen kann.
Das Gefühl, dass Conny wirklich anwesend ist, ist so überwältigend, dass ich um ein Haar den Fahrradkurier übersehen hätte, der gerade einen Bolzenschneider, eine Eisensäge und zwei Metallfeilen auf den Empfangstresen legt und sagt: »Das ist für das Unterrichtsministerium. Zu Händen Alexander Finkeblod.«
Das ist nun eine Situation, die es zu beachten gilt, auch wenn das Herzblut rinnt, und jetzt kommt ein Piccolo von rechts, er schiebt einen Tisch mit Rädern, auf dem ein Brunch für fünf Personen angerichtet ist, die Empfangsdame legt Bolzenschneider, Eisensäge und Feilen auf den Tisch. »Vierter Stock«, sagt sie, »sie haben schonnach einem Anruf gefragt, er soll durchgestellt werden, von einem gewissen A. Wiinglad. Sag ihnen, dass unsere Vermittlung glüht und wir sie nicht vergessen haben, wir stellen durch, sobald er kommt.«
Ganz bestimmt kennst du diese Situation vom Spielfeld, der Gegner greift an, aber plötzlich hat deine Abwehr ihm den Ball abgeluchst, von deinem Strafraum wird dir der tödliche Pass zugespielt, und du stehst gerade noch auf der seidenweichen Seite der Abseitslinie und ziehst, ohne nachzudenken, unwiderstehlich ab.
Genau das passiert jetzt, der Piccolo rollt von dannen, ich gebe den anderen ein Zeichen, greife mir Aschantis Sonnenbrille und folge dem Diener auf den Fersen, durch die Halle und rein in den Aufzug.
Er ist ein paar Jahre älter als ich, und ein Teil der Vornehmheit des Hotelambientes hat sich auf ihn übertragen. Trotzdem erkenne ich, dass er ebenfalls Fußballer ist. Schwer zu sagen weshalb, Ejnar Fakir sagt, Fußball sei ausgesprochen charakterbildend. Ich selbst bin der Meinung, Fußball ist auf gewisse Weise ein spiritueller Weg, bei dem man mit seinen Mitspielern ein Gemeinschaftsbewusstsein trainiert und Konzentration und One-Pointed -Präsenz und die Herzensreinheit, wenn man nur eine Sache will, nämlich die Kugel versenken, und bei dem Jungen vor mir kann ich so was merken.
»Brøndby oder FCK?«, frage ich.
»FCK.«
Ich singe:
»Viertel vor Ball, jetzt wird es Zeit. Das FC-Trikot liegt bereit!«
Klingt richtig gut im Aufzug. Für einen Finøer gibt’s natürlich nur den Finø Boldklub, aber es gehört zur allgemeinenHöflichkeit, mal eben seine Ortskenntnis
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