Die Kinder der Elefantenhüter
messen. Nachdem sie staubgesaugt haben, wischen sie mit einem Mikrofasertuch nach, und hinterher gibt’s kein Bierchen zum Feierabend, sondern sie trinken ein sanft prickelndes Mineralwasser, verkleckern keinen Tropfen und nehmen die Flaschen mit, als sie gehen. Dann liegt der Raum verlassen in der Abendsonne da.
Leonora spult vor, das Licht schwindet.
»Es ist Nacht«, sagt sie, »kurz nach drei.«
Es dringt ein klein wenig Licht in den Raum, vielleicht vom Mond, vielleicht von den Lampen im Schlosshof. Für eine gewöhnliche Kamera würde das Licht nicht ausreichen, aber für Voicesecurity ist nur die beste Ausrüstung gut genug.
Wir empfinden Andacht. Wir sehen die Stunde, die unsere Eltern gelöscht haben und die Leonora wieder hervorzaubern konnte.
Ich sehe die Gestalten nicht, bevor sie wirklich im Raum stehen, sie sind geräuschlos hereingekommen, das erste Zeichen ist ein ganz schwaches weißes Licht über einem der schwarzen Vierecke, die die Aufzugschächte markieren, über denen die Vitrinen stehen sollen. Dann kommt eine Stimme aus dem Dunkel.
»Henrik! Ich glaube, hier sind Mäuse!«
Die Stimme gehört einer Frau, sie ist außer Atem.
»Ausgeschlossen, Schnuckelchen. Was du da gefühlt hast, waren Ratten. Und Mäuse und Ratten sind so gut wie nie …«
Da man das Gesicht nicht sehen kann, sondern nur einen blonden Schopf, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Stimme. Sie ist voll, der Mann würde sich als heller Tenor gut in den Kirchenchor von Finø-Stadt einreihen. Dann müsste er auch nicht um drei Uhr morgens auf den Beinen sein. Aber er darf nicht ausreden, weil die Frau in Geschrei ausbricht, sicher wegen der Ratten.
Jetzt sind zwei weitere Personen im Raum.
»Na, Ibrahim, alles angebracht?«
Es ist Henrik, der fragt. Ibrahim gluckst.
»Alles voll total angebracht! Erst kleiner Bums, und die Kästen versinken in Kammer. Wenn sie da sind, großer Bums. In Kammer. Kaum zu die Ohren. Aber effektiv.«
»Wieso können wir nicht ein bisschen was behalten, Henrik?«
Das war die Frau. Und man kann sie gut verstehen. Nach dem Schreck mit den Ratten.
»Aus Prinzip, Blizilda. Das Göttliche verlangt, dass man sich selbst zurücknimmt. Wer aus eigenem Antrieb zerstört, kommt in die Hölle. Meine Mutter hat einmal gesagt …«
»Ich will auf jeden Fall meine Schuhe ersetzt haben. Guck dir mal die Absätze an …«
Man kann nicht umhin, Mitleid mit Henrik zu haben, vermutlich wird er ziemlich oft von Blizilda mitten im Satz unterbrochen. Aber es ist deutlich, sogar im Dunkeln, dass er diesmal die Geduld zu verlieren droht.
»Ich würde sagen, wer so schieläugig ist und auf eine Mission wie diese hier Stöckelschuhe anzieht, der ist irgendwie nicht …«
»Wie bitte? Hab ich richtig gehört, hast du schieläugig gesagt, Henrik? Also dann …«
An einer Bewegung im Dunkeln sieht man, dass ein dritter Mann dazwischengegangen ist und sich nun an den glucksenden Ibrahim wendet.
»Sind Diamanten nicht außerordentlich hart? Können wir wirklich sicher sein, dass sie nicht doch unbeschadet übrigbleiben und uns die Zunge rausstrecken?«
Es ist eine hellere Stimme mit ausländischem Akzent, aber der Mann spricht ein so schönes und korrektes Dänisch, dass Alexander Finkeblod sich aufrichtig gefreut hätte.
Ibrahim kichert.
»Furchtbar hart. Aber bei Explosion Temperatur in geschlossene Kammer ist sehr hoch. Zehntausend Grad. Diamanten verpuffen. Diamantdampf. Pyrolyse. Rein technisch. Wenn sie aufmachen, null übrig. Vielleicht bisschen Glitzer an Wand. Sonst nur bisschen schwarz Pulver. Zum Wegsaugen.«
Es wird still. Die Stimmung ist wieder gut. Wieder erscheint etwas Helles im Dunkeln, ein Taschentuch. Henrik wischt sich die Augen.
»Tut mir leid«, sagt er. »Es ist so bewegend. Hier habe ich als Kind gespielt …«
Er will noch mehr sagen, wahrscheinlich über seine Mutter, aber dann ermannt er sich.
»Lasst uns beten.«
Das Gebet ist ein verworrenes Gemurmel, die vier Personen beten nicht zusammen, sondern jeder für sich. Das geht vielleicht eine halbe Minute, dann wird es still.
Dann sind sie weg. So wenig, wie ich sie kommen sah, so wenig seh ich sie gehen, mit einem Mal ist der Raum leer, als wären sie nie da gewesen.
Wir sitzen lange still da. Hans sagt dann, was alle denken. Für ihn eine neue Rolle, aber mein großer Bruder macht eine rasante Entwicklung durch, das ist mehr als deutlich.
»Sie wollen die Kleinodien in die Luft sprengen. Das sind
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