Die Kinder der Elefantenhüter
Fundamentalisten schlimmster Sorte, noch eh man sich’s versieht.
»Wegen der Globalisierung steigt der Druck auf die großen Weltreligionen. Ihre Antwort ist eine zunehmende Fundamentalisierung, und zwar verdammt noch mal bei allen, es wimmelt nur so von fundamentalistischen Christen, Hindus, Buddhisten, Moslems und wie sie sich alle schimpfen. Es gibt nur ein Bollwerk gegen die Sintflut, und zwar Polizei und Heer.«
Hier möchte ich am liebsten fragen, ob man in dem Zusammenhang nicht auch die Vereinigung Asathor nennen müsste, die auf Finø zuletzt starke fundamentalistische Tendenzen gezeigt hat und deren Mitgliederanzahl von sieben auf dramatische fünf gesunken ist. Angeblich soll sich Ejnar Tampeskælver Fakir sogar mit dem Gedanken tragen, seinen Sohn Knud, der mit Tilte in eine Klasse geht, Odin zu opfern, um sich im Wettstreit mit Volkskirche, Gitte Grisanthemum, Sindbad al-Blablab und Lama Svend-Helge göttlichen Beistand zu sichern, eine Überlegung, die ich von Herzen unterstütze, weil Knud ein Gewohnheitsverbrecher ist und in puncto Bösartigkeit gleich hinter Kaj Molester rangiert. Aber wieder sagt mir mein Sinn für Timing, dass dies jetzt vielleicht nicht der rechte Augenblick ist.
»Der Terror entspringt dem Fundamentalismus«, doziert Albert Wiinglad weiter, »und die meisten Menschen tragen einen inneren Terroristen mit sich herum. Es ist nur eine Frage der Zeit, dann hebt er sein Haupt, deshalb müssen die Menschen an straffen Zügeln geführt werden, fünfundneunzig Prozent der Weltbevölkerung brauchen einen, der ihnen erzählt, wie sie sich aufzuführen haben.Deshalb arbeiten Terroristen in Organisationen, nicht mal einer von tausend arbeitet allein.«
Er sucht sich eine Schnitte aus, man darf davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um eine Schnitte Brot handelt, aber das Brot ist nicht sichtbar. Was man sehen kann, ist eine Scheibe grobe Leberpastete, dick wie ein Laib Schwarzbrot, auf der Pastete liegt ein Großteil der Champignonernte des gesamten Jahres. Den eleganten Abschluss bildet kross gebratener Bacon eines halben Schweins.
»Aber diese Einzelkämpfer sind die eigentlich mühsamen. Wir nennen sie ›Schweber‹. Weil sie ohne Halt in Bewegung sind. Sie sind meine Spezialität. Und ich werde ihnen verflucht noch mal den Kopf abreißen!«
Er schlägt auf den Bogen Papier.
»Die vier hier sind Schweber. Jeden für sich kennen wir seit über zehn Jahren. Was wir aber noch nie gesehen haben – was die Geschichte überhaupt noch nie gesehen hat –, ist die Tatsache, dass sie sich nun offenbar zusammengeschlossen haben. Und wie sie es – Himmel, Arsch und Zwirn! – geschafft haben, sich in einem Raum aufzuhalten, ohne sich gegenseitig ans Leder zu wollen, darüber haben wir so lange spekuliert, dass uns um ein Haar der Appetit vergangen wär!«
Ich fühle den Impuls, ihn zu trösten und zu sagen, meiner Meinung nach gebe es für seinen Appetit nicht nur Hoffnung, sondern auch eine große Zukunft, aber ich will ihn nicht stören, er ist mit dem würdigen Nachfolger der Leberpastete zugange, einem Stück Roastbeef, das auf dem Weg vom Teller zum Mund einen eigenen Gabelstapler hätte gebrauchen können.
»Die Welt ist schlecht« sagt er. »Und wenn Menschenzusammenhalten, dann nur, weil sie es müssen. Was diese vier Unruhestifter vereint, ist etwas, was sie als noch gefährlicher ansehen als sich gegenseitig. Was sie vereint, ist die Große Synode.«
Er muss aufstehen und zum Fenster gehen. Schon die zwei Meter sind für ihn ein Marathon.
»Alle großen Religionen haben zwei Seiten, und die eine ist, wenn man mich fragt, noch verstörter als die andere: eine nach außen gewandte, die ›exoterisch‹ genannt wird und mit der sich die meisten Gläubigen auseinandersetzen. Und eine nach innen gerichtete, die ›esoterische‹, für die interessieren sich die wenigsten. Der exoterische Teil wird in der dänischen Volkskirche gepflegt und in der katholischen Messe, den Moscheen, Tempeln, Synagogen und Gompas der ganzen Welt. Es sind äußere Handlungen und Rituale, die die Gläubigen beruhigen und ihnen versichern, dass es im Augenblick zwar schwer ist, das Leben nach dem Tode aber heller wird. Der andere Teil, der esoterische, ist für die mit dem Dachschaden.«
Vom Fenster aus wirft er einen langen Blick auf die letzten zehn belegten Brote, die auf dem Teller liegen und ihn locken.
»Für diejenigen, die nicht nur eine Kostprobe haben wollen. Die nicht warten wollen, bis
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