Die Kinder der Elefantenhüter
Rickardt antwortet: Und ob, Henrik trage den guten dänischen Nachnamen Borderrud. Er muss gemerkt haben, dass der Name etwas in Tilte und mir in Gang setzt, denn er sagt, es sei wichtig, Henrik nicht zu verurteilen, er sei stets ein aufgeweckter Bursche gewesen, aber er habe das Glück nichtimmer auf seiner Seite gehabt, Rickardt erinnert sich noch an einige schreckliche Geschichten über seine Mutter, und heute zum Beispiel, als Henrik im Tunnel irgendetwas nachsehen sollte, wäre er beinah gar nicht reingekommen, es war ungewöhnlich glatt, Henrik meinte, jemand habe überall Schmierseife verteilt.
An diesem Punkt bittet Tilte ihn, kurz anzuhalten.
»Rickardt«, sagt sie, »hast du Schmierseife gesagt?«
Das bestätigt Rickardt, obwohl er hinzufügt, das sei natürlich undenkbar, wie solle bitte ein Tunnel von vierhundert Metern mit Schmierseife gefüllt werden, aber das verrate einiges über Henriks Psychologie, er fühle sich furchtbar fix von den Menschen verfolgt, Rickardt habe zwar nie sein Horoskop gesehen, aber alles deute darauf hin, dass er den Neptun im Aszendenten habe und den Mond im zwölften Haus.
Obwohl wir zu tun haben, steigen Tilte und ich aus dem Wagen und stehen einen Augenblick schweigend nebeneinander.
»So haben sich Vater und Mutter das mit der Sicherheitskammer vorgestellt«, sagt Tilte dann. »Sie sollte auf Schmierseife hinausbefördert werden.«
Damit du in dieser Sache die technischen Einzelheiten verstehst, bin ich gezwungen, dich ganz ehrlich über die Forschungen meiner Familie zum Thema des spirituellen Effekts von Schmierseife zu informieren. In diesem Zusammenhang muss ich dich zunächst über Kaj Molesters und Jakob Bordurios Verschwörung in Kenntnis setzen, an der ich lange zu kauen hatte und die ich trotz größter Anstrengung meinerseits bis heute nicht recht verdaut und verziehen habe. Und ich muss zu jenem Sonntagvormittagzurückgehen, an dem Rickardt Graf Tre Løver in der Küche des Pfarrhauses über einer Tasse Kirchkaffee erzählte, wie er zum ersten Mal Heroin geraucht hatte.
Gewöhnlich sind wir im Pfarrhof nicht sehr erpicht darauf, dass Rickardt von seiner fröhlichen Jugend erzählt, weil seine Augen nämlich schnell vor Begeisterung leuchten, wenn er sich in Schwung redet, eine gefährliche Begeisterung ist das. Aber an jenem Vormittag konnten wir ihn nicht eher stoppen, als bis er von seinem ersten Heroingenuss mit vier guten Freunden und Schülern im Grenåer Hafen erzählt hatte, die vier bilden heute noch den Kern und das innere Mandala der Ritter des blauen Strahls . Außer dem Heroin hatten sie sich mit hundert Litern Dieselöl in Fünfzehn-Liter-Kanistern, einem Ghettoblaster und Bachs Kunst der Fuge bewaffnet, eine Ausrüstung, die Rickardt in einer Koboldvision exakt beschrieben worden war, dann suchten sie sich einen leeren Container aus, rauchten noch in der Sonne »eine Folie«, zogen sich vollständig aus, gossen das Öl in den Container und schoben Bach in den Ghettoblaster, und die nächsten vier Stunden, sagte Rickardt, seien sie im Paradies gewesen, sie wälzten sich im Öl und fühlten sich, als wären sie schwerelos.
Da konnten wir Rickardt endlich stoppen, aber die Geschichte hatte mich beeindruckt, besonders die Sache mit der Schwerelosigkeit. Es traf sich glücklich, dass im Gemeindezentrum zu der Zeit ein neuer Fußboden verlegt worden war, der mit Seife behandelt wurde. Am folgenden Abend also gossen ich und mein sehr, sehr guter Freund Simon, den Tilte immer Simon Säulenheiliger nennt, fünfzig Liter Schmierseife auf den Boden und zogen uns aus und stellten fest, die Seifenschicht muss nur dick genug sein, dann flutscht das genauso toll wie mit Dieselöl, esgibt überhaupt keinen Widerstand, man nimmt Anlauf, wirft sich hin und schliddert zwanzig Meter wie auf einem Luftkissen, wir sind die ganze Nacht durchgerutscht.
Als wir in der nächsten Nacht wiederkamen, hatten Kaj Molester und Jakob Bordurio ohne unser Wissen die sechste bis neunte Klasse der Städtischen Schule Finø ins Gemeindezentrum eingeladen. Wir sahen sie nicht, sie saßen oben auf der Galerie, wir also Kerzen angezündet und runter mit den Klamotten. Ich weiß noch, wie ich Anlauf nahm und mich auf den Rücken schmiss und Connys Namen schrie, und Simon schrie Sonjas Namen, und der Sinn der Sache war eigentlich, dass wir im schwerelosen Gleiten in jene Sphäre schauen wollten, in der dann die Tür aufgehen würde. Aber als wir so auf dem Rücken rutschten,
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