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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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ich allen Leuten, ihre Türen und Fenster zu verrammeln und sich im Keller zu verbarrikadieren.
    Leider reicht die Zeit nicht, um den Mann auf dem Kai darüber aufzuklären. Er ist offenbar auch kein Tierfreund oder Hundekenner, denn er will Basker einen Tritt versetzen, was etwa dem Versuch entspricht, einen Säbelzahntiger mit einem Parfümzerstäuber zu erschrecken.
    Dann beißt ihm Basker in den Unterschenkel.
    Basker hat drei Bisssorten zu bieten: den Schnapper, den Markierungsbiss und dann die Luxusausgabe, wie von einer Kreissäge plus Winkeltrennschleifer, die zusammen auf eine Bärenfalle montiert sind. Basker wählt die dritte Sorte, der Mann bricht in Gebrüll aus, und das Bein gibt unter ihm nach.
    Wenn er zu diesem Zeitpunkt seine Waffe hätte fallen lassen, hätten die Dinge vielleicht einen glimpflichen Verlauf genommen. Aber er tat es nicht. Deshalb gehen jetzt Aschanti und Pallas Athene auf ihn los. Oder richtiger: Der Jaguar geht auf ihn los.
    Es ist ein Wagen mit exzellenterBeschleunigung, als er uns erreicht, ist er schon auf neunzig Stundenkilometern, er streift den knienden Mann und fegt ihn über den Kai und steuert dann direkt auf das Hafenbecken zu.
    Der Schlepper hat an sich schon abgelegt, der Abstand zur Kaimauer beträgt etwa anderthalb Meter. Aber das Deck liegt etwas niedriger als das Bollwerk, so dass der Jaguar zunächst in den leeren Raum schießt, die Reling vernichtet und quer auf dem Vorderdeck landet.
    Es ist ein kleines Boot, das Auto ist länger als der Schlepper breit, der Anblick ist erstaunlich und sehr ungewohnt. Auch der Frau im Ruderhaus kann man ansehen, dass der Jaguar eine Überraschung ist.
    Pallas Athene steigt langsam aus dem Wagen, schiebt sich an ihm entlang, geht zum Ruderhaus, öffnet die Tür, geht hinein und knallt der Frau eine.
    Es gibt verschiedene Arten, seinem Mitmenschen eine zu knallen, und ich möchte behaupten, wo Athene tätig war, da wächst kein Gras mehr. Eben noch stand die Frau stolz am Steuerruder in salziger Brise, jetzt liegt da ein Etwas auf den Dielen, mit dem man nicht mehr rechnen muss.
    Dann steht Tilte in der Tür.
    Tiltes und meine Forschung hat ergeben: Wenn sich die Heiligen und Reisenden im menschlichen Bewusstsein in etwas einig waren, dann in der Tatsache, dass jeder Mensch in seiner eigenen Wirklichkeit verkehrt, also natürlich sahen Basker und Aschanti und Jakob und Athene und Hans und ich diesem Treffen mit unterschiedlichen Erwartungen entgegen. Was uns aber eint, ist die Überzeugung, wir hätten die Prinzessin gerettet und könnten als Minimum Ströme von Tränen und Umarmungen und ewige Dankbarkeiterwarten. Und was passiert? Tilte stellt sich in die Tür des Ruderhauses, wo wir sie alle sehen können, atmet tief ein und brüllt:
    »Wisst ihr, was ihr seid? Ihr seid ein paar große, hirnverbrannte Sonnenfinsternisse!«

 
    Wir sitzen am Tisch der Kajüte, und vor unseren Augen spielt sich eine Szene ab, die man gesehen haben muss, eh man sie glaubt. Wer sie sieht, sind Hans, Aschanti, Pallas Athene, Jakob Bordurio, Basker und ich. Und was wir sehen, sind die Frau aus dem Ruderhaus, den Mann aus dem Lagergebäude und den Mann, dem der Jaguar den kleinen Knuff versetzt hat, sie sitzen nämlich alle drei mit am Tisch, und zwar frei wie die Vögel, weil Tilte Hans und mir verboten hat, sie zu fesseln, überdies hat sie Hans befohlen, Kaffee zu machen, was er auch tat, und nicht nur, dass den drei Schwebern nun aufgetischt wird, nein, Tilte legt dem Mann, der von Basker gebissen wurde, auch noch einen Verband an und tröstet ihn und nennt ihn »meinen armen Ibrahim«.
    »Ibrahim«, sagt sie, »hat vor einer halben Stunde den Waffen für immer ade gesagt. Er hat die Pistole nur gezogen, weil er sich angegriffen fühlte, nicht wahr, Ibrahim?«
    »Das war Notwehr«, sagt Ibrahim. »Und ein kleines bisschen alte Gewohnheit.«
    Basker betrachtet ihn aus der Ecke. Seine Augen sind immer noch gelb, und sein Maul ist blutverschmiert, man sieht ihm die Hoffnung an, dass Ibrahim aus Notwehr und alter Gewohnheit noch einmal aus der Hüfte zieht, damit Basker vom Horsd’œuvre endlich zum eigentlichen Massaker übergehen kann.
    Aber nichts deutet darauf hin, denn Ibrahim hat wieder angefangen zu weinen.
    »Bevor ihr gewaltsam eingegriffen habt«, sagt Tilte, »erzählte uns Ibrahim gerade von seiner Kindheit, er war an der Stelle, wo ihn seine Mutter zur Strafe dafür, dass er ins Bett gemacht hatte, die ganze Nacht in den nassen Laken

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