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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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Sorgerecht zu entziehen, aber im letzten Moment rief Vater zurück und sagte, es sei in Ordnung, wir dürften. Damals war das Gefühl der Vernachlässigung richtig groß, aber jetzt ist es noch ärger. Will sagen, als wir zurückkehren und uns ins Auto setzen, sind wir niedergeschlagen.

 
    Schloss Filthøj ist gelinde gesagt bewacht. Dornröschens Schloss in seiner Blütezeit veranstaltete im Vergleich zu dem hier Tage der offenen Tür. Auf dem See schaukeln Polizeimotorboote, am Ufer wurde ein Zaun gezogen, es gibt Hunde, zwei Hubschrauber, es ist schwarz von Beamten plus denjenigen, die man nicht sieht, und quer über den Deich wurde ein Maschendrahttor errichtet, und neben dem Tor steht ein Häuschen für die Wachmannschaft.
    »Da kommen wir nie rein«, sagt Tilte.
    Ich ziehe etwas aus der Tasche.
    »Das hier ist eine Identifikationsnummer«, sage ich. »Habe ich mir von Anaflabia und Thorlacius geborgt.«
    Sie sehen mich alle an.
    »Petrus«, sagt Tilte. »Ich muss schon sagen, du hast im Laufe der letzten zwei Tage eine rasante Entwicklung durchgemacht. Wohin sie führt, kann ich noch nicht ganz ermessen.«
    Wir fahren an den Schlagbaum. Tilte liest die Nummer vor.
    Die Papiere werden studiert. Dann sagt eine Stimme:
    »Ich finde nicht, dass Sie aussehen wie auf den Fotos.«
    Normalerweise ist es ein erfreuliches Erlebnis, eine nette Stimme von zu Hause wiederzuerkennen. Aber in dieser Situation hier fällt es mir schwer, sie so zu genießen wie sonst. Die Stimme gehört Beamtem Bent.
    Der Zusammenhang ist uns sofort klar. Wenn die dänischePolizei vor einer echten Herausforderung steht, werden die besten Kräfte des ganzen Landes zusammengetrommelt. Und um den Trupp zu leiten, der den Hauptzugang zur Großen Synode kontrolliert, wollte man sich natürlich nicht mit weniger als dem Besten begnügen, Bent Metro Poltrop mit dem Hund Mejse, dessen charakteristische Atemzüge ich hören kann, es klingt, als bliese ein Ventilator durch einen Fußabtreter.
    »Wir haben einfach Glück, Bent«, sagt Tilte, »wir werden mit jedem Tag schöner. Die Fotografen kommen gar nicht mehr mit. Kaum sind die Bilder geschossen, sieht man schon wieder zehn Jahre jünger aus.«
    Tilte startet ihre Charmeoffensive und setzt ein Lächeln auf, das man in harten Wintern einsetzen könnte, um die Schifffahrtswege eisfrei zu halten.
    Aber Bent taut nicht auf.
    »Tilte«, sagt er, »und Peter und Hans, was macht ihr hier?«
    Diese Frage zu beantworten, könnte lange dauern. Die Zeit haben wir nicht.
    In diesem Augenblick tritt überraschend Rickardt auf den Plan.
    »Ich bin Rickardt Tre Løver«, sagt er. »Der Eigentümer dieses Schlosses und einer der Gastgeber der Konferenz. Das sind meine Gäste!«
    Das ist eine neue Seite des Grafen, die hier spricht und die ich auf Finø nie von ihm gehört habe. Die Seite, die mit einem Diener an jedem Finger geboren wurde und mit Fronbauern fürs Grobe.
    Das Grobe ist in diesem Fall das Öffnen des Schlagbaums, und Beamter Bent will es eben tun, als er innehält.
    »Ich habe Sie doch gerade durchgelassen«, sagt er. »Mit der Gräfin.«
    Bent dreht einen Monitor zu uns um und zeigt auf eine Kamera über dem Schlagbaum.
    »Wir machen Kontrollbilder.«
    Der Mann auf dem Bild hat zwar Rickardts schwarze Haare. Aber wo Rickardt schlank ist bis zur Magerkeit, ist der Mann muskulös. Außerdem hat er einen Schnauzer, womit sich in Dänemark nur wenige hervortun, der aber für Tilte, Hans und mich nur zu bekannt ist. Die Gräfin an seiner Seite hat kräftiges blondes Haar, das geflochten ist, so dass sie einer Tiroler Sennerin ähnelt.
    »Pfui Teufel, igittigitt!«, sagt Graf Rickardt. »Der Pfarrer von Finø! Und seine Frau!«
    Und erbringt dann den endgültigen Beweis, dass er den totalen Durchblick hat.
    »Das sind doch eure Eltern! Sie müssen vergessen haben, mir meine Identifikationskarte zurückzugeben!«
    Tilte fasst Rickardt am Arm und zieht ihn zu sich heran.
    »Du hast Vater und Mutter gesehen«, sagt sie still.
    »Ja, sie sind doch ins Bootshaus gekommen. Sie mussten den Tunnel kontrollieren. Ihr wisst doch, dass eure Mutter für das Alarmsystem verantwortlich ist.«
    Wir schweigen. Die Schwierigkeiten türmen sich vor uns auf. Beamter Bent will uns nicht durchlassen. Und Mutter und Vater sind an ihm vorbeigeschlüpft und, wer weiß, möglicherweise auch der Schwarze Henrik.
    Tilte hat sich während der Schiffsfahrt überraschend zurückgehalten. Ich meine, spüren zu können, dass sie unter

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