Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
Herr der Schwarzalben, ihn erwartete …
    »… und dann kamt ihr und habt uns gerettet«, schloss Gunhild den Bericht. Die Geschwister hatten abwechselnd erzählt, wie sie in die Höhle gekommen waren.
    Laurion hatte einige Male kurz gestutzt, hatte sie aber nicht unterbrochen, und doch war Siggi aufgefallen, dass der junge Lichtalbe sehr erregt war, obwohl er sich Mühe gab, es sich nicht anmerken zu lassen. Doch Siggi hatte Menschen schon immer sehr genau beobachtet. Er hatte gelernt, auf Veränderungen in ihrem Verhalten zu achten, um möglichen Feinden, die ihn nur ärgern oder noch Schlimmeres von ihm wollten, aus dem Weg gehen zu können. So war ihm auch die Unruhe Laurions nicht entgangen, wenngleich er sie nicht zu deuten wusste. Der Lios-alf hatte auch einige nicht zu deutende Seitenblicke auf den Grauen geworfen.
    Aber was sollte Siggi tun; er konnte sich die Antworten auf die Fragen nicht aus den Fingern saugen. Die ganze Geschichte wurde immer rätselhafter. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten, was passierte.
    Von Zeit zu Zeit hatte Siggi immer wieder ein Auge auf den Alten geworfen, der schweigend neben Laurion ging. Er hatte nichts zu dem Bericht gesagt, obwohl er eine ganze Menge hätte erzählen können. Die Raben hockten wie ausgestopft auf seinen Schultern.
    Siggi hatte nichts von seiner Vermutung verlauten lassen, dass der Graue nicht immer gewusst zu haben schien, welche Richtung er nehmen sollte; denn es war nur eine Beobachtung, für die er keinen Beweis hatte, und bei allem Vertrauen, das Siggi zu Laurion gefasst hatte, wollte er doch erst genau wissen, was zwischen den Lios-alfar und dem Alten für eine Beziehung bestand.
    Hinter ihnen klangen eilige Schritte auf. Laurion drehte sich um. Er schien sich sicher zu sein, dass da kein Feind oder eine Bedrohung war, die sich ihnen näherte.
    »Laurion«, sagte ein heraneilender Lios-alf. »Wir konnten ihn nicht mehr finden. Die dunkle Brut hat das dritte der Midgard-Kinder in ihre Gewalt gebracht. Wir haben unsere Späher ausgesandt, um herauszufinden, wohin sie ihn schleppen.«
    Laurion nickte nur. »Geht wieder auf Wache«, sagte er knapp. »Ich sende euch weitere Späher und einige Boten. Ich denke, auch die Königin will über alles unterrichtet sein.«
    Der Lichtalb nickte nur und wandte sich ab, um sich wieder seiner Aufgabe zu widmen.
    Siggi war, als bekäme er einen Schlag, als er von Hägens Schicksal hörte. Die Bilder der drohenden, dunklen Schatten aus dem Wald und dem Höhlendom drängten sich wieder in sein Bewusstsein. Dann tauchte ein Bild von Hagen auf, wie er in der Gewalt dieser unheimlichen Gestalten war. Er schüttelte sich, um die Gedanken zu vertreiben.
    Siggi wechselte einen schnellen Blick mit Gunhild. Auch in ihren Augen stand die Angst um den neugewonnenen Freund, der womöglich Höllenqualen litt.
    »Was werden sie mit ihm anstellen?«, fragte das Mädchen, an Laurion gewandt.
    »Ich weiß nicht, schöne Maid, aber wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben. Die Nacht ist noch lang …«
    »Wir müssen hier doch schon Stunden unterwegs sein«, sagte Gunhild. »Und das Tor öffnet sich bei Tagesanbruch …«
    »Wenn die Nacht vorbei ist …«, meldete sich der Graue zu Wort.
    »Und es ist die kürzeste Nacht des Jahres. Wir müssen Hagen finden und hier wieder raus. Uns läuft die Zeit davon«, sagte Gunhild fest.
    »Zeit ist nicht immer gleich Zeit«, entgegnete der Graue. »Es mag sein, dass hier schon Stunden vergangen sind«, fügte er hinzu, und der Blick seines Auges nagelte das Mädchen förmlich fest, »aber wer sagt dir, kleines Mädchen, dass Midgards Zeit ebenso vergeht?«
    »Es muss …«, begann Gunhild.
    »Es muss gar nichts. Hast du denn immer noch nicht begriffen, dass die Gesetze der Anderswelt andere sind als die, welche du aus deiner Welt kennst und die ihr Menschen leichtfertig ›Naturgesetze‹ nennt, als ob sie immer und überall Gültigkeit hätten.« Der Graue hatte sich in Rage geredet, und es schien fast, als ob er selbst mit seiner Worten größer und bedrohlicher geworden sei. »Und hier gelten andere Regeln als bei euch, holdes Kind.«
    »Aber …«, wagte Siggi einzuwerfen.
    Der Alte wirbelte herum. Sein weiter Umhang wehte wie im Sturmwind, so heftig war seine Bewegung. Mit lauten Krächzen flogen die Raben auf.
    »Lass gut sein, Einauge«, sagte Laurion, und in seiner Stimme lag ein Unterton, den die Kinder nicht zu deuten wussten. Der Alte sah den Lios-alf einen Moment zornig

Weitere Kostenlose Bücher