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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Leben, schrecklicher Nibelung!‹
    Doch Odin öffnete sein zweites Auge, das aus den Tiefen von Mîmirs Quell immer nach innen blickt, und er sah den Unsichtbaren, trat von hinten an ihn heran und zog ihm den Ring vom Finger.
    Da verwandelte Loki sich, seiner Natur gemäß, in eine lodernde Flamme, dass alle von ihr geblendet waren. Und als Alberich wieder zu sehen vermochte, lag er gebunden auf dem höchsten Gipfel von Midgard, und Odin wies ihm den Ring der Macht und sprach: ›Wenn dir dein Leben lieb ist, so wirst du uns den Schatz ausliefern, bis auf das letzte Stück.‹ Und Alberich, des Ringes beraubt, hatte keine Wahl, als ihnen zu Willen zu sein, und so schafften in nächtlicher Arbeit die Schwarzalben den Schatz ihres Königs hinauf gen Asgard, Stück um Stück.
    ›Bist du nun zufrieden?‹ fragte Alberich. ›Das ist alles.‹
    ›Bis auf das Halsband Brisingamen‹, sprach Odin.
    Da riss sich Alberich das Geschmeide vom Hals und warf es auf den Haufen und verfluchte alles an dem Schatz, das nicht aus freiem Willen gegeben sei. Dann stürzte er sich zurück in die dunkle Kluft, der er entstiegen war.
    Als nun die Riesen mit Freya zurückkehrten, da erblickten sie das Gold, und so groß war die Macht jenes Goldes in der Altvorderenzeit, dass Fafnir und sein Bruder sagten: ›Wenn ihr uns die Göttin mit Gold bedeckt, dann wollen wir das Gold an ihrer statt nehmen.‹
    So bedeckten sie Freya mit Gold, bis nur noch eine schimmernde Locke hervorsah. Fasolt wollte es dabei bewenden lassen, doch Fafnir sagte: ›Was ist es, das da an deinem Finger glänzt, Allvater? Ist das nicht auch noch Teil des Schatzes?‹
    ›Das ist mein Ring, den lasse ich nicht!‹ rief Odin.
    ›Dann ist die Göttin unser‹, antwortete Fafnir.
    Da warf Odin den Ring auf den Haufen Goldes, und er verfluchte den Ring und sprach: ›Ewigen Zwist soll dieser Ring bringen, Bruder gegen Bruder, Erbe gegen Erben, Sohn gegen Sohn, ehe er nicht in den Tiefen von Mîmirs Brunnen liegt, woher er genommen wurde!‹
    Da aber Freya sich erhob, hatte sich das Brisingamen wie von selbst um ihren Hals gelegt, und Fasolt, der sie so sah, entbrannte in Liebe zu ihr und sagte: ›Herrin, mehr ziemt es diesem Geschmeide, Euch zu zieren, als in den Tiefen der Erde zu verdämmern. Darum gebe ich es Euch aus freien Stücken von meinem Anteil des Schätzes.‹
    Darauf ergrimmte sein Bruder und sagte zu ihm: ›Du verteilst die Beute freigebig, bevor wir uns noch einig wurden. So werde ich denn den ganzen Schatz behalten, und nichts soll dir übrig bleiben.‹ Und er nahm eine Keule und erschlug seinen Bruder, und so wurde der erste Teil von Odins Fluch erfüllt. Dann raffte er den Schatz zusammen und schaffte ihn fort, in eine tiefe Höhle, und ließ sich darauf nieder, um zu brüten.
    Und darum liegt kein Fluch auf dem Halsband Brisingamen, weil es aus freien Stücken gegeben wurde, und Freya trug es lange Jahre in Walhall, zu ihrem Ruhme und zur Freude der Götter.«
    Keiner wagte, etwas zu sagen, obwohl Siggi und Gunhild viele Fragen auf den Lippen brannten. Vor allem in Gunhilds Kopf wirbelten die Gedanken. Dieses Halsband? Ein Erbstück aus dem Reich der Sagen und Legenden? Sie berührte das Metall an ihrem Hals; es fühlte sich warm an, keineswegs kalt, wie Gold sonst war, aber es war hart, konkret, wirklich. Doch wenn das alles wirklich so war, dann …
    Sie führte den Gedanken nicht zu Ende. »Wir müssen weiter«, sagte Laurion, der ebenfalls ergriffen geschwiegen hatte. Er beugte das Knie vor der Königin, und die anderen Lios-alfar taten es ihm gleich. Siggi machte eine Verbeugung, weil ihm ein Kniefall irgendwie komisch vorgekommen wäre, aber Gunhild brachte einen regelrechten Knicks zustande, was er ihr gar nicht zugetraut hätte. Nur der Alte gab kein Zeichen der Ehrerbietung von sich, als sie sich wortlos zurückzogen.
    Als die Gruppe die Kristallgrotte bereits verlassen hatte, hörten sie noch einmal ihre Stimme. »Lass dein Herz sprechen, Einauge. Gefühle und Weisheit sind nicht immer eins. Höre auf die Stimme deines Herzens.«
    Der Graue knurrte unwillig. Siggi sah, wie sich die Miene des Alten für einen Moment verfinsterte, doch wie immer ging dieser Eindruck schnell vorbei, und wäre da nicht das fortwährende Zucken unter der Lederhaut des toten Auges, könnte man meinen, den Grauen ging das alles nichts an.
    Gunhild konnte nicht von ihrem Geschmeide lassen. Ständig berührte sie es oder sah an sich herunter.
    Es war schön. Mit

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