Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
Olgoi-Khorkhoi
»Ein sehr beruhigender Gedanke«, sagte Philippa.
»Oh, ich würde mir keine Sorgen machen«, sagte der Professor. »Seine Zeit liegt zehntausend Jahre zurück. Und wie die Tiere, die die Erde damals bevölkerten – die Dronte, der Riesenlemur, der Moa, der Elefantenvogel, der Haastadler, der Mongolische Todeswurm und zwei Arten des Madagassischen Flusspferdes –, ist auch dieser Vulkan hier ausgestorben. So wie die beiden anderen mongolischen Vulkane, von denen ich euch vorhin erzählt habe, der Busa-Obo und der Khanuy Gol. Ich bezweifle, dass dieser hier in den letzten zehn- oder zwölftausend Jahren noch einmal ausgebrochen ist.«
»Der Haastadler«, sagte Axel, »das war ein Riesenraubvogel, nicht?«
»Ganz recht«, sagte der Professor. »Der größte Adler, den es je gegeben hat. Er war mindestens doppelt so groß wie die größten heutigen Adler.«
»Ich glaube, so einem bin ich schon mal begegnet«, sagte John.
»Wirklich?«, fragte Axel.
»Erinnere mich daran, dass ich dir von ihm erzähle«, sagte John.
»Aber nicht jetzt, ja?«, sagte Philippa. »Lasst uns von hier verschwinden. Ich friere mich an diesem scheußlichen Ort zu Tode.«
Sie stiegen die Leitern hinauf bis zur obersten Plattform, auf der sie das Skelett von Kauwidas Fohlen gefunden hatten.
»Ich finde fast, jemand sollte dem armen Ding ein anständiges Begräbnis gewähren«, sagte John.
»Da spricht das Kamel in dir«, sagte Philippa. »Außerdem
wurde
es schon begraben, falls du das vergessen hast. Und zwar hier. Vor achthundert Jahren.«
»Du weißt, was ich meine«, sagte John.
»Nicht wirklich«, gab Philippa zu. »Aber wenn es dir hilft, dann nimm es mit.« Sie hob Moby auf und steckte ihn sich unter den Arm.
John betrachtete die Knochen des kleinen Kamels, von denen es ziemlich viele gab, und beschloss, nur einen Oberschenkelknochen mitzunehmen. Er nahm ihn nicht als Souvenir mit, sondern als Andenken an eine Erinnerung, die ihm nun am Herzen lag. Streng genommen, war es Kauwidas Erinnerung, aber für John war es schwer zu unterscheiden, wo seine Erinnerungen endeten und die des Kamels begannen.
Axel kletterte zum Loch hinauf, das an die Oberfläche führte. »Hast du wirklich einen Haastadler gesehen?«, fragte er.
»Ehrlich gesagt, nein«, antwortete John.
»Das dachte ich mir«, sagte Axel.
»Es war ein Rukhkh«, sagte John. »Aber er hätte ohne Weiteres mit dem Vogel verwandt sein können, den du beschrieben hast.«
»Ja, das muss einem einen ordentlichen Ruck versetzen, wenn man einem Riesenvogel gegenübersteht«, sagte Axel, während er aus dem Loch kletterte.
»So einen Ruck meine ich nicht«, sagte John. »Es war ein prähistorischer Quetzalcoatlus. Ein riesiger Pterodaktylus, der einenElefanten so mühelos davontragen konnte wie eine Eule eine Feldmaus.«
Axel wollte John gerade fragen, wo er diesen Vogel gesehen hatte, als seine Worte in einem gellenden Schmerzensschrei untergingen, der von einem blauen Aufblitzen begleitet wurde. Dann folgte tiefe Stille.
»Was war das?«, fragte der Professor.
»Axel?«, rief John. »Alles in Ordnung mit dir?«
Es kam keine Antwort.
John wollte gerade den Kopf aus dem Loch stecken, um nachzuschauen, was passiert war, als Philippa ihn zurückhielt.
»Vergiss nicht, was Nimrod gesagt hat«, flüsterte sie. »Über die Sprengfallen.«
Sie blieben im Loch und riefen abermals nach Axel, und als sie keine Antwort hörten, riefen sie nach Groanin und nach Nimrod, von denen ebenfalls keine Antwort kam.
Der Professor wühlte in seiner Tasche und holte den Brunton-Kompass heraus. »Er hat einen Spiegel«, erklärte er. »Den kann ich über den Rand des Lochs schieben und mich umsehen, ohne zu riskieren, verletzt zu werden.«
Er ließ den Kompass rund um den Rand der Graböffnung wandern, stockte und schloss für einen Moment die Augen.
»Was ist?«, fragte John. »Was sehen Sie?«
»Axel«, antwortete der Professor leise. »Er ist tot.«
»Was?« Philippa schluckte laut. »Das kann nicht sein. Woher wissen Sie das? Lassen Sie mich mal sehen.«
»Er ist tot«, beharrte der Professor, als Philippa ihm den Brunton aus der tauben Hand nahm und ihn hochhielt, um selbst aus dem Loch zu schauen. Was sie sah, erfüllte sie ebenso sehr mit Grauen wie mit Fassungslosigkeit.
Axels Körper lag rauchend und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt nur wenige Zentimeter neben der Graböffnung. Auch für Philippa gab es keinen Zweifel, dass er wirklich tot war. Doch
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