Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
gegeben.
›Lasst den Feind nichts von meinem Tode wissen‹, befahl er seinen Männern. ›Zeigt auf keine Weise Trauer um mich, damit der Feind nichts davon erfahre. Setzt die Belagerung fort, und wenn sie irgendwann aufgeben, vernichtet sie.‹
Klar, dass seine Söhne und Generäle diesen Befehlen gehorchten. Dschingis Khan hatte immer bedingungslosen Gehorsam gefordert. Außerdem galt es, neben diesem Feldzug das Erbe seiner Söhne und die Sicherheit des gesamten Mongolischen Reichs zu bedenken. Stellt euch nur mal vor: ein Reich, das sich über ein Fünftel der gesamten Landmasse der Erde erstreckt, neunzehn Millionen Quadratkilometer, vom Pazifik bis zum Kaspischen Meer. Dschingis wusste, wie schwer es war, ein Reich dieser Größe unter Kontrolle zu halten. Viele würden auf die Nachricht seines Todes mit Freude und höchstwahrscheinlich auch mit Aufständen reagieren, da die Menschen überall in Europa und Asien versuchten, das grausame Joch der Mongolen abzuwerfen.
Es mag diese strategische Notwendigkeit der Geheimhaltung gewesen sein, die dafür sorgte, dass sein Begräbnis bis heute von Geheimnissen umwittert ist. Und sie hat vermutlich funktioniert, denn die Menschen hielten Dschingis Khan noch Jahre später für lebendig oder für einen Gott, der nicht sterben konnte. Alles in allem war der Umgang der Mongolen mit Dschingis Khans Tod ein Lehrstück in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und Medienmanipulation.
Natürlich war es Sitte, einen großen Herrscher angemessen zu begraben, mit vielen seiner Schätze und Besitztümer. Im Fall von Dschingis Khan bedeutete das riesige Mengen an Gold und Juwelen, seinen Lieblingssattel, sein Schwert, mehrere Ehefrauen und die Hotaniya-Kristalle des Kaisers von Xixia, Xuanzong. Und damit standen die Mongolen vor einem Problem. Wie und wosollten sie Dschingis Khan in Ehren begraben, ohne Aufmerksamkeit auf seine Begräbnisstätte zu lenken? Schließlich ging es seinen Söhnen nicht nur darum, die Vorstellung aufrechtzuerhalten, ihr Vater sei noch am Leben, sondern auch das Grab davor zu bewahren, von Grabräubern geplündert zu werden.
Sklaven hoben ein riesiges unterirdisches Mausoleum aus und wurden anschließend bis auf den letzten Mann niedergemetzelt. Auch die Soldaten, die diese Sklaven töteten, wurden hingerichtet. Ihre Leichen füllten einen großen Teil des Mausoleums.
Als das Grab fertig war, machte sich der Leichenzug auf den Weg, und da man nichts dem Zufall überlassen wollte, wurden alle, denen man unterwegs begegnete, ebenfalls umgebracht. Es heißt, zwanzigtausend Menschen seien getötet worden, um die Stätte von Dschingis Khans Grab geheim zu halten.
Natürlich war den Söhnen und Brüdern von Dschingis Khan daran gelegen, sein Grab wiederfinden zu können, damit sie es besuchen und seiner gedenken konnten. Doch das stellte sie vor ein Problem. Wie sollten sie sich die Stelle merken, an der er begraben lag, wenn diese nicht gekennzeichnet war? Es gab weder genaue Karten noch Längen- oder Breitenangaben oder irgendwelche Satellitennavigationsmittel, die ihnen hätten helfen können. Was die Sache noch komplizierter machte, ist die Tatsache, dass die Mongolei, wie ihr noch sehen werdet, aus riesigen Ebenen besteht, die man Steppen nennt und in denen kaum geografische Orientierungspunkte wie Berge oder Täler zu finden sind, die einem weiterhelfen können.
Als sich schließlich eine Lösung fand, stellte sich heraus, dass sie diese buchstäblich die ganze Zeit über vor der Nase gehabt hatten. Gerüche spielen in der mongolischen Kultur eine große Rolle. Körpergeruch hielt man sogar für einen wichtigen Bestandteilder menschlichen Persönlichkeit. Wenn man bedenkt, dass sie damals nie gebadet haben, muss die menschliche Seele also ziemlich stark gemüffelt haben. Infolgedessen pflegten die Mongolen, so wie andere Leute sich küssten oder die Hände schüttelten, einander zu beschnüffeln wie Hunde. Auf jeden Fall kamen sie zu dem Schluss, dass die beste Erinnerungsstütze zum Auffinden von Dschingis Khans Grab der Geruch sei – allerdings nicht der Geruch Dschingis Khans, der sicher auch kräftig genug gewesen wäre –, nein, es war ein anderer Geruch, den sie zu verwenden beschlossen.
Als Volk von Nomaden kannten sich die Mongolen mit Tieren gut aus, besonders mit Pferden, Ziegen und Kamelen. Sie wussten, dass Kamele einen ausgezeichneten Geruchssinn besitzen, ganz zu schweigen von einem phänomenalen Gedächtnis. Kamele sind in der Lage,
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