Die Kinder des Dschinn. Das Akhenaten-Abenteuer
schweißüberströmt.« Dann nahm er ein Platzdeckchen und fächelte sich damit Luft zu. »Von wem ist das Rezept? Von Luzifer? Von der spanischen Inquisition?« Er rülpste laut. »Fandest du das etwa witzig, junger Mann? Ist das deine Art von Humor?«
»Nein, Sir«, sagte John. »Ich habe Sie ja noch gewarnt, dass es etwas scharf sein könnte.«
»Das stimmt«, gab Groanin zu. »Das kann ich nicht abstreiten. Aber vor dem Zeug sollte offiziell gewarnt werden.«
John erwähnte lieber nicht, dass es eigentlich Nimrods Vorschlag gewesen war, dem Butler von Creemys Sonderspezialgericht anzubieten. Der arme Mann hatte eindeutig genug gelitten und würde die Geschichte eine ganze Weile nicht komisch finden.
Als Groanin sich wieder erholt hatte, brachte er die Zwillinge beinahe ohne weitere Klagen zur Sound-und-Lichter-Show bei den Pyramiden. Aus Höflichkeit verschwiegen sie, dass sie die Show bereits aus der Ferne gesehen hatten. Creemys Sonderspezialrezept erwähnte der Butler mit keinem Wort mehr.
Der dritte Wunsch
eim Frühstück am nächsten Morgen war von Onkel Nimrod nichts zu sehen.
»Vielleicht ist es gestern Abend bloß spät geworden«, sagte Philippa hoffnungsvoll.
»Komm, wir schauen in seinem Zimmer nach«, schlug John vor.
Doch keiner der Zwillinge erwartete ernsthaft, ihren Onkel noch im Bett vorzufinden.
Nimrods Schlafzimmer nahm den größten Teil des Erdgeschosses ein. Vor der Doppeltür standen zwei mannshohe Statuen mit Schakalköpfen. Es waren Abbildungen des Totengottes Anubis. Die Einrichtung im Inneren lud eher zum Arbeiten als zum Schlafen ein, denn Nimrod benutzte den großen Raum auch als Büro. Auf einem großen Walnusstisch stand ein Computer. Neben einem Stuhl aus Hirschgeweih befand sich ein hohes Regal, auf dem eine große glockenförmige Glasflasche thronte. In ihr schwamm ein riesiger blauer Hummer, und am Flaschenhals hing ein Schild mit der handgeschriebenen Aufschrift BITTE NICHT ESSEN. Neben dem Bett stand eine große vergoldete ägyptische Truhe voller Hieroglyphen, die eine Unmenge von Medizinfläschchen beherbergte. Der Rest des Zimmers vermittelte den Eindruck, dass Onkel Nimrod entwederalles sammelte oder nichts wegwarf. Überall befanden sich Stapel von Aktenkoffern, Laptops, CDs, die immer noch in Plastikfolie steckten,
Astragali -Würfel
, Schachteln voller Brillen, Armbanduhren, goldenen Füllhaltern und Feuerzeugen, Zigarrenkästen, Medikamente und Notizbücher. Zudem gab es einen begehbaren Kleiderschrank mit Hüten und Schuhen, mehreren Dutzend Krawatten und mindestens hundert Anzügen in den verschiedensten Stoffen und Farbschattierungen. Diverse Bücherpyramiden umgaben das riesige Bett im französischen Empirestil. Es war mit feinsten irischen Leinenbetttüchern bezogen, auf denen niemand geschlafen hatte.
»Die Garage«, sagte Philippa. »Vielleicht steht das Auto da.«
Nimrods Garage hinter dem Haus war genauso voll wie sein Schlafzimmer. Die Kinder entdeckten ein uraltes Motorrad mit dem Markennamen Vincent, einen Rennschlitten des britischen Olympiateams (was in Ägypten besonders unpassend wirkte), mindestens ein Dutzend Perserteppiche, die wie Pfannkuchen aufeinander gestapelt waren, mehrere Crickettaschen voller Sportutensilien, ein Laufband und einen Sarkophag aus Granit. Doch von dem weißen Cadillac war nichts zu sehen. Die Zwillinge mussten sich eingestehen, was sie schon längst geahnt hatten: Onkel Nimrod war von seinem nächtlichen Ausflug nicht zurückgekehrt.
»Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache«, sagte Philippa.
»Ich auch«, gab John zu. »Was wollen wir tun?«
»Wir müssen Creemy und Mr Groanin Bescheid sagen. Und ihn dann suchen.«
Die Zwillinge fanden Mr Groanin in seinem Zimmer, wo er eine Ausgabe des gestrigen
Daily Telegraph
las und dazu ein Gläschen Babynahrung zum Frühstück aß. »Haferbrei mit Brombeeren und Apfel«, erklärte er, als er die Zwillinge sah. »Mmm, köstlich.«
»Ich begreife nicht, wie Sie das Zeug runterkriegen«, sagte John. Er sah sich im Zimmer um, das mit verblassten Bildern von Shakespeare, Shelley und Lord Byron tapeziert war.
»Und das muss ich mir von einem Jungen mit Asbest-Magen anhören«, gab Groanin zurück und steckte sich einen Teelöffel glibbrigen Breis in den Mund. »Was kann ich für euch tun?«
»Es geht um Onkel Nimrod«, sagte Philippa. »Er ist gestern Nacht nicht nach Hause gekommen. Sein Bett ist unberührt und der Wagen ist weg.«
Mr Groanin stöhnte
Weitere Kostenlose Bücher