Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
Beule im Bug.«
»Das ist so verrückt, dass es völlig einleuchtet«, sagte Groanin. »Fast jedenfalls.«
»Vermutlich hast du recht, John«, stimmte Nimrod ihm zu. »Genau so muss es sich ereignet haben.«
»Muss eine ziemlich raue Landung gewesen sein«, sagte Groanin.
»Allerdings«, bestätigte Philippa und zeigte ihnen ein wenig Blut auf ihren Fingerspitzen, mit denen sie gerade über die Hülle gefahren war. »Scheint, als hätte sich jemand verletzt.«
Nimrod schmeckte von dem Blut auf dem U-Boot . »Macreeby «, sagte er.
»Woher weißt du das?«, fragte John.
»Menschliches Blut ist kühler als das eines Dschinn«, sagte Nimrod. »Und salziger. Dschinnblut schmeckt eher nach Schwefel. Wie eine Mischung aus Spargel, Kürbiskernen, Kohl, Knoblauch, Bohnen und Brokkoli.«
»Igitt«, sagte John, der Gemüse nicht ausstehen konnte undsich fragte, wie er überhaupt ein Dschinn sein konnte, wenn sein Blut derartig schmeckte.
Die vier näherten sich dem steinernen Ankerblock, der den Anfang der Brücke markierte. Diese bestand aus zwei Seilen, die als Handlauf dienten, sowie zwei Tragseilen für die Lauffläche aus Matten.
»Die Inka liebten diese Art von Brücken«, sagte Nimrod. »Nicht zuletzt deshalb, weil sie nichts mit Rädern transportierten. Allerdings bestanden sie meist aus geflochtenem Ichu-Gras und nicht aus Menschenhaar, wie diese hier.«
»Aus Menschenhaar? Wozu soll das gut sein?«, fragte Groanin erschrocken.
»Ich vermute, durch Menschenhaar wird sie wesentlich stabiler als eine einfache Grasbrücke«, sagte Nimrod.
»Na, das wollen wir hoffen«, sagte Groanin. »Ich bin nicht besonders erpicht auf einen Spaziergang über dieses Ding.«
»Ich wüsste wirklich nicht, aus welchem anderen Grund jemand eine Brücke aus Menschenhaar errichten sollte«, gab Nimrod zu.
Groanin wischte sich mit dem Taschentuch den Schweiß von seinem kahlen Schädel. »Als jemand mit eher spärlichem Bewuchs muss ich sagen, dass mir auch nichts Besseres einfällt.«
»Also«, sagte Nimrod. »Wer geht als Erster?«
Niemand sagte etwas.
»Dann sollte ich es wohl lieber tun«, sagte Nimrod. »Und ihr anderen versucht, die Sache von der positiven Seite zu sehen. Wenn mit der Brücke irgendetwas nicht stimmen würde, hätten sich Macreeby und die anderen wohl kaum entschlossen,sie zu benutzen, oder?« Er deutete über die durchhängende Seilkonstruktion in den Nebel. »Da sie nicht auf dieser Seite sind, müssen wir davon ausgehen, dass sie schon drüben auf der anderen Seite sind.«
»Ja«, sagte Groanin. »Aber auf der anderen Seite von was genau?«
»Genau?«, sagte Nimrod. »Ich vermute, dass wir uns in einer von Dschinn erschaffenen Welt befinden. In Manco Cápacs Dschinnwelt.«
»Du meinst, das hier ist so etwas Ähnliches wie das Innere einer Dschinnlampe?«, hakte Philippa nach.
»So ist es. Nur viel, viel größer. Und mir ist inzwischen klar geworden, dass Manco Cápac zumindest anfangs ein wesentlich mächtigerer Dschinn gewesen sein muss, als man je vermutet hat.«
»Wie kommt es dann, dass Groanin noch am Leben ist?«, fragte John. »Menschen können doch im Innern von Dschinnlampen nicht existieren.«
»Nein, das können sie nicht«, sagte Nimrod. »Vielleicht liegt es an der unglaublichen Dimension dieser Welt, dass er weiteratmen kann. Andererseits könnte das hier auch das Höhlensystem sein, durch das Manco Cápac und seine Geschwister aus einer Dschinnwelt in die Welt der Menschen gelangt sind. Das jedoch höchst instabil ist, um nicht zu sagen gefährlich. Im Grunde dürfte es zwischen diesen beiden Welten keine Verbindung geben.«
»Der unterirdische Kamin«, sagte Philippa.
»Ja, das muss die Verbindung sein«, stimmte Nimrod ihr zu.
»Na, dann ist ja alles in Ordnung«, sagte Groanin. »Ich hatte schon gedacht, ich wäre in Schwierigkeiten.«
Nimrod trat mit einem Fuß auf die Brücke, drehte sich dann noch einmal um und sagte: »Lasst etwa drei Meter Abstand zwischen euch, um das Gewicht zu verteilen. Groanin, Sie übernehmen die Nachhut. Und versuchen Sie, nicht nach unten zu schauen.«
»Jawohl, Sir.«
Sobald sie auf die Brücke traten, begann diese zu wackeln. Zuerst war es nicht mehr als ein leichtes Seitwärtsschaukeln, doch nach und nach begann sie wie ein Pendel hin- und herzuschwingen.
Groanin blieb stehen. »Sie ist ein bisschen wacklig«, stellte er fest.
»Das ist nur ein positives Biofeedback-Phänomen«, verkündete Nimrod. »Auch bekannt als
Weitere Kostenlose Bücher