Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
der sich öffnen ließ, indem man in einer bestimmten Abfolge auf Diamanten und Adler drückte. Als ich dahinterkam, dass dieser Marschallstab Hermann Göring gehört hatte, wurde mir klar, dass der Hohlraum entworfen worden war, um etwas sehr Wertvolles darin zu verstecken.«
»Wer ist Hermann Göring?«, fragte Dybbuk achselzuckend, weil die Art und Weise, wie Harry Blennerhassit den Namen ausgesprochen hatte, nahelegte, dass er eigentlich von ihm gehört haben sollte.
»Ein Nazi – rücksichtslos und brutal. Er war Hitlers Stellvertreter und Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe«, erklärte Brad.
»Und was hat es mit dem Marschallstab auf sich?«, hakte Dybbuk nach.
»Das will ich dir sagen«, fuhr Mr Blennerhassit fort. »1945, einen Monat nach dem Sieg der Alliierten in Europa, als die amerikanischen Truppen in Deutschland Kriegsbeute sammelten, nahm General Patch, der Kommandant der 7. Amerikanischen Armee, Hermann Göring gefangen und vermachte den Marschallstab Präsident Harry Truman als persönliche Kriegstrophäe.«
»Seitdem«, sagte Brad, »ist er ein Ausstellungsstück im Militärmuseum von Fort Benning in Georgia. Er liegt da einfach herum, Buck. Es haben ihn zwar schon viele in der Hand gehabt, aber bisher scheint keiner den versteckten Mechanismus entdeckt zu haben und – was noch viel wichtiger ist – das, was Göring vor seiner Gefangennahme womöglich darin versteckt hat. Vielleicht Diamanten. Göring hatte eine Vorliebe für Diamanten, sagt Dad.«
Dybbuk war fasziniert. Er liebte Geschichten über verlorene Schätze. »Wow«, sagte er. »Ich frage mich, wie viele Diamanten man in einem solchen Stab unterbringen kann?«
»Lass es uns herausfinden, ja?« Mr Blennerhassit legte einen in Luftpolsterfolie gewickelten Gegenstand auf den Tisch. »Ich habe mit Hilfe des ursprünglichen Entwurfs eine Kopie anfertigen lassen, Buck. Dieser Stab hier ist aus Kunstharz gefertigt und die Diamanten sind Imitate, aber er gleicht dem echten aufs Haar.« Er wickelte den gefälschten Marschallstab aus der Folie. Dann drückte er auf die Diamanten und Adler. »Und der Mechanismus funktioniert natürlich tadellos.«
Bei diesen Worten sprang eines der diamantenbesetzten Endstücke auf, und als Harry Blennerhassit den Stab umdrehte, rollte ein ganzer Haufen Paranüsse auf den Tisch. »Das hier sind fünfunddreißig Nüsse«, sagte er. »Wenn jede dieser Nüsse ein Diamant wäre – na ja, du kannst dir den Wert sicher ausmalen.«
»Millionen«, sagte Buck und grinste.
»Ein Drittel von dem, was wir finden, gehört dir, Buck«, sagte Brad. »Du musst nichts weiter tun, Kumpel, als mit Hilfe deiner besonderen Einbrecherqualitäten im Militärmuseumvon Fort Benning diesen Stab gegen den echten auszutauschen.«
Dybbuk überlegte kurz. Geld war für ihn nicht von Bedeutung: Da er ein Dschinn war, konnte er über Geld verfügen, wann immer er wollte. Aufregung und Spaß dagegen waren in Palm Springs, wo hauptsächlich alte Leute lebten, schon wesentlich schwieriger zu haben; und der Einbruch, den Brads Dad da vorschlug, hörte sich nach einer Menge Spaß an. Er kam zu dem Schluss, dass es noch nicht mal ein Vergehen wäre – jedenfalls nicht, wenn er den Stab zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurücktauschte. Und was seinen Inhalt anging, so konnte man wirklich schlecht von Diebstahl reden. Dybbuk konnte beim besten Willen nicht einsehen, wie man etwas stehlen konnte, von dessen Existenz im Museum überhaupt nichts bekannt war. Aber konnte er die Sache durchziehen, ohne den Blennerhassits sein kleines Geheimnis zu offenbaren, dass er ein Dschinn war? Denn das würde alles verderben: Sie würden sich mehr dafür interessieren, drei Wünsche gewährt zu bekommen, als für das, was in Görings Marschallstab verborgen war. Von daher könnte es womöglich schwieriger werden, seine wahre Identität vor ihnen geheim zu halten, als die Marschallstäbe auszutauschen.
Schwierig, aber nicht unmöglich. Dybbuk nickte langsam.
»Heißt das, du bist dabei?«, fragte Brad aufgeregt. »Du machst es?«
»Klar mache ich es«, sagte Dybbuk und grinste.
Das wird ein Spaß
, dachte er.
Sie flogen nach Atlanta, mieteten einen Wagen und fuhrenknapp hundert Kilometer nach Süden bis nach Fort Benning, wo sie in einer Pension in der Nähe der Militärbasis Zimmer nahmen. Von dort waren es nur wenige Häuserblocks nach Osten bis zum Infanteriemuseum, wo ein großes Sortiment an Waffen, Uniformen, Helmen,
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