Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
Telegraph
unter dem Arm. Es war Groanin.
Die Zwillinge sprangen auf und umarmten ihn herzlich.
»Was macht ihr hier?«, sagte Groanin noch einmal. »Ich dachte, ich hätte euch gesagt, dass Mr Rakshasas und Seine Durchlauchtigkeit verreist sind.«
»Wir hatten gehofft, dass sie vielleicht zurück wären, bis wir hier ankommen«, gestand Philippa.
»Nein, sind sie nicht«, sagte Groanin nur. »Hab seit ihrer Abreise kein Sterbenswörtchen mehr von ihnen gehört.« Er nickte in Richtung Dybbuk. »Und wer ist das da?«
»Das ist Dybbuk«, sagte John.
Dybbuk verdrehte die Augen und gab einen Laut wie ein Fagott von sich. Er konnte seinen Namen nicht ausstehen. »Buck. Nur Buck. Okay?«
»Er steckt in Schwierigkeiten«, fuhr Philippa fort. »Er ist in eine amerikanische Militärbasis eingedrungen, hat einen Leonardo da Vinci gestohlen und dann sind da noch ein paar Leute mit Giftschlangen, die ihn wahrscheinlich umbringen wollen.«
»Ist das alles?«, bemerkte Groanin. »Dann kommt besser ins Haus, bevor ihr euch in der Kälte den Tod holt. Was an einem Apriltag wie heute wesentlich wahrscheinlicher ist, als an einem Schlangenbiss zu sterben.« Er reichte Philippa die Zeitung. »Hier! Halte sie bitte einen Moment.« Er nahm den Haustürschlüssel, schloss auf und öffnete die Tür. »Nicht dass ich mich mit Schlangen auskennen würde. Tiger! Das ist allerdings was anderes!« Groanin scheuchte sie alle ins Haus und in die Küche, und während er ihnen etwas Heißes zu trinken zubereitete, erzählte er ihnen, wie er in der Bibliothek des Britischen Museums durch einen Tiger seinen Arm verloren hatte. Die Zwillinge kannten die Geschichte bereits, aber sie hatte auch beim zweiten Hören nichts von ihrer schaurigen Faszination verloren.
»Apropos Bibliotheken«, sagte Philippa. »Mir ist da etwas eingefallen. Da Mr Rakshasas noch nicht zurück ist, könnten wir vielleicht seine Bibliothek benutzen. Die in seiner Lampe.Sie hatten doch gesagt, dass er seine Lampe hiergelassen hat, als er mit Nimrod verreist ist.«
»Das ist richtig«, sagte Groanin. »Und es sieht ihm überhaupt nicht ähnlich. Die Bibliothek ist sein ganzer Stolz. Nicht dass ich sie selbst schon gesehen hätte. Aber Nimrod hat erzählt, dass sie mehr als zehntausend Bücher enthält.«
»Haben wir da nicht was vergessen?«, warf Dybbuk ein. »Ohne Dschinnkräfte keine Transsubstantiation, also auch keine Möglichkeit, in seine Lampe zu kommen. Schließlich ist es hier in London kein bisschen wärmer als in New York.« Er schauderte. »Und in diesem Haus auch nicht.«
»Mir gefällt es so«, sagte Groanin.
»Ich weiß nicht, wie wir uns in Rauch auflösen sollen, wenn es hier keine Sauna oder ein Dampfbad gibt.«
»Für was hältst du das hier, Jungchen«, wollte Groanin wissen. »Den CVJM?«
»Dann müssen wir wieder eine Schwitzhütte bauen«, sagte John. »Am besten im Garten. Dafür müssen wir natürlich ein paar kleine Bäume fällen und das Gerüst dann mit alten Teppichen abdecken …«
»Kommt nicht in Frage«, sagte Groanin. »Ihr tut nichts dergleichen. Die Bäume des gnädigen Herrn beschädigen? Und seine kostbaren Perserbrücken für eine – wie habt ihr das genannt? –, eine Schwitzhütte verwenden? Ausgeschlossen. Als Nimrods Butler ist es meine Pflicht, mich um sein Haus und seinen Garten zu kümmern und nicht noch bei ihrer mutwilligen Zerstörung mitzuhelfen.«
»Hat Nimrod irgendwelche Andeutungen gemacht, wann er zurückkommen wird?«, fragte Philippa, die es für klügerhielt, das Thema zu wechseln. Sie wartete einen Moment, und als Groanin keine Antwort gab, hakte sie nach: »Haben Sie überhaupt etwas von ihm gehört?«
Der Butler sah immer düsterer und besorgter drein und begann seinen Armstumpf zu massieren, der ihm immer dann weh tat, wenn ihm etwas Gedanken machte. »Nicht ein Wort, Miss.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, er hat nicht gesagt, wann er und Mr Rakshasas zurückkommen. Das alles sieht ihnen überhaupt nicht ähnlich.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wohin sie gefahren sein könnten?«, fragte John.
»Ich weiß nur, dass Nimrod vom Zahnarzt zurückkam und ein ziemlich besorgtes Gesicht machte. Kurz darauf erklärte er mir, dass er und Mr Rakshasas verreisen würden und dass er bedaure, mir nicht sagen zu können, wohin. Das sei nur zu meinem eigenen Besten und dem gewisser anderer Leute, die vielleicht dumm genug sein könnten, ihnen zu folgen. Was mich vermuten ließ, dass er damit
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