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Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra

Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra

Titel: Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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«, sagte John.
    Dybbuk sah auf das beleuchtete Ziffernblatt seiner Armbanduhr. »Um drei Uhr morgens?« Wieder blieb er stehen und horchte. »Außerdem haben sie beim Meditieren nie so gesungen. Hört doch mal.«
    »NA-GA NA-GA. NA-GA   …«
    »Naga«, flüsterte Dybbuk. »Sie singen Naga.«
    Die drei erschauerten, nicht vor Kälte, sondern vor Angst, als sie begriffen, dass dieser monotone Singsang, der beständig wiederholt wurde, das altindische Wort für
Schlange
war.
     
    »Ich hab ein ganz mulmiges Gefühl bei dieser Sache«, meinte Philippa.
    »Das hast du schon mal gesagt«, antwortete Dybbuk.
    »Hab ich nicht. Ich hab gesagt, dass nichts Gutes dabei herauskommen wird, wenn wir den Kobrakönig behalten. Ich hoffe nur, mein mulmiges Gefühl hat nichts damit zu tun. Ausnahmsweise lege ich nicht den geringsten Wert darauf, Recht zu behalten.«
    »Wer’s glaubt, wird selig«, sagte Dybbuk.
    Weiter oben wurde ein schwacher Lichtschein sichtbar und Dybbuk knipste die Taschenlampe aus. Am Ende der steilen Steintreppe begann ein enger Tunnel, der an einer metallenen Leiter endete, die fünf bis sechs Meter hoch in einen hohlen Bronzezylinder aufragte. Der Zylinder war etwa anderthalb bis zwei Meter breit und hatte oben eine relativ große Öffnung, durch die ein helles, flackerndes Licht hereindrang sowie der monotone Singsang menschlicher Stimmen:
    »NA-GA, NA-GA, NA-GA, NA-GA, NA-GA.«
    Die drei Kinder kletterten schweigend die Leiter hinauf, wobei ihnen an dem eiskalten Metall fast die Finger kleben blieben, und spähten dann vorsichtig über den Rand der Öffnung. Ein erstaunlicher Anblick bot sich ihren müden und vom Staub verklebten Augen.
    Es war ein in einer Höhle errichteter Tempel mit einer fast zwanzig Meter hohen Decke, der, ein wenig unpassend, von mehreren Lichterketten erleuchtet wurde. Ein seltsamer Nebel waberte über den Boden, wie in einer Zaubervorstellung im Theater, und umhüllte die in Gummistiefeln steckenden Füße von drei- bis vierhundert Männern und Frauen, die mit anbetend erhobenen Armen auf einen Punkt unterhalb des Ausgucks der Kinder blickten. Sie trugen Anoraks und Fleecejacken über ihren orangefarbenen Gewändern und die Gesichter waren mit gelber Farbe beschmiert. Wie in Trance sangen sie unaufhörlich weiter: »NA-GA, NA-GA, NA-GA, NA-GA   …«
    »Der Kobrakult Aasth Naag«, flüsterte Philippa. »Die acht Kobras.« Die Bedeutung des letzten Teils von Colonel Killiecrankies Botschaft – Sucht nach der dritten Schlange. Aber hütet euch vor der achten – war ihr plötzlich sonnenklar. »Wahrscheinlich benutzen sie den Aschram, um ihre Aktivitäten zu tarnen.«
    Die drei jungen Dschinn verstummten, als ihnen die Ironie des Geschehens klar wurde: Der Kult, vor dem sie das Amulett hatten verstecken wollen, befand sich direkt vor ihren Augen, und irgendwie waren sie mitten unter den Menschen gelandet, denen sie am meisten hatten aus dem Weg gehen wollen.
    Inzwischen war ihnen auch klar, was es mit dem Bronzezylinder auf sich hatte, in dem sie sich versteckten. Kurz hinter der Leiter, auf der die Kinder standen, befand sich zwischen zwei mächtigen Zähnen der Ansatz einer gespaltenen Zunge: Sie waren im Innern einer riesigen Statue – der Statue einer aufgerichteten Königskobra. Allerdings warnicht sie der Gegenstand der Verehrung oder Anbetung. Das war dem Mann vorbehalten, der jetzt direkt unterhalb ihres geheimen Aussichtspunktes stand. Es war Guru Masamjhasara, der jedoch ganz anders aussah als zuvor. Statt der weißen Gewänder trug er jetzt einen dicken Pelzmantel gegen die merkwürdige Eiseskälte, die im Höhlentempel herrschte; und seine bis dahin nackten Füße steckten in modischen Lammlederstiefeln.
    Es waren Johns scharfe Augen, die die Quelle der unerklärlich tiefen Temperaturen ausmachten: In einer Ecke des Tempels hantierten zwei
Sadhaks
, die dicke Lederhandschuhe trugen, mit großen Trockeneisblöcken und Flaschen mit flüssigem Stickstoff. »Wofür, um alles in der Welt, brauchen sie die?«, flüsterte er.
    »Keine Ahnung«, sagte Dybbuk. »Vielleicht für die Klimaanlage. An der Oberfläche ist es wahnsinnig heiß. Wer weiß, wie heiß es hier drinnen wäre ohne das Zeug.«
    »Das glaub ich nie im Leben«, sagte John. »Seit ich die Betten im Wohnheim ausprobiert habe, weiß ich, dass dem Guru der Komfort seiner Anhänger völlig schnuppe ist. Hier geht’s um was anderes. Aber was?«
    Der Guru schüttelte seinen Pelzmantel ab und entblößte den

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