Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya
County«, sagte Groanin. »In der Nähe von Glenora, wenn dir das weiterhilft.«
»Nö«, gab John zu.
Nach weiterem, minutenlangem Nachdenken kam Groanin zu dem Schluss, dass sie zuerst mit der Sekretärin des Bürgermeisters, Sheryl Shoebottom, reden sollten. Also gingen sie hinauf zu ihrem Büro und erkundigten sich, ob sie einen Termin bei Seiner Ehren, dem Bürgermeister, bekommen könnten.
»In welcher Angelegenheit?«, fragte Miss Shoebottom.
Sie war eine lange dünne Frau mit einem Pferdegesicht, deren Frisur und Mund aussahen, als hätte man sie in Gips gegossen.
»Der Junge hier ist ein exzentrischer Millionär«, erklärte Groanin. »Er hat Gefallen an der Stadt gefunden und will ihr etwas Gutes tun.«
Da er mit einer Lady sprach, nahm Groanin den Bowler ab. Was bedauerlich war, denn die Stinkwanze, die sich am Strand auf seinem Kopf niedergelassen hatte, hatte bei ihren verzweifelten Versuchen, aus seinem Hut zu entkommen, mehrere üble Stinkattacken losgelassen, die sich zu einer gewaltigen Stinkwolke verbunden hatten. Und diese machte sich in dem Moment bemerkbar, als Groanin den Bowler von seinem Glatzkopf nahm.
Zu Groanins und Johns Glück machte Miss Shoebottom Groanin nicht persönlich für den üblen Geruch verantwortlich. Sie wusste nur zu gut von der Stinkwanzenepidemie, die Bumby heimgesucht hatte. Daher schritt sie, sobald ihr der Geruch in die Nase stieg, mit einer Sprühflasche zur Tat, deren chemischerInhalt gerade mal eine Winzigkeit nach Rosen duftete. Sie sprühte sogar ein wenig davon in Groanins Hut und auf seinen Kopf.
»So ist es besser«, sagte sie.
»Besten Dank«, sagte Groanin, der sich nicht sicher war, ob der chemische Rosenduft wirklich besser war als der Gestank der Stinkwanze.
»Sie sagten gerade?«, erinnerte ihn Miss Shoebottom.
»Jawohl, dass der Junge hier ein exzentrischer amerikanischer Millionär ist, der es sich in den Kopf gesetzt hat, der Stadt einen Gefallen zu erweisen. Drei Gefallen, um genau zu sein.«
Miss Shoebottom musterte John skeptisch, so wie sie vielleicht einen verwahrlosten Hund betrachten würde, der dringend ein Bad braucht. Der Junge war etwa vierzehn Jahre alt. Wahrscheinlich recht groß für sein Alter, mit dunklen Haaren und im Begriff, ein ziemlich gut aussehender Kerl zu werden, wie sie fand. Seine Kleidung war schwarz und unauffällig.
»Ach, wirklich?« Sie verzog das Gesicht. »Wo ist dann die goldene Armbanduhr?«
»Wie bitte, was?«, fragte Groanin.
Miss Shoebottom seufzte ungeduldig. »Ich meine, mein Guter, ohne Ihrem Jüngelchen hier zu nahe treten zu wollen, dass er nicht unbedingt wie ein Millionär aussieht.«
»Na, wer tut das heutzutage schon?«, erwiderte Groanin. »Ich meine, wer sieht denn heute noch wie ein Millionär aus? Um ehrlich zu sein, verwende ich den Ausdruck nur, weil ich mir ein bisschen ordinär vorkomme, hier mit dem B-Wort rumzuprotzen.«
»Mit dem B-Wort ?« Miss Shoebottom runzelte die Stirn.
»Er meint ›Bottom‹«, sagte John.
»Nein, das tue ich nicht«, sagte Groanin. »Und ich wäre Ihnen dankbar, Sir, wenn Sie mir die Erklärungen überlassen würden.« Er sah Miss Shoebottom an. »Das B-Wort wie Billionär.«
»Wenn Sie mich fragen«, sagte diese, »sieht er danach auch nicht aus.«
»Ja, da würde ich Ihnen nicht widersprechen, Gnädigste«, sagte Groanin. »Aber Tatsache ist, dass der Junge die Taschen voll Schotter hat und ich die Ehre habe, sein Butler zu sein. Es liegt in meiner Verantwortung, ihm dabei zu helfen, das Geld an Leute zu bringen, die es nötig haben.«
»Wir hatten noch nie einen Jungen mit einem eigenen Butler in Bumby«, sagte Miss Shoebottom.
»Nur in Yorkshire glauben die Leute, sie hätten alles gesehen, was es zu sehen gibt, das ist wohl wahr«, stellte Groanin fest. »Und dass das, was sie nicht gesehen haben, nicht wert ist, gesehen zu werden. Hören Sie, Gnädigste: Der Junge kann dieser armen Stadt wieder auf die Beine helfen, bevor es zu spät ist.«
»Ich sage Ihnen was, mein Bester«, sagte Miss Shoebottom. »Sie lassen mir Ihre Namen und Ihre Adresse da, und ich sorge dafür, dass Seine Ehren, der Bürgermeister, Sie anruft, wenn er eine Minute Zeit hat. Einverstanden?«
Groanin nickte. »Wir wohnen in der Pension Oase«, sagte er.
»Dem Haus von Mrs Bottomley«, sagte sie. »Das kenne ich.«
John hatte alle Mühe, nicht wieder loszukichern, und verließ hastig das Büro.
»Aber warten Sie nicht zu lange, sonst zieht er mit seiner
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