Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya
beschwört er ständig irgendwelche Katastrophen herauf«, sagte John. »Irgendwie sorgt er dafür, dass Dinge passieren, von denen man wünscht, sie wären lieber nicht passiert.«
»Er bringt Unglück, meinst du?«, sagte Nimrod.
»Richtig«, sagte John. »Und genau das ist in Bumby passiert. Es kann gut sein, dass dieser Jinx der Grund für all die Dinge ist, die dort passiert sind und warum die Stadt eine Zeit lang die unglückseligste Stadt der Welt war.«
»Und dann bringst du ihn ausgerechnet hierher?«, sagte Philippa empört. Dann sah sie My an. »My? Das ist mein Zwillingsbruder John.«
»Ich bin sehr froh, dass ich deinem Bruder und seinem Freund nicht schon früher am Tag begegnet bin«, sagte My zu Philippa. Sie stellte ihren Goldpokal auf den Tisch. »Bis jetzt war das der glücklichste Tag meines Lebens. Bis jetzt.«
»Ich habe zwar Zwilling gesagt«, fuhr Philippa fort. »Aber Sie haben sicher schon gemerkt, dass er mir nicht unbedingt ähnlich sieht. Und ich kann nur hoffen, dass er auch nicht so denkt wie ich. Damit will ich sagen, dass er eigentlich gar nicht denkt. Manchmal, so wie im Augenblick, ist diese Zwillingsgeschichte ein bisschen peinlich.«
»Ich hatte auch einen Bruder«, sagte My. »Er ist im Krieg gefallen.«
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Groanins Urlaub nicht ganz nach Plan verlaufen ist?«, erkundigte sich Nimrod. »Und da wir gerade von Groanin sprechen, wo steckt er eigentlich? Ich bin ganz versessen auf eine Tasse Tee.«
»Er ist hier«, sagte John. »Und gleichzeitig auch nicht. Wir hatten so eine Art Unfall. Besser gesagt, er. Aber es war nicht allein meine Schuld. Die ganze Sache wäre vielleicht anders ausgegangen, wenn Groanin nicht so verfressen gewesen wäre.«
»Was für ein Unfall?«, fragte Nimrod.
»Eine Art Dschinnunfall«, gestand John. »Mit Würstchen.«
»Wo ist er?«, fragte Nimrod.
John zeigte auf den Schreibtisch am anderen Ende des Zimmers. »Da«, sagte er niedergeschlagen.
Groanin stand auf Nimrods Schreibtisch. Er sah genauso aus, wie Nimrod ihn zuletzt gesehen hatte, bis auf die Tatsache, dass er nur noch sechzig Zentimeter groß und stocksteif war, wie eine Puppe.
»Faszinierend«, sagte My. »Wirklich faszinierend.«
John erklärte, was geschehen war. »Das Diminuendo war für Zagreus gedacht«, sagte er. »Damit ich ihn sicher von Bumby hierhertransportieren kann. Aber es ist alles schiefgegangen, wie ihr seht.«
»Zweifellos war unser seltsamer Freund Zagreus nicht ganz unbeteiligt am Ausgang des Geschehens«, sagte Nimrod. »Schließlich ist er ein Unglücksbringer.«
»Groanin hat das Diminuendo gegessen, bevor ich ihn davon abhalten konnte«, fügte John hinzu. »Es war in einem Schweinswürstchen.«
»Ja«, sagte Nimrod. »Das klingt einleuchtend. Groanin liebt Schweinswürstchen über alles.« Er zog eine winzige, an einer Kette befestigte Taschenlampe heraus und leuchtete Groanin damit in die Augen. »Da du Groanin zweifellos in seinen Originalzustand zurückversetzt hättest, wenn dir das möglich gewesen wäre, gehe ich davon aus, dass du vergessen hast, wie du die Fessel wieder aufheben kannst.«
John sagte gar nichts.
»Oder noch schlimmer«, fügte sein Onkel hinzu, »dass du vergessen hast, mit welchem Diminuendo du ihn überhaupt in diesen geschrumpften Zustand versetzt hast.«
»Ich konnte nicht anders«, sagte John. »Es ist einfach passiert.Du hast recht. Ich habe die Fessel vergessen. Und ich habe versucht, mich daran zu erinnern. Ehrlich. Aber bisher ohne Erfolg.« Er zuckte die Schultern. »Danach habe ich es nicht mehr gewagt, auch Zagreus mit einem Diminuendo zu belegen. Aus Angst, dass ich am Ende beide nicht mehr aufheben kann. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für Probleme wir hatten, Bumby zu verlassen und hierherzukommen.«
»Oh, ich glaube doch.« Nimrod schüttelte den Kopf. »Nicht jeder hat den Mut, mit einem Jinx zusammen zu reisen. Nichts für ungut, Zagreus.«
»Keineswegs. Ich bedaure nur die Unannehmlichkeiten, die ich anscheinend verursacht habe.«
»Was sollen wir nun mit dem armen Groanin machen?«, fragte John. »Wir können ihn doch nicht einfach so lassen, wie er ist.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung«, sagte Nimrod. »Hoffen wir, dass dir das Diminuendo wieder einfällt, sonst muss ich mich nach einem neuen Butler umsehen.«
»Du meinst doch nicht etwa –«
»Du erinnerst dich sicher noch an Galibi«, sagte Nimrod. »Den Jungen, den wir in Französisch-Guayana
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