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Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Titel: Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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Das Schiff roch schlimmer als der Umkleideraum einer Jungenschule, was so ziemlich das Schlimmste war, was sie sich vorstellen konnte.
    »Kohl«, murmelte sie. »Zigaretten, Bleichmittel, Schweiß, Pommes und Verzweiflung.« Sich sämtliche Bestandteile des geballten Gestanks vor Augen zu führen, half ihr, sich von ihrer zunehmenden Beklemmung abzulenken. »Ungewaschene Socken, billige Burger, Karbolseife und Schimmel.«
    My schien Philippas Analyse zuzustimmen, denn sie holteunterwegs ein Parfümfläschchen aus ihrer Handtasche und sprühte sich großzügig damit ein.
    Auf der untersten Ebene zündete Mr   Weston eine weitere Kerze an, nahm einen Schlüssel von der Wand gegenüber einer grauen Stahltür, auf der mit Kreide die Worte »FAKIRE: DREI P.« angeschrieben standen, und schloss sie vorsichtig auf.
    Philippa war völlig verblüfft über den starken Geruch nach Rizinusöl und Kampfer, der ihnen augenblicklich entgegenschlug. Es war ein merkwürdiger Geruch, aber eine angenehme Abwechslung nach den Ausdünstungen des restlichen Schiffes.
    Die drei Fakire, die Herren Puri, Parvata und Sagara, teilten sich eine große Vier-Mann-Zelle. Sie waren große, dünne Männer, die mit einem Lendenschurz bekleidet waren, wobei einer von ihnen einen Kopf kürzer zu sein schien als die anderen, was daran lag, dass er auf dem Kopf stand und dieser wiederum in einem Löscheimer voll Sand steckte. Die anderen beiden hatten lange zottige Bärte: Der eine Mann lag auf einem Nagelbrett; der andere balancierte im Schneidersitz auf einem hohen Bambuspfahl, der über keinerlei Plattform oder Sitz zu verfügen schien.
    Philippa staunte, dass die drei sich so wohlzufühlen schienen, auch wenn sich das bei dem Mann, dessen Kopf in einem Eimer voll Sand steckte, nicht so leicht sagen ließ.
    »Tut das nicht weh?«, fragte sie den Mann auf dem Nagelbrett. Sie drückte den Finger auf eine Nagelspitze und stellte fest, dass sie hart und spitz war.
    »Natürlich tut es weh«, antwortete der Mann.
    »Und was ist der Trick?«
    »Der Trick ist, sich nicht darum zu kümmern, dass es wehtut«, sagte er.
    »Die Antwort eines echten Fakirs«, sagte Nimrod. »Mein Kompliment, Sir.«
    Der Mann auf dem Nagelbrett quittierte Nimrods Lob mit einem Kopfnicken.
    »Allerdings frage ich mich«, fuhr der Dschinn fort, »warum ein echter Fakir versuchen sollte, das britische Eisenbahnsystem zu sabotieren. Warum sollten echte Fakire zulassen, dass unschuldige Menschen durchs Feuer laufen und sich dabei die Füße verbrennen oder Schlimmeres?«
    »Um die Antworten herbeizuführen«, sagte der Mann.
    »Die Antworten auf was?«, fragte Nimrod.
    »Auf die Fragen, was sonst?«, sagte der Mann oben auf dem Pfahl.
    »Welche Fragen?«, fragte Nimrod.
    »Wenn wir die Fragen wüssten«, sagte der Mann auf dem Pfahl, »dann brauchten wir wohl kaum die Antworten.«
    »Aber ohne die Fragen«, sagte der Mann auf dem Nagelbrett, »würden die Antworten keinen Sinn ergeben.«
    »In der Tat«, sagte Nimrod.
    »Und wenn es keine Fragen mehr gibt«, sagte der Mann auf dem Pfahl, »ist das die Antwort. Ist es nicht so, großer Dschinn?«
    »Sie wissen, wer ich bin?«, fragte Nimrod.
    »Natürlich, großer Dschinn«, sagte der Mann auf dem Nagelbrett. »Ihr verströmt ein gewisses Chi beziehungsweise Energie.«
    »Für wen arbeiten Sie?«, fragte Nimrod.
    »Nicht, für wen«, sagte der Mann auf dem Pfahl. »Für was.«
    »Aus diesen Burschen bekommen Sie kein vernünftiges Wort heraus«, erklärte My Nimrod.
    »Also gut«, sagte Nimrod geduldig. »Für was?«
    »Haben wir das nicht bereits gesagt? Um die Antworten herbeizuführen.«
    »Wenn Sie wissen, was ich bin, dann müssen Sie auch wissen, dass ich Sie zwingen kann, es mir zu sagen«, erklärte Nimrod. »Mit einem
Quäsitor
. Falls Sie nicht wissen, was das ist: Es handelt sich um eine Dschinnfessel, die aufspürt, was jemandem ganz besonders unangenehm ist, um genau das in seinen Mund zu platzieren.«
    »Wie Ihr seht«, sagte der Fakir auf dem Nagelbrett, »haben wir keine Angst vor Dingen, die andere unbequem und unangenehm finden. Und schon gar nicht vor etwas, das in unserem Mund auftaucht.«
    »Nein, wir freuen uns darüber«, sagte der Mann auf dem Pfahl. »Wir haben eine ungewöhnliche Ernährungsweise.«
    In diesem Augenblick senkte der Fakir, dessen Kopf in einem Eimer mit Sand steckte, vorsichtig die nackten Beine ab, bis er auf dem Boden kniete, wo er alsbald den Kopf aus dem Sand zog und laut einatmete, als

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