Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
Sie und John das Gleiche im Sinn haben würden. Deshalb bin ich hierher gekommen. Es war das Einzige, was mir eingefallen ist.«
»Ich begreife deine Notlage«, sagte Nimrod. »Bedauerlich, dass du nicht vorher an die Folgen gedacht hast.«
»Und? Wo ist Philippa jetzt?«, fragte John wütend. »Wo ist sie, du Ratte?«
»Inzwischen wird sie in Ayeshas Geheimpalast in Babylon sein«, erklärte Izaak. »Im Hängenden Palast.«
John schüttelte den Kopf. »Philippa wird nie zustimmen, Blauer Dschinn zu werden!«, rief er. »Gut, Ayesha konnte sie vielleicht nach Babylon bringen, aber sie kann sie nicht zu was zwingen, was sie nicht will.« John blickte kurz in Nimrods ernstes Gesicht und spürte plötzlich Zweifel in sich aufsteigen. »Oder doch?«
»Ich fürchte, Zwang wird gar nicht nötig sein«, sagte Nimrod. »Wenn Philippa eine gewisse Zeit in Ayeshas Palast verbracht hat, wird sie der nächste Blaue Dschinn werden, ob esdir gefällt oder nicht. Ihr Herz wird sich verhärten. Und was sie an Freundlichkeit und Wärme besitzt, wird verlöschen. Sie wird eine andere Persönlichkeit annehmen, eine Persönlichkeit jenseits von gut und böse. Und die Philippa, die wir kennen, wird uns für immer verloren sein.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte John. »Wie ist das möglich?«
»Wer nicht in die Geheimnisse der Initiation eines Blauen Dschinn eingeweiht ist, kann das auch nicht verstehen«, sagte Nimrod. »Ich weiß nur, dass mit Philippa, wenn sie dreißig Tage dort ist, mindestens aber bis zum Ischtar-Fest, eine unwiderrufliche Veränderung vor sich gehen wird. So war es bei Ayesha. So war es schon immer.«
»Dann müssen wir sie retten!«, rief John.
»Unmöglich!«, sagte Izaak. »Du weißt ja nicht, was du redest. Zum einen ist die genaue Lage des Palastes geheim. Außer dass er sich in Babylon befindet, weiß niemand etwas Genaueres. Zum anderen ist er extrem scharf gesichert. Mit Mitteln und Methoden, von denen nur Ayesha weiß.«
John warf seinem Onkel einen erwartungsvollen Blick zu. »Es
muss
eine Möglichkeit geben«, sagte er. »Wir können sie doch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, Onkel Nimrod.«
»Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das alles tut«, sagte Izaak. »Aber es ist wirklich nichts zu machen. Du redest hier ahnungslos von Widerstand gegen den mächtigsten Dschinn, den es überhaupt gibt. Erklären Sie es ihm, Nimrod.«
»Es stimmt, John«, sagte Nimrod. »Blaue Dschinn sind so ähnlich wie Atombomben. Jede ist stärker als die vorherige. Mag sein, dass Ayesha aussieht und redet wie eine alte Frau,aber glaub mir, ihr kann niemand widerstehen. Sie ist absolut übermächtig.«
»Es muss eine Lösung geben«, beharrte John. »Vielleicht hat Mr Rakshasas eine Idee. Er weiß eine Menge über den Blauen Dschinn. Viel mehr, als in seinem Buch steht, da bin ich sicher.«
»Er könnte vielleicht etwas wissen, ja«, nickte Nimrod.
»Dann dürfen wir keine Zeit verlieren«, sagte John und war schon bei der Tür.
»Und was ist mit mir?«, sagte Izaak.
»Was soll mit dir sein?«, fauchte John.
»Wenn du mir nicht verzeihst, muss ich für den Rest meines Lebens hier bleiben.«
John blickte seinen Onkel an. »Es liegt bei dir, John«, sagte der schulterzuckend. »Du als Philippas Zwillingsbruder bist zweifellos ihr engster Verwandter. Wenn du dich ausdrücklich an Izaak rächen möchtest, dann ist der ganze Stamm der Marid verpflichtet, diese Rache in deinem Namen zu übernehmen. Das nennen wir Dschinn ein
Vindiktum
. Ich kann dir draußen den genauen Wortlaut sagen, falls du dich für diesen Weg entscheidest. Wird ein
Vindiktum
gegen Izaak ausgesprochen, ist der Arme gezwungen, im Kafur-Haus zu bleiben. Möglicherweise für immer. Aber es ist deine Entscheidung.«
»Noch mal«, sagte John. »Ich darf keine Dschinnkräfte gegen ihn anwenden, solange wir im Kafur-Haus sind?« Nimrod nickte. »Aber draußen kann ich ein
Vindiktum
gegen ihn aussprechen?«
Wieder nickte Nimrod. Izaak sah John hoffnungsvoll an.
John war immer noch sehr wütend auf ihn. Aber er brachtees nicht über sich, lebenslange Rache für den anderen Dschinn zu wünschen. Andererseits, so dachte er, sollte Izaak auch nicht völlig straflos davonkommen. Mit derart kniffligen Situationen konnte Philippa normalerweise besser umgehen als er. Und während noch der Dschinn in ihm grübelte, handelte der Mensch in ihm: Er verpasste dem Übeltäter einen saftigen Schlag ins Gesicht, sodass Izaak laut aufheulend
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