Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
zu Boden ging und sich die blutende Nase hielt.
»Ich verzeih dir, Izaak«, sagte er. »Aber so was passiert hoffentlich nicht noch mal. Sonst handelst du dir nämlich was viel Schlimmeres ein als nur eine blutende Nase, das kann ich dir versichern.«
Izaak fing an zu heulen. »Ich versprech es dir«, sagte er.
»Komm, Onkel«, sagte John. »Schnell raus hier, bevor ich mir’s anders überlege. Oder ihm noch eine verpasse.«
Wieder in Berlin, in der luxuriös ausgestatteten Suite im berühmten Hotel Adlon, lauschten Mr Rakshasas und Groanin geduldig, als Nimrod und John erzählten, dass Philippa in den geheimen Palast von Babylon entführt worden sei.
»Das schlägt dem Fass den Boden aus!«, rief Groanin. »Ein Kind entführen! Unmenschlich ist das! Jawohl, unmenschlich!«
»Da weder Ayesha noch Philippa rein menschlicher Abstammung sind«, erklärte Nimrod dem einarmigen Butler, »kann man hier kaum von Menschlichkeit oder Unmenschlichkeit sprechen.«
»Sie wissen, was ich meine«, sagte Groanin. »Sir.«
»Entschuldigen Sie, Groanin. Sie haben natürlich absolutRecht. ›Unmenschlich‹ ist ein sehr passendes Wort für das, was geschehen ist.«
»Es gibt nichts, was ich für dieses Kind nicht tun würde«, sagte Groanin nachdrücklich, kramte ein großes Taschentuch hervor und wischte sich damit über die Augen.
Alan und Neil gaben sich alle Mühe, John zu trösten, und leckten ihm die Hände.
»Wo liegt Babylon überhaupt?«, fragte er, während er ihre Ohren zurückstrich.
»Im Irak«, sagte Nimrod.
»Du meine Güte«, rief Groanin. »Das wird ja immer schlimmer!«
John seufzte. Der Irak war sicher eines der gefährlichsten Länder der Welt. Jemanden aus einem Land retten zu wollen, das so viele von Menschen gemachte Risiken barg, nicht zu reden von denen, die ein mächtiger Dschinn geschaffen hatte – allein schon die Idee schien einfach tollkühn. Aber wenn sich Philippa in diesem Land befand, dann musste er eben auch in dieses Land gehen. Er sah keine andere Möglichkeit. Wenigstens war der Irak ein heißes Wüstenland, sagte er sich. Wenigstens würde er dort seine Dschinnkräfte einsetzen können. Und wie gefährlich konnte der Irak für eine Person mit außergewöhnlichen Kräften schon sein?
»Dann fliegen wir am besten in den Irak«, sagte er.
Mr Rakshasas schüttelte den Kopf. »Manchmal«, fing er an und strich sich über den Bart, was bei ihm immer ein Zeichen tiefen Nachdenkens war, »manchmal muss man die entgegengesetzte Richtung einschlagen, um dorthin zu kommen, wohin man eigentlich will. Jawohl. Mag sein, dass Babylon südöstlichvon hier liegt, aber nur ein Narr würde dorthin gehen, wenn er nicht vorher eine lange Reise nach Nordwesten gemacht hat. In Richtung Great Nineveh.«
»Bitte«, sagte John. »Was genau meinen Sie damit, Mr Rakshasas?«
»Ich meine nur, dass wir erst ein räudiges Schaf finden müssen, bevor wir unser verlorenes Lämmchen finden können.« Inzwischen bearbeitete Mr Rakshasas seinen langen weißen Bart mit beiden Händen. »Wir müssen mit Macreeby sprechen«, erklärte er Nimrod.
»Virgil Macreeby ist ein Gauner und Scharlatan«, sagte Nimrod.
»Das ist richtig«, gab Mr Rakshasas leise lächelnd zu. »Aber manchmal kann einem sogar ein Gauner und Scharlatan zeigen, von wo der letzte Bus nach Hause abfährt. Außerdem gibt es keinen lebenden Irdischen, der mehr über die Esoterik und die Geheimnisse der Dschinn weiß als Virgil Macreeby.«
»In der heutigen Zeit ist Virgil Macreeby derjenige, der am weitesten an Salomon heranreicht«, erklärte Nimrod seinem Neffen. »Das macht ihn sehr gefährlich. Für einen Menschen.«
»Und gerade deshalb lohnt es sich, mit ihm zu reden«, meinte Mr Rakshasas. »Virgil Macreeby hat das Studium der Dschinn zu seinem Lebenswerk gemacht. Man sagt, dass er jedes verbotene Buch im Britischen Museum und in der Vatikanbibliothek gelesen hat.«
»Und auch etliche davon gestohlen.«
»Deshalb ist seine Sammlung von Geheimschriften und verbotenen Büchern die beste der Welt«, sagte Mr Rakshasas. »Sogar besser als meine.«
»Ja, das stimmt wohl.« Nimrod steckte sich eine dicke Zigarre an und blies einen Rauchring in Form eines Dollarsymbols in die Luft. »Natürlich wird er uns nicht umsonst helfen. Und ich sage Ihnen ehrlich, er ist der Letzte auf der Welt, dem ich drei Wünsche erfüllen möchte. Er ist ein raffinierter, gefährlicher Mann.«
»Wir können ihm ein Buch für seine
Weitere Kostenlose Bücher