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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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krächzte Gigim, dessen Stimme sich nicht weniger ausgedörrt anhörte wie die Utugs. Auch er hatte das Gesicht einer Heuschrecke mit menschlichen Zügen   – Mund, zwei große Augen   –, das zu einer Fratze verzerrt war. »Sieh nur, er hat nur einen Arm«, sagte er und deutete auf Groanin, wobei seine Fühler auf dem dunkelbraunen kahlen Kopf hin und her schwankten.
    »Vielleicht hat ihn ja der kleine Dschinn abgerissen und gefressen?«, sagte Utug mit beißendem Spott in der Stimme und deutete auf John. »Wie er’s mit unseren fliegenden Freunden gemacht hat. Ich kann ihren Geruch noch in seinem Atem riechen und ich höre sie in seinem Bauch zappeln. Mal sehen, wie
dir
das gefällt, kleiner Dschinn, wenn du aufgespießt, lebendig über glühenden Kohlen geröstet und dann gefressen wirst.«
    »Hast wohl noch nichts von den Rechten der Tiere gehört, he?«, fragte Gigim drohend. »Es gibt Gesetze gegen derartige Grausamkeiten. Sogar im Irak.«
    »Ich wusste nicht, dass die Heuschrecken eure Freunde waren«, sagte John mutig. »Hätte ich’s gewusst, hätte ich sie nie gegessen. Es tut mir sehr leid.«
    »Ach, und damit ist alles geregelt, wie?«, höhnte Utug, aus dessen kleinen, nur halb ausgebildeten Ohren Rauch quoll, als heizte sich seine Wut mit jedem Moment mehr auf. »Ich will dir was sagen, kleiner Dschinn: Sogar eine Heuschrecke hat Gefühle!«
    »Und nicht nur Gefühle«, ergänzte Gigim. »Auch Rechte. Dasselbe Recht auf Leben wie ein Dschinn oder ein Mensch.«
    Utug machte einen großen Schritt auf Groanin zu. »Auf den fetten Burschen da freu ich mich besonders«, sagte er. »Nur schade, dass ihm ein Arm fehlt. Die Arme schmecken mir immer am besten. Vorzugsweise die Finger.«
    »Vor allem die Haut an den Fingern ist lecker. Aber ich muss sagen, ich knacke am liebsten Köpfe. Besonders, wenn so viele Haare dran sind wie bei dem Menschlein da.«
    Kleine heiße Staubwirbel spielten um Gigims Zehen, stiegen in die Luft, bissen und brannten in Johns Augen und Nase und er musste niesen. Es sprühte gegen Gigims ledrig braune Brust, und es zischte, wie wenn ein Ei in eine erhitzte Pfanne klatscht.
    »Oh, ist er nicht reizend, der Kleine?«, rief Gigim und verzog angeekelt das Gesicht.
    »Reiß ihn in Stücke«, riet Utug. »Als Strafe für seine schlechten Manieren. Und seine Unhöflichkeit.«
    Alan und Neil bellten.
    »Zermalme seine Hunde, weil sie so hässliche Gesichter haben.«
    »Tu doch was!«, schrie Groanin John zu. »Sonst sind wir Toast.«
    »Ich kann nicht«, rief John. »Wenn Ayesha meine Dschinnkräfte spürt, haben wir keine Chance, Philippa zu befreien.«
    »Und wenn wir alle tot sind, haben wir weniger als keine Chance!«, protestierte Groanin. Er schrie vor Schmerzen, als Utug ihn mit einem langen knochigen Finger berührte. »Himmel noch mal, die Bestie ist brennend heiß! Ihr Finger ist wie ein glühender Schürhaken.«
    »Glut von Dämonen viel schrecklich!«, sagte Darius zu Groanin. Sprach’s und rannte in die offene Wüste davon.
    »Gut so«, keuchte Gigim lachend. »Den fangen wir, wenn wir die anderen gefressen haben. Ich hab’s gern, wenn sie rennen. Macht mehr Spaß.« Er stupste John mit einem rot glühenden Finger an. »Warum läufst du nicht weg? Noch besser, warum versuchst du nicht, dich mit deinen Dschinnkräften in Sicherheit zu bringen? Los, mach schon!« Er stieß ein widerliches Gelächter aus. John spürte, dass seine Dschinnkräfte womöglich nicht einmal ausgereicht hätten, um es mit diesen beiden Dämonen aufzunehmen. »Versuch’s doch!«
    »Der ist noch zu feucht hinter den Ohren«, spöttelte Utug. »Har, har, har.«
    »Das wird’s sein!« Gigim lachte sein sprödes Lachen. »Feucht hinter den Ohren. Har, har.«
    Feucht – das war das Wort, das schließlich die Rettung brachte. John warf einen flüchtigen Blick zum Himmel, in der unbestimmten Hoffnung, eine Wolke würde auftauchen und die beiden Wüstendämonen mit einem ordentlichen Regenguss abkühlen. Und kaum war ihm dieses Bild durch den Kopf gezuckt, als es geschah: Eine dicke Wolke türmte sich plötzlich am Himmel auf und es fing an zu regnen. Es war auch kein gewöhnlicher Regen, sondern ein Monsun in Taschenformat, der alle im Nu bis auf die Haut durchnässte und die Dämonen in panischer Angst aufkreischen ließ.
    »Ruf ihn zurück!«, schrie Gigim. »Ruf ihn sofort zurück!«
    John war so überrumpelt von der plötzlichen Wendung der Dinge, dass er einen Moment keine Worte fand.

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