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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Taue am Hauptmast abzuhauen, als die Segel losrissen und wie riesige Albatrosse davonflogen.
    Der Duncan kam wieder in aufrechte Lage, doch jetzt inmitten der Wogen ohne Halt und ohne Richtung, mußte er sich dergestalt hin-und herwerfen lassen, daß die Masten Gefahr liefen, bis zu ihrer Einfügung hinab abzubrechen. Lange konnte ein solches Schwanken nicht dauern; es drohten die Fugen auseinander zu gehen, so daß die Wogen eindrangen.
    John Mangles blieb jetzt nur das Eine übrig, einen Sturmfock herzustellen und mittels seiner dem Wetter zu entfliehen. Aber es kostete mehrere Stunden Arbeit, und bis man soweit war, konnte man zwanzigmal verloren sein. Erst um drei Uhr Nachmittags ward man damit fertig.
    Der Duncan lief also in der Richtung nach Nordost, wohin ihn der Wind trieb. Die größtmögliche Schnelligkeit mußte er beibehalten, denn davon hing allein sein Heil ab.
    Manchmal übertraf er an Schnelligkeit die Wellen, mit denen er dahingerissen wurde; er durchschnitt sie mit seinem Vordertheil, so daß das Verdeck von vorn bis hinten überfluthet wurde. Dann wieder kam seine Schnelligkeit der den Wogen gleich, so daß sein Steuerruder Nichts zu leisten vermochte, und er kam wiederholt in Gefahr umzuwerfen. Schließlich kam es auch vor, daß unter dem Sturmeswehen die Wogen schneller liefen als das Schiff. Sie sprangen dann über Rand, und das Verdeck wurde mit einer Gewalt, der unmöglich Widerstand zu leisten war, vollständig abgespült.
    In dieser aufregenden Situation, fortwährend zwischen Furcht und Hoffnung schwebend, blieb man den ganzen 15. December und die auf ihn folgende Nacht. John Mangles wich keinen Augenblick von seinem Posten, nicht einmal um nur Nahrung zu sich zu nehmen. Fortwährend quälte er sich mit den schlimmsten Befürchtungen, welche er nicht in seinen Gesichtszügen verrathen wollte; starr blickten seine Augen, als möchten sie die im Norden sich dicht lagernden Nebelschatten durchdringen können.
    Aber er hatte in Wirklichkeit auch Grund das Schlimmste zu befürchten. Der Duncan konnte, einmal aus seiner Bahn geworfen, wie er war, auf die australische Küste mit einer Schnelligkeit anlaufen, die zu hemmen nicht möglich war.
    Jeden Augenblick fürchtete er den Anprall auf eine Klippe, wobei die Yacht in tausend Stücke zerschellen mußte. Er meinte, die Küste könne nur noch zwölf Meilen unter’m Wind entfernt sein.
    Aber Land, das war gleichbedeutend mit Schiffbruch, mit dem Verlust des Schiffes. Dagegen war der unbegrenzte Ocean weit besser, denn gegen seine Wuth konnte ein Schiff sich schützen, wenn es auch weichen mußte. Wenn es aber der Sturm an’s Land warf, war es unter allen Umständen verloren.
    John Mangles suchte jetzt Glenarvan auf, und erstattete ihm ganz speciellen Bericht; er schilderte ihm die Lage, wie sie war, ohne ihr von ihrer Härte etwas zu nehmen; er schaute ihm dabei in’s Gesicht mit der Kaltblütigkeit eines Seemannes, der zu Allem bereit sein muß, und sprach sich dann dahin aus, daß er vielleicht gezwungen sein würde, den Duncan an’s Land zu werfen. Um, wenn es möglich ist, seine Passagiere zu retten, setzte er hinzu.
    »Thun Sie das, John, antwortete Glenarvan.
    – Und wie steht es mit Lady Helena und Miß Grant?
    – Ich gedenke sie erst im letzten Moment, wenn alle Hoffnung, daß wir uns auf dem Meere halten können, geschwunden ist, davon zu benachrichtigen. Sie werden mir bei Zeiten einen Wink geben.
    – Das will ich thun, Mylord.«
    Darauf wandte sich Glenarvan zu den Damen, die, wenn sie auch die Gefahr noch nicht in ihrer ganzen Größe erkannten, es sich immerhin bewußt waren, daß sie groß genug sei. Ihr Muth, den sie zeigten, war mindestens dem ihrer männlichen Gefährten gleich. Paganel erging sich nun in den unzeitigen Theorien über die Richtung der atmosphärischen Strömungen, und entwickelte Robert, der ihm zuhörte, interessante Vergleiche über die Wirbelströmungen, die Wasserhosen und die gradlinigen Stürme. Der Major aber erwartete das Ende mit dem Fatalismus eines Muselmannes.
    Gegen elf Uhr schien sich der Sturm ein wenig zu legen; die feuchten Nebel zerstreuten sich, und als es mit einem Male klar geworden, erblickte John ein niedriges Land, etwa sechs Meilen unter’m Wind. Er lief jetzt mit vollen Segeln darauf los. Aber die See brandete dort zu außerordentlicher Höhe, wohl bis zu fünfzig Fuß und darüber. John nahm an, daß sich dort ein fester Stützpunkt befinden mußte, der sie bis zu einer solchen

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