Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
fürchtete, schloß den Zulaßhahn und ließ den Dampf durch das Ventil ausströmen.
    »Was giebt’s denn? fragte der Kapitän.
    – Entweder ist die Schraube zerbrochen oder gehemmt, antwortete der Maschinist; jedenfalls arbeitet sie nicht mehr.
    – Und es ist schlechterdings nicht möglich, sie frei zu machen?
    – Nein.«
    Der Augenblick war jetzt nicht dazu geeignet, nach einem Mittel zur Abhilfe zu suchen. Die Thatsache war unbestreitbar, daß die Schraube nicht weiter arbeiten konnte, und der Dampf deswegen durch die Ventile fortgelassen werden mußte. Was blieb John nunmehr übrig, als wieder zu den Segeln zu greifen und mit Hilfe desselben Windes, der jetzt sein gefährlichster Feind war, seine Rettung zu suchen.
    Er begab sich wieder auf das Verdeck und erklärte Lord Glenarvan mit zwei Worten die Sachlage, dann drang er in ihn, daß er zugleich mit den anderen Passagieren das Verdeck verlassen möge. Glenarvan aber wollte gern oben bleiben.
    »Nein, Ew. Herrlichkeit, antwortete John Mangles mit fester Stimme. Ich muß durchaus mit meiner Mannschaft allein hier sein. Gehen Sie schnell hinunter. Denn das Schiff kann jetzt jeden Augenblick in die bedenklichste Lage kommen, und die Wellen nehmen Sie dann ohne Erbarmen mit fort.
    – Aber wir können uns doch unter Umständen hilfreich erweisen.
    – Gehen Sie zurück, Mylord, ich wiederhole es. Es muß sein! Es können Fälle eintreten, wo ich unumschränkte Herrschaft an Bord habe! Ziehen Sie sich jetzt zurück, muß ich Sie auffordern.«
    Wenn John Mangles seine Autorität in solcher Weise geltend machte, so mußte die Situation wirklich zum Aeußersten gekommen sein.
    Glenarvan sah ein, daß er mit dem Beispiel des Gehorsams vorangehen müsse, und verließ mit seinen drei Genossen das Verdeck; sie trafen unten die beiden Damen, die mit Angst der Erlösung aus diesem Kampfe mit den Elementen entgegensahen.
    »Es ist doch ein energischer Mensch, der wackere John, sagte Glenarvan, als sie in die Kajüte traten.
    – Gewiß, antwortete Paganel, und ich habe eben lebhaft an den Steuermann denken müssen, den Ihr großer Landsmann Shakespeare im ›Sturm‹ auftreten und dem König, als er sich an Bord begeben will, zurufen läßt:
     
    Hinweg, und gar kein Wort! In Eure Koje!
    Wenn Ihr nicht Ruh’ gebieten könnt den Elementen,
    So schmiegt, und gehet selbst mir aus dem Wege.«
     
    Inzwischen ließ John Mangles nicht eine Secunde unbenutzt, um das Schiff aus der gefahrvollen Lage, worin es durch die Unthätigkeit seiner Schraube gekommen, herauszuziehen. Es galt, die Kraft der Segel zu behalten, und diese schief zu richten.
    Die Yacht, welche von großer Seetüchtigkeit war, drehte sich rasch wie ein Pferd, welches den Sporn fühlt, und bot den auf sie einstürmenden Wellen die Flanke dar. Aber war auch das Segelwerk im Stande zu halten? Es war zwar aus dem besten Dundeeleinen fabricirt, doch war auch das stärkste Gewebe im Stande, einer solchen Gewalt zu widerstehen?
    Es hatte diese Vorkehrung den Vortheil, daß sie dem Anprall der Wogen die festesten Theile der Yacht darbot und dieser gestattete, ihre erste Richtung beizubehalten. Trotzdem war sie nicht gefahrlos, denn das Schiff konnte leicht zwischen den aufgethürmten Wogen in eine Lage gerathen, daß es nicht im Stande war, sich wieder aufzurichten. Indessen John Mangles hatte keine Wahl mehr, und entschloß sich deshalb, dem Schiffe die Haltung zu geben, daß die Masten und Segel nicht abwärts kämen. Seine Mannschaft hielt sich unter seinen Augen, jeder einzelne stets bereit sich dahin zu begeben, wo seine Gegenwart erheischt wurde. Sich an dem Haupttau haltend, überwachte John das aufgeregte Meer.
    In dieser Situation durchlebte man auch den Rest der Nacht und trug sich mit der Hoffnung, daß mit Anbruch des Tages der Sturm sich legen würde. Aber man hoffte vergeblich. Gegen acht Uhr Morgens wurde derselbe vielmehr noch stärker – seine Schnelligkeit kam auf achtzehn Toisen in der Secunde – man hatte jetzt Orkan.
    John sprach kein Wort, aber er hatte nunmehr wirklich Besorgniß für sein Schiff, die Bemannung und Passagiere. Immer mehr kam der Duncan in eine so arg geneigte Lage, daß das Schlimmste zu befürchten war. Die Deckstützen krachten, und der Schaum der Wogen spritzte schon bis zum äußersten Ende des Vordermastes. Einen Augenblick glaubte man wirklich, die Yacht werde nicht wieder in die Höhe kommen. Schon standen die Matrosen, das Beil in der Hand, bereit, aufzuklettern und die

Weitere Kostenlose Bücher