Die Kinder des Kapitän Grant
auf.‹
Und wenn eines Tages ein Reisender am angezeigten Ort nachgräbt, wird er eine Blechkapsel finden, und in derselben folgendes Document, dessen Worte sich meinem Gedächtniß eingeprägt haben:
›Große Forschungsreise
quer durch Australien von Süden
nach Norden.
Hier langten die Naturforscher unter Anführung von John Mac Doual Stuart am 25. Juli 1862 an, nachdem sie ganz Australien von dem südlichen Meer bis an die Ufer des Indischen Oceans mitten durch das Festland durchzogen. Sie hatten Adelaide am 26. October 1861 verlassen, und am 21. Januar 1862 verließen sie die letzte Coloniestation in nördlicher Richtung. Zur Erinnerung an dies glückliche Ereigniß haben sie die australische Fahne mit dem Namen des Führers der Expedition hier entfaltet. Alles steht gut. Gott schütze die Königin.‹
Folgen die Unterschriften Stuart’s und seiner Gefährten.
So wurde dies große Ereigniß, welches in der ganzen Welt einen unendlichen Wiederhall fand, beglaubigt und festgestellt.«
»Und haben diese muthigen Männer ihre Freunde im Süden wiedergesehen? fragte Lady Helena.
– Ja, Madame, antwortete Paganel; alle, aber nicht ohne entsetzliche Mühsale. Stuart wurde am meisten geprüft; seine Gesundheit war vom Scorbut ernsthaft erschüttert, als er den Rückweg nach Adelaide einschlug. Anfangs September hatte seine Krankheit solche Fortschritte gemacht, daß er glaubte, er würde die bewohnten Gegenden nicht wiedersehen. Er konnte sich nicht mehr im Sattel erhalten und mußte sich in einem zwischen zwei Pferden aufgehängten Palankin tragen lassen. Ende October brachten ihn Bluterbrechungen an den Rand des Grabes. Man tödtete ein Pferd, um ihm Bouillon zu bereiten; am 28. October glaubte er sterben zu müssen, als ihn eine heilbringende Krisis rettete, und am 10. December erreichte die ganze Truppe die ersten Ansiedelungen.
Am 17. December zog Stuart in Adelaide mitten unter einer begeisterten Bevölkerung ein. Aber seine Gesundheit war erschüttert und bald nachdem er die große goldene Medaille der Geographischen Gesellschaft erhalten hatte, schiffte er sich auf dem Indus nach seinem lieben Schottland, seinem Vaterlande, ein, wo wir ihn bei unserer Rückkehr wiedersehen werden. 1
– Er war ein Mann, der im höchsten Grade moralische Willenskraft besaß, sagte Glenarvan, und diese führt noch eher als die körperliche Stärke zum Vollbringen großer Dinge. Schottland kann mit gutem Recht darauf stolz sein, ihn unter seine Kinder zu zählen.
– Und seit Stuart, fragte Lady Helena, hat kein anderer Reisender neue Entdeckungen unternommen?
– Doch, Madame, erwiderte Paganel. Ich habe oft von Leichhardt zu Ihnen gesprochen. Dieser hatte schon 1844 eine merkwürdige Entdeckungsreise in Nord-Australien gemacht. 1848 unternahm er eine zweite Expedition nach Nordosten, und seit siebenzehn Jahren hat man nichts mehr von ihm gehört. Im vergangenen Jahre hat der berühmte Botaniker
Dr
. Müller in Melbourne eine öffentliche Subscription veranstaltet, welche die Kosten einer neuen Expedition decken sollte. Diese Expedition ist schnell zu Stande gekommen, und eine Schaar muthiger Squatters, unter Anführung des klugen und kühnen Mac Intyre, hat am 21. Juli 1864 die Weideplätze am Ufer des Parooflusses verlassen. In dem Augenblick, in dem ich mit Ihnen spreche, muß sie tief in den Nachforschungen nach Leichhardt im Innern des Festlandes begriffen sein.
– Möge es ihnen gelingen und könnten wir selbst, wie sie, die uns theuern Freunde wiederfinden!«
So endete die Erzählung des Geographen. Die Zeit war vorgeschritten. Man dankte Paganel, und Jedermann schlief nach einigen Augenblicken ruhig ein, während im Laube der weißen Gummibäume verborgen die Uhr regelmäßig die Secunden dieser ruhigen Nacht anschlug.
Fußnoten
1 Jacques Paganel hat Stuart bei seiner Rückkunft nach Schottland gesehen; doch konnte er sich nicht lange der Gesellschaft dieses berühmten Reisenden erfreuen. Stuart starb am 5. Juni 1866 in einem bescheidenen Hause zu Nottingham-Hill.
Zwölftes Capitel.
Von Melbourne nach Sandhurst.
Der Major sah nicht ohne Besorgniß Ayrton die Lagerstätte am Wimerra verlassen, um einen Schmied auf der Station Black-Point aufzusuchen. Aber er ließ kein Wort von persönlichem Mißtrauen laut werden, und beschränkte sich darauf, die Umgebung des Flusses zu überwachen. Die Ruhe dieser friedlichen Fluren wurde nicht im Mindesten getrübt, und nach einigen Stunden der Nacht
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