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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Schwarze allein darf sie niemals verlassen.
    Paganel befaßte sich während des Reitens mit dieser wichtigen Frage der eingeborenen Stämme. Er hatte darüber nur das eine Urtheil, daß das britische System die überwundenen Völkerschaften der Vernichtung entgegenführe, schon indem es sie der Wohnsitze beraubt, die ihre Vorfahren inne hatten. Diese verderbliche Tendenz zeigte sich überall, und in Australien am meisten. In den ersten Jahren der Colonie betrachteten die Deportirten, ja selbst auch die freien Colonisten, die Schwarzen als wilde Thiere. Sie machten Jagd auf dieselben und schossen sie nieder. Man tödtete sie und rief auch noch den Wahrspruch der Gerichtshöfe an, daß der Australier außer den Gesetzen der Natur stehe und die Ermordung dieser Unglücklichen kein Verbrechen sei. Die Journale von Sidney schlugen sogar als durchgreifendes Mittel, sich von den am See Hunter lebenden Stämmen zu befreien, vor, dieselben in Masse zu vergiften.
    Man erkennt, wie die Engländer bei ihrem ersten Auftreten den Mord der Colonisirung zu Hilfe riefen. Ihre Grausamkeit war abscheulich. Sie verfuhren in Australien wie in Indien, wo fünf Millionen Indier spurlos verschwanden, oder wie am Cap, wo eine Bevölkerung von einer Million Hottentotten auf hunderttausend Köpfe zusammenschmolz. So ist auch hier die eingeborene Bevölkerung, welche durch Mißhandlung und Trunksucht decimirt wird, dabei, vor jener menschenmörderischen Civilisation von dem Festlande zu verschwinden. Manche Gouverneure haben allerdings Verordnungen gegen jene blutgierigen Bushmen erlassen. Mit einigen Peitschenhieben bestraften sie den Weißen, der einem Schwarzen die Nase oder die Ohren abschnitt, oder ihn auch des kleinen Fingers beraubte, »um sich einen Pfeifenräumer daraus zu machen«. Leere Drohungen! Die Mordgesellen organisirten sich in größerem Maßstabe und ganze Tribus verschwanden von der Erde. Hier sei beispielsweise nur die Vandiemens-Insel angeführt, deren 5000 Eingeborene zu Anfang des Jahrhunderts im Jahre 1863 auf – sieben herabgekommen waren! Und kürzlich erst, konnte der »Mercure« melden, daß in Hobart-Town der Letzte der Tasmanier angekommen sei.
    Weder Glenarvan, noch der Major oder John Mangles widersprachen Paganel. Und wenn sie selbst Engländer gewesen wären, sie hätten ihre Landsleute nicht vertheidigen können. Die Thatsachen sprachen zu offenkundig und unbestreitbar.
    »Vor fünfzig Jahren, fügte Paganel hinzu, wären wir auf unserem Wege schon manchem Stamme Eingeborener begegnet, heut ist uns bis jetzt noch kein Einziger zu Gesicht gekommen. In einem Jahrhundert wird sich dieser Continent seiner schwarzen Race vollkommen entledigt haben.«
    Wirklich zeigte sich das Negerrevier völlig verlassen. Keine Spur von Lagerplätzen oder Hütten war bemerkbar. Freie Ebenen und große Gehölze reihten sich an einander, und mehr und mehr nahm die Gegend den Charakter der Wildniß an. Es schien fast, als ob kein lebendes Wesen, weder Mensch noch Thier, in diesen entlegenen Gegenden vorkäme, als Robert vor einer Eucalyptusgruppe hielt und ausrief:
    »Ein Affe! Da ist ein Affe!«
    Er zeigte dabei nach einem großen schwarzen Körper, der mit wunderbarer Behendigkeit von Ast zu Ast glitt und sich von einem Wipfel zum andern schwang, als wenn irgend ein Hilfsmittel, etwa eine Flughaut, ihn in der Luft erhielte. Sollten in diesem fremdartigen Lande vielleicht auch die Affen fliegen können, so wie jene Füchse, welche die Natur mit Fledermausfittichen ausgestattet hat?
    Inzwischen hatte der Wagen Halt gemacht, und jedes Auge folgte dem Geschöpf, welches sich nach und nach in der Krone des Eucalyptus verlor. Bald darauf sah man es mit Blitzesschnelle wieder herabsteigen, mit tausend Verrenkungen und Sprüngen auf der Erde dahinlaufen und endlich seine langen Arme nach dem glatten Stamme eines gewaltigen Gummibaumes ausstrecken. Man fragte sich, wie es wohl an diesem geraden und glatten Baum, den es nicht zu umspannen vermochte, emporklimmen werde. Der Affe aber hackte mit einer Art Beil kleine Stufen in den Stamm, und mit Hilfe dieser gleichweit von einander entfernten Stützpunkte gelangte er bis zur Gabeltheilung desselben. In wenigen Secunden verschwand er in dem Blätterdickicht.
    »Ei! Was ist das für ein Affe? fragte der Major.
    – Dieser Affe, erwiderte Paganel, ist ein Vollblut-Australier!«
    Noch hatten die Begleiter des Geographen nicht Zeit gehabt, mit den Achseln zu zucken, als aus geringer Entfernung

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