Die Kinder des Kapitän Grant
Bajonnette, durch welche ein Weg erst mit Hilfe des Beiles oder des Feuers gebahnt werden mußte.
An eben diesem Morgen war von keinem Frühstück die Rede. Es kann nichts so Dürres geben, als diese mit Quarzbrocken besäete Gegend. Nun machte sich aber nicht allein der Hunger, sondern auch ein quälender Durst fühlbar. Eine glühende Atmosphäre verdoppelte diese Qualen. Nicht eine halbe Meile in der Stunde legte Glenarvan mit den Seinen zurück. Wenn dieser Mangel an Wasser und Lebensmitteln bis zum Abend andauerte, so wären sie wohl auf diesem Wege umgefallen, um nicht wieder aufzustehen.
Wenn dem Menschen aber Alles fehlt, wenn er aller Hilfsmittel baar vor dem Augenblicke steht, wo er die Stunde zum Erliegen in der Noth gekommen wähnt, gerade dann offenbart sich die eingreifende Hand der Vorsehung.
Wasser lieferte sie in den »Cephaloten«, einer Art Blumenkelche, welche, mit wohlschmeckender Flüssigkeit gefüllt, von den Aesten eines korallenförmigen Strauches herabhingen. Alle erquickten sich daran und fühlten sich von neuem Leben durchströmt.
Die Nahrung bestand in derselben, welche die Eingeborenen genießen, wenn Wild, Insecten und Schlangen zu fehlen anfangen.
In dem ausgetrockneten Bette eines Flusses entdeckte Paganel eine Pflanze, deren vortreffliche Eigenschaften ihm öfters von einem Collegen aus der Geographischen Gesellschaft beschrieben worden waren.
Es war das der »Nardou«, eine Kryptogame aus der Familie der Wasserlinsen, dieselbe Pflanze, welche Burke und King in den Wüsten des Binnenlandes das Leben gefristet hatte.
Eine mühselige Fußreise. (S. 495.)
Unter ihren kleeähnlichen Blättern saßen trockene Keimkörperchen von der Größe einer Linse, die, zwischen zwei Steinen gemahlen, eine Art Mehl liefern. Daraus wurde ein grobes Brod hergestellt, das doch die Qualen des Hungers stillte.
Diese Pflanze fand sich hier sehr reichlich vor; Olbinett ließ davon eine so große Menge einsammeln, daß die Ernährung der Gesellschaft damit auf mehrere Tage gesichert war.
Am andern Tage, am 24., machte Mulrady einen Theil des Weges zu Fuße. Seine Wunde war völlig vernarbt. Die Stadt Delegete war nun blos noch zehn Meilen entfernt, und am Abend lagerte man unter 149° der Länge auf der Grenze von Neu-Süd-Wales.
Ein seiner und durchdringender Regen fiel seit mehreren Stunden. Sie wären ganz obdachlos gewesen, wenn John Mangles nicht zufällig eine verlassene und zerfallene Schnitterhütte entdeckt hätte. Man mußte sich mit dieser elenden, aus Zweigen und Stroh bestehenden Zuflucht begnügen. Wilson wollte zum Backen des Nardon-Brodes Feuer anzünden und sammelte zu dem Ende dürres Holz, welches auf dem Boden umherlag.
Als er es aber anzünden wollte, gelang es ihm nicht; die große Masse eines thonartigen Stoffes, den es enthielt, verhinderte seine Entzündung. Es war dies das unverbrennliche Holz, dessen Paganel in seiner Aufzählung australischer Producte Erwähnung gethan hatte.
Man mußte also auf das Feuer, in Folge dessen aber auch auf Brod verzichten und sich in der nassen Kleidung schlafen legen, während die in den hohen Aesten versteckten Spottvögel die bedauernswerthen Reisenden noch zu verlachen schienen.
Doch war Glenarvan nun am Ende seiner Leiden. Es war die höchste Zeit. Die beiden jungen Damen machten heroische Anstrengungen, aber ihre Kräfte nahmen stündlich ab. Sie gingen nicht mehr, sie schleppten sich nur.
Am andern Tage brach man mit der Morgenröthe auf. Um elf Uhr kam Delegete in Sicht, das in der Grafschaft Wellesley, fünfzig Meilen von der Twofold-Bai, gelegen ist.
Dort waren neue Transportmittel bald beschafft. Da er sich so nahe der Küste wußte, zog auch wieder neue Hoffnung in Glenarvan’s Herz. Vielleicht wäre er bei weniger Verzögerung noch vor dem Duncan dort angekommen. In vierundzwanzig Stunden sollte er nun bei der Bai anlangen!
Zu Mittag verließen nach erquickender Ruhe alle Reisenden in einer mit fünf kräftigen Pferden bespannten Postkutsche Delegete schon wieder. Die Postillone führten, auf das Versprechen eines reichlichen Trinkgeldes, den schnellen Wagen auf einer wohlgehaltenen Straße dahin. Nicht zwei Minuten verloren sie beim Wechseln der Pferde, welches von zehn zu zehn Meilen stattfand. Es schien, als hätte Lord Glenarvan das Feuer, das ihn selbst verzehrte, auch ihnen mitgetheilt.
Den ganzen Tag und auch die Nacht hindurch fuhr man mit einer Geschwindigkeit von sechs Meilen die Stunde.
Am andern
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