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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Tage verkündete bei Sonnenaufgang ein dumpfes Murmeln die Nähe des indischen Oceans. Man mußte um die Bai herumfahren, um ihr Ufer am siebenunddreißigsten Grade der Breite, genau an dem Punkte, wo Tom Austin die Reisenden erwarten sollte, zu erreichen.
    Als das Meer sichtbar wurde, richteten sich Aller Augen suchend in die Ferne. War der Duncan wohl durch ein Wunder der Vorsehung da, hin und her fahrend, wie einen Monat vorher, bei der Ueberlandreise nach Cap Corrientes, an der argentinischen Küste?
    Nichts war sichtbar. Himmel und Wasser verschwammen am Horizonte. Kein Segel belebte den weiten Ocean.
    Eine Hoffnung war noch übrig. Vielleicht hatte Tom Austin in der Twofold-Bai selbst ankern zu sollen geglaubt. Das Meer war hier gefährlich, und ein Schiff war in der Nähe derartiger Küstenstrecken nicht sicher.
    »Nach Eden!« befahl Lord Glenarvan.
    Sogleich schlug der Wagen den Weg ein, der an dem Ufer der Bai hinführte, und fuhr nach der fünf Meilen entfernten kleinen Stadt Eden.
    Die Postillone hielten unsern des Signalfeuers, welches den Zugang zum Hafen bezeichnet. Einige Fahrzeuge ankerten auf der Rhede, aber auf keinem Maste flatterte die Flagge von Malcolm.
    Glenarvan, John Mangles und Paganel verließen den Wagen, eilten nach der Douane und fragten die Beamten und alle in den letzten Tagen Angekommenen aus.
    Seit einer Woche war kein Schiff in die Bai eingelaufen.
    »Sollte er nicht abgefahren sein! rief Glenarvan, der durch einen gewissen, dem Menschenherzen so nahe liegenden Hoffnungsschimmer noch nicht verzweifeln wollte. Vielleicht sind wir noch vor ihm angekommen!«
    John Mangles senkte den Kopf. Er kannte Tom Austin. Sein zweiter Officier würde die Ausführung eines Befehles nie um zehn Tage verzögert haben.
    »Ich muß wissen, woran ich bin, sagte Glenarvan, die Gewißheit ist immer besser als der Zweifel!«
    Eine Viertelstunde später wurde an den Syndicus der Schiffsmäkler in Melbourne ein Telegramm abgelassen.
    Dann ließen sich die Reisenden nach dem Hôtel Victoria führen.
    Zwei Stunden später kam die telegraphische Antwort an Glenarvan zurück, welche folgendermaßen lautete:
     
    »Lord Glenarvan, Eden.
    Twofold-Bai.
     
    Duncan ist am 18., unbekannt wohin, abgesegelt.
     
    J. Andrew. S.-M.«
     
    Die Depesche entfiel Glenarvan’s Händen.
    Es war kein Zweifel mehr! Die schöne schottische Yacht war in Ben Joyce’s Händen zu einem Piratenschiffe geworden!
    So endete diese unter so verheißenden Aussichten begonnene Reise durch Australien. Die Spuren des Kapitän Grant und der Schiffbrüchigen schienen unwiderruflich verloren; dieser Mißerfolg kostete einer ganzen Schiffsbesatzung das Leben.
    Lord Glenarvan unterlag in dem Streite, und diesen unerschrockenen Forscher, den selbst die verschworenen Elemente nicht in den Pampas aufzuhalten vermochten, mußte die Schlechtigkeit der Menschen nun auf dem Australischen Continente überwinden.

Dritter Theil.
Erstes Capitel.
Der Macquarie.
    Wenn die Aufsucher des Kapitän Grant jemals Veranlassung hatten, an seinem Wiederauffinden zu verzweifeln, war es dann nicht gerade jetzt der Fall, wo ihnen plötzlich Alles fehlte? Von welchem Punkte der Erde aus sollte man eine neue Expedition unternehmen? Auf welche Weise neue Länder durchforschen? Der Duncan war nicht mehr vorhanden und selbst eine unmittelbare Rückkehr in die Heimat unmöglich. So war also das Unternehmen der edlen Schotten fehlgeschlagen. Ein Mißerfolg! Trauriges Wort, das in einer thatkräftigen Seele kein Echo findet; und doch mußte Glenarvan, unter den Schlägen des Geschickes, seine Ohnmacht, dieses aufopferungsvolle Werk fortzusetzen, eingestehen.
    Mary Grant hatte unter diesen Verhältnissen die Seelenstärke, den Namen ihres Vaters gar nicht mehr auszusprechen. Sie unterdrückte ihre eigene Angst, indem sie an die unglückliche umgekommene Schiffsbesatzung dachte. Die Tochter trat vor der Freundin in den Hintergrund, und jetzt war sie es, welche Lady Glenarvan tröstete, von der sie sonst so viel Tröstung empfangen hatte. Sie sprach zuerst von der Rückkehr nach Schottland.
    John Mangles zollte ihr alle Bewunderung, sie so muthig und so resignirt zu sehen.
    Ein letztes Wort wollte er zu Gunsten des Kapitän Grant sprechen, Mary aber verhinderte es durch einen Blick und sagte später zu ihm:
    »Nein, Herr John, denken wir an Die, welche sich für uns aufgeopfert haben. Lord Glenarvan muß nach Europa zurückkehren.
    – Sie haben Recht, Miß Mary, er muß,

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